2. Entstehungsgeschichte der DPG Hamburg
Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. (DPG Hamburg) wurde am 5. Juli 1972 am Rande einer Sitzung der Hamburgischen Bürgerschaft, dem Hamburger Landesparlament, im Sitzungssaal B des Hamburger Rathauses gegründet.
Gründungsmitglieder waren Abgeordnete der SPD-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft und ein kleiner Kreis von Hamburgerinnen und Hamburgern, die schon auf verschiedenen Ebenen deutsch-polnische Kontakte entwickelt und gepflegt hatten.
Zu diesem Kreis gehörten u. a. auch Mitglieder der Deutschen Beamtenbund-Jugend Hamburg, die erstmals im Jahre 1965 eine Studienfahrt nach Warschau durchgeführt hatte; dieser Studienfahrt folgten ab 1968 bis Mitte der 70er Jahre jährlich weitere Bildungsurlaubsfahrten junger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hamburger Verwaltung, aber auch der Bundesverwaltung wie Zoll, Post und Bahn.
Im Rahmen einer jugendpolitischen Zusammenarbeit der Hamburger Gewerkschaftsjugendorganisationen von DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund), DAG (Deutsche Angestellten-gewerkschaft) und DBB (Deutscher Beamtenbund) im „Aktionszentrum Hamburger Jugendverbände“ wurde im Frühjahr 1970 in Hamburg die Ausstellung „25 Jahre Polens West- und Nordgebiete“* präsentiert, die über die „Aktion Sühnezeichen“ angeboten wurde. Das „Aktionszentrum Hamburger Jugendverbände“ war auch Veranstalter der ersten „Polnischen Tage“ in Hamburg, die im Frühjahr 1970 mit über 70 Veranstaltungen stattfanden.
Im Rahmen der Vorbereitungen dieser „Polnischen Tage“ wurde im Oktober 1970 der „Arbeitskreis Polen“ in Hamburg gegründet, der bis zur Gründung der DPG Hamburg eine Reihe von Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen und Studienfahrten nach Polen organisierte. Die Arbeit dieses Arbeitskreises wurde von der Journalistin und Schriftstellerin Annaliese Wulf und dem Beamten und ehrenamtlichen Geschäftsführer der DBB-Jugend Hamburg Gerd Hoffmann geleitet. Diese beiden „Polen-Aktivisten“, die die Arbeit des „Arbeitskreises Polen“ auf eine breitere gesellschaftliche Basis stellen wollten, initiierten die Gründung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg und luden zur Gründungsver-sammlung im Juli 1972 ein.
Einer der Beweggründe für die Initiative von Annaliese Wulf und Gerd Hoffmann war, den im Dezember 1970 geschlossenen „Warschauer Vertrag“ mit Leben zu erfüllen; so wie es Bundeskanzler Willy Brandt nach Unterzeichnung des Vertrages in einem Appell an die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands und Polens gefordert hatte. Auch sollte die Arbeit des Arbeitskreises einen verbindlicheren Rahmen erhalten.
d.h. die ehemaligen deutschen Ostgebiete
Ziel der Gesellschaft war es, die Verständigung zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk und die zwischenmenschlichen Beziehungen zu fördern.
Die neu gegründete Gesellschaft wandte sich mit dem Aufruf „Friede mit Polen“ an die Hamburger Bevölkerung; dieser Aufruf wurde von namhaften Persönlichkeiten des hamburgischen öffentlichen Lebens unterzeichnet, darunter u.a. dem Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft Herbert Dau und mehreren Senatoren des Hamburger Senats. Der Aufruf trug die „Handschrift“ des langjährigen Vorsitzenden und Ehrenvorsitzenden der Hamburger Gesellschaft Dr. Hanno Jochimsen.
Schon sehr bald nach der Gründung war die Gesellschaft ein Sammelpunkt gemeinsamen Interesses für Mitglieder aller drei damals im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien. Sie fanden sich zu gemeinsamer Arbeit bereit, um einen Konflikt überwinden zu helfen, der damals genau 200 Jahre alt war.
Als Leitmotive galten damals:
Das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen sollte nicht Gegenstand innerer politischer Konfrontation sein.
Die unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen zwischen der Volksrepublik Polen und der Bundesrepublik Deutschland dürfen keine Ausrede dafür sein, für die Verständigung zwischen Polen und Deutschen nicht zu arbeiten. Die historischen Fehler des nichtmiteinander Sprechens, des nicht aufeinander Zugehens, die schließlich im Inferno des 2. Weltkrieges endeten, dürfen nicht wiederholt werden. Wenn der Friede in Europa gesichert werden soll, dann ist ein erträgliches Verhältnis zwischen Polen und Deutschen wesentliche Voraussetzung.
In der Gründungsphase der Gesellschaft gab es den Versuch, die Hamburger Initiative als Untergliederung in die damals bereits existierende Deutsch-Polnische Gesellschaft Düsseldorf (später: Deutsch-Polnische Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland) zu integrieren. Dies wurde aber von den Hamburger Initiatoren abgelehnt, weil eine eigenständige und nicht in irgendeiner Weise fremdbestimmte Arbeit vor Ort in Hamburg begründet werden sollte.
Nach dem die norddeutschen Gesellschaften, die sich 1973 zu einer losen Arbeitsgemein-schaft mit regelmäßigen Treffen in Bad Segeberg zusammen gefunden hatten, Ende der 70er Jahre in Hamburg die Initiative ergriffen hatten, ein deutsch-polnisches Jugendwerk nach dem Vorbild des Deutsch-Französischen Jugendwerks zu gründen und bereits ein Satzungsentwurf vorlag, wurden die Gründungsgesellschaften von der Botschaft der Volksrepublik Polen massiv kritisiert und diese Gründung als unfreundlicher Akt gegenüber Polen bezeichnet. Anschließend wurden die Gesellschaften von polnischer Seite (Botschaft und West-Institut Poznań) aufgefordert, Aktivitäten in Richtung Polen nur noch über die DPG der Bundesrepublik resp. über das West-Institut in die Wege zu leiten. Dieser massive Eingriff ihre Souveränität wurde von den Gesellschaften entschieden zurückgewiesen.