REFORMATION IN POLEN und LITAUEN

REFORMATION IN POLEN und LITAUEN

Die Ausstellung „Reformation in Polen und Litauen“ wurde im Mahnmal St. Nikolai in Hamburg vom 21.09. bis 19.10. gezeigt. Das Thema ist für Europa im Jahr 2017 sehr aktuell. Zum 500. Mal jährt sich die Reformation in diesem Jahr. Luther hatte sie nicht geplant. Dennoch veränderte sie Europa grundlegend – bis heute. Denn die Ideen aus Wittenberg kamen zum genau richtigen Zeitpunkt in die Welt. Die Reformation hatte auch einen großen Einfluss auf die Entwicklung in Polen. Nur wenige Menschen wissen z.B., dass der erste Staat mit lutherischem Bekenntnis ein Territorium außerhalb des römisch-deutschen Reiches war – und zwar das Herzogtum Preußen. Es entstand 1525  auf dem Gebiet des Deutschen Ritterordens. Polen-Litauen war ein Vielvölkerstaat, in dem neben Polen und Litauern Deutsche, Juden, Letten, Esten, Ukrainer, Russen und Tataren lebten. Entsprechend unterschiedlich waren die Glaubensbekenntnisse. Die meisten Regionen im heutigen Polen waren über Jahrhunderte hin entweder vom Protestantismus oder von ausgesprochener Glaubensvielfalt geprägt. Und genau diese Vielfalt gerät heute durch die Konzentration auf die Luthers Reformation etwas aus dem Blick, womit zugleich das Bewusstsein für ein in weiten Teilen evangelisch und tolerant geprägtes Ostmitteleuropa verblasst.

Die Lehren Luthers breiteten sich vor allem in den Städten des zu Polen gehörenden preußischen Gebietes und im Ordensland schnell aus. Auch unter den polnischen und litauischen Adeligen fand die Reformation zahlreiche Anhänger. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde Polen-Litauen Zufluchtsort für Anhänger verschiedener protestantischer Glaubensrichtungen wie den Mennoniten, Unitariern, Polnischen Brüdern und den Böhmischen Brüdern.  Die protestantische Bewegung war in Polen und Litauen also mehr als Luther. Im Zuge der Gegenreformation wurden jedoch die reformierten Kirchen zurückgedrängt. Heute bilden sie in Polen eine kleine Minderheit.

Am 21.09. bei der Vernissage hat Prof. Golczewski die historischen Hintergründe der Reformation in Polen vorgestellt. Am 19. 10., am letzten Tag der Präsentation der Ausstellung wurden einige Aspekte dieses Themas vertieft. Dr. theol. Hartmut Rudolph  hat die Geschichte der Reformation in Preußen und vor allem die große Glaubensvielfalt vorgestellt und die religiösen Auseinandersetzungen  in Polen-Litauen am Beispiel vom Wirken des in Danzig geborenen Theologen Daniel Ernst Jablonski geschildert.

In Polen mit seiner vorwiegend katholischen Bevölkerung ist in dieser Situation die Feier der 500 Jahre Reformation für evangelische Christen eine Herausforderung. Durch die „erfolgreiche“ Gegenreformation bilden die Lutheraner mit 71 000 Gemeindemitgliedern und die Reformierten mit 2500 Gemeindemitgliedern nur eine sehr kleine Minderheit im Land. Desto wichtiger ist es für sie, im Jahr des Reformationsjubiläums die wichtige Rolle des Protestantismus und der Protestanten in der Geschichte Polens öffentlich zu würdigen. Ende 2016 erklärte sich der Präsident der Polnischen Republik, Andrzej Duda, auf Bitten der Evangelisch-Augsburgischen (Lutherischen) Kirche bereit, die Schirmherrschaft über die zentrale Feier des Reformationsjubiläums in Warschau vom 26. bis 29. Oktober 2017 zu übernehmen. Eine weitere staatliche Anerkennung für das Reformationsjahr konnte nicht erreicht werden. Auch der Senat, die zweite Kammer des polnischen Parlaments, tat sich schwer mit der Würdigung des Beitrags polnischer Protestanten. Am 1. Februar 2017 konnte erst nach vielen Diskussionen und heftigem Streit eine Resolution zum Gedenken der 500 Jahre Reformation auf dem Gebiet Polens verabschiedet werden – mit 40 Ja-Stimmen, 27 Gegenstimmen und 17 Enthaltungen. In der Resolution werden namentlich zahlreiche protestantische Persönlichkeiten gewürdigt, die als Schriftsteller, Geistliche, Politiker und Offiziere eine wichtige Rolle in der Geschichte Polens gespielt haben.

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