DIE BISCHOFSKONFERENZ – veröffentlichen ein gemeinsames Wort aus Anlass des 80. Jahrestages des Beginns des Zweiten Weltkriegs

GEMEINSAMES WORT DER POLNISCHEN UND DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ

 

Die Deutsche Bischofskonferenz und die Polnische Bischofskonferenz veröffentlichten ein gemeinsames Wort aus Anlass des 80. Jahrestages des Beginns des Zweiten Weltkriegs, der mit dem Angriff des nationalsozialistischen Deutschland auf Polen in den Morgenstunden des 1. September 1939 seinen Anfang nahm. Dieses wichtige und lesenswerte Dokument ist von den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen, Kardinal Reinhard Marx und Erzbischof  Dr. Stanisław Gądecki, sowie den Co-Vorsitzenden der Kontaktgruppe der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Ludwig Schick und Bischof  Dr. Jan Kopiec, im August 2019 unterzeichnet. Der Text erinnert an die Gräuel des Krieges und an die Etappen der Versöhnung zwischen den Völkern, zu der die Kirche wichtige Anstöße gegeben habe. Abschließend mahnen die Bischöfe, „mit den Früchten der Versöhnung verantwortungsbewusst“ umzugehen und „sie nicht leichtfertig in politischem Interesse“ preiszugeben. Die Zukunft liege darin, „die Einheit Europas, das auf christlichen Fundamenten errichtet ist, zu festigen und zu vertiefen“.

 

Da wir die Stimmen unseren beiden Kirchen sehr schätzen, senden wir Ihnen im Anhang den vollen Text der Erklärung.

 

Wir wünschen Ihnen einen schönen, goldenen Herbst

und grüßen herzlich

 

Für den Vorstand

Viola Krizak

 

 

 

 

 

 

ANHANG

 

„Vor 80 Jahren begann das nationalsozialistische Deutschland den Zweiten Weltkrieg. Die ersten Bomben wurden am Freitag, den 1. September 1939 auf die Stadt Wieluń in Polen abgeworfen und verursachten schmerzhafte Verluste und Zerstörungen. Viele Zivilisten wurden getötet oder verletzt. Auch das Krankenhaus und seine wehrlosen Patienten waren betroffen. In Wieluń begann die entsetzliche Katastrophe des Zweiten Weltkrieges, die Polen und viele weitere Nationen heimsuchte. Am selben Tag griffen feindliche Schiffskanonen die Westerplatte an.

 

So wurde Polen das erste Opfer des Zweiten Weltkriegs und litt fast sechs Jahre lang unter der Besatzung, die mit unzähligen Gräueltaten und der zerstörerischen Politik der Vernichtung der polnischen Nation, insbesondere der jüdischen Bevölkerung, einherging.

 

Am 80. Jahrestag des Kriegsbeginns erinnern wir uns an sechs Millionen Polen, darunter drei Millionen Juden, die Opfer des verbrecherischen Nazisystems wurden. Wir sind uns des Schmerzes bewusst, den die Opfer und ihre Angehörigen erlitten haben und der bis heute zu spüren ist. Der Krieg verursachte weiteres großes Unheil und menschliches Leid, insbesondere hervorgerufen durch Umsiedlungsmaßnahmen: Millionen von Polen und dann auch von Deutschen wurden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen und eine neue Heimat zu suchen.

 

Um dieses Leid und die schmerzhaften Erinnerungen daran zu überwinden, müssen wir uns alle aufrichtig am Prozess der Versöhnung zwischen unseren Nationen beteiligen. Dafür schöpfen wir Kraft aus dem Mut der polnischen Bischöfe, die Deutschland und Polen 1965 dazu einluden, die Wahrheit entschlossen zu suchen und Wege der Versöhnung zu beschreiten. Ihre Botschaft, von der besonders die Worte „Wir vergeben und bitten um Vergebung“ bekannt sind, schlug ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen unseren Völkern auf, und die deutschen Bischöfe haben die ihnen entgegengestreckte Hand dankbar angenommen. Heute bringen wir all denen, die diesen ehrlichen Dialog begonnen haben, unseren tiefen Respekt zum Ausdruck.

 

80 Jahre nach Beginn des Krieges kann die heutige Generation in Polen und Deutschland, ja in ganz Europa viele Veränderungen zum Guten erleben. Wir sind uns jedoch bewusst, dass mit den Früchten der Versöhnung verantwortungsbewusst umgegangen werden muss; sie dürfen nicht leichtfertig in politischem Interesse preisgegeben werden. Deshalb fordern wir in diesem besonderen Moment der Geschichte, dass unsere Beziehungen nie wieder von Gewalt, gegenseitigem Misstrauen oder Ungerechtigkeit geprägt sein dürfen. Es liegt heute an uns, die Einheit Europas, das auf christlichen Fundamenten errichtet ist, zu festigen und zu vertiefen, trotz der historischen Unterschiede zwischen einzelnen Nationen und Staaten. Als Kirche betrachten wir dankbar die Initiativen, mit denen Polen und Deutschland – oft gemeinsam mit anderen Nach-barländern – den Herausforderungen unserer Zeit begegnen. Wir appellieren an alle, aus der gemeinsamen Erinnerung an die von Gewalt und Unrecht belastete Vergangenheit und ebenso aus der Erinnerung an die ermutigenden Zeugnisse der Menschlichkeit Kraft und Inspiration für das weitere gemeinsame Handeln für Frieden und Einheit zu schöpfen.

 

Dabei vertrauen wir auf die Hilfe Gottes, dem wir unsere Nationen und alle Völker Europas sowie die ganze Erde anvertrauen. Wir rufen dazu auf, am 1. September in allen Gottesdiensten Fürbitte um Frieden in der Welt zu halten. Wir ersuchen auch alle Gläubigen, in ihren persönlichen Gebeten um die Beendigung aller Konflikte und Kriege, allen Terrors und aller Gewalt zu bitten und Frieden für alle Menschen zu erflehen. Maria, die Königin des Friedens, möge uns bei unseren Bitten und Gebeten mit ihrer Fürsprache bei ihrem Sohn Jesus Christus beistehen“.

  1. August 2019

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