Festschrift zum 40. Jubiläum der DPG Hamburg 1972–2012

Deutsch – Polnische Gesellschaft Hamburg
1972 – 2012

Berichte und Erinnerungen
aus vier Jahrzehnten Arbeit einer deutsch-polnischen Bürgerinitiative

Viola Krizak (Hrsg.)

Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg 1972-2012

Berichte und Erinnerungen
aus vier Jahrzehnten Arbeit einer deutsch-polnischen Bürgerinitiative

© Deutsch -Polnische Gesellschaft Hamburg, 2012

© Titelblattgestaltung: Viola Krizak

Projektleitung und Redaktion: Dr. Viola Krizak

Lektoren: Gerd Hoffmann, Wolfgang Madlung

Gestaltung und Herstellung: Hans-Rainer Krizak

Druck: Studio Polgraficzne M.Color, ul. Ogrodowa 62, 91-071 Łódź

Freie und Hansestadt Hamburg
Erster Bürgermeister

Als Schirmherr ist es mir eine besondere Freude, der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg zum vierzigjährigen Bestehen gratulieren zu dürfen.

Die Beziehungen zwischen Hamburg und unseren Freunden und Partnern in Polen sind ebenso lang wie wechselvoll. Die Hansestadt hat dieser Tatsache nicht zuletzt in dem für Deutsche und Polen so wichtigen Gedenkjahr 2009 Rechnung getragen: Damals haben wir gemeinsam an den Beginn des Zweiten Weltkrieges gedacht, aber auch an den Fall der Mauer und den Systemwechsel im ehemaligen Ostblock, zu dem „Solidarność“ als erste freie Gewerkschaft in Polen mit ihrer friedlichen Revolution in erheblichem Maße beigetragen hatte.

Wenn man zum 40. Geburtstag der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Hamburg eine Bilanz ziehen möchte, so kann man hervorheben, dass es eine Vielzahl von Kooperationen und Begegnungen zwischen Hamburg und Polen gibt. Im geographischen Mittelpunkt stehen dabei die polnischen Regionen an der Ostseeküste. Eine intensive Zusammenarbeit erstreckt sich auf Handwerk, Wissenschaft, Metropolenkooperation und Kultur. Sie trägt der besonderen Bedeutung Polens als größten neuem und aufgrund seiner Nähe für Hamburg auch wichtigem Mitglied in der EU Rechnung. Lassen Sie mich an dieser Stelle nur einige ausgewählte Beispiele erwähnen.

Neben den sehr guten bilateralen Beziehungen arbeiten wir mit unseren polnischen Freunden und Partnern sehr eng in den Gremien der Ostseekooperation und in einigen EU-Projekten zusammen. Drei Bereiche seien beispielhaft hervorgehoben:
TransBaltic liefert aus regionaler Entwicklungsperspektive wichtige Impulse für ein integriertes Verkehrssystem für die Ostseeregion.
Clean Baltic Sea Shipping soll einen Beitrag leisten zur Verringerung der Eutrophierung der Ostsee sowie zur Reduzierung von Luft- und Wasserverschmutzungen durch Schiffe durch die Erarbeitung einer transnationalen Strategie zum sauberen Schiffsverkehr.
COOL Bricks soll die Energieeffizienz von historischen Backsteingebäuden erhöhen, bei Gewährleistung technisch, administrativ und historisch angemessener Standards des Denkmalschutzes.

Wenn diese große Vielfalt von Kooperationen und Formen der Begegnung uns längst selbstverständlich erscheint, dann liegt das auch an den wichtigen Beiträgen zur interkulturellen Verständigung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft. Dafür möchte ich Ihnen im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg unsere Hochachtung, unsere Anerkennung und unseren Dank aussprechen.

In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch zum 40. Geburtstag!

Erster Bürgermeister
Olaf Scholz

Grußwort für die Festschrift anlässlich des 40. Jubiläums der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg e.V.

Helmut Schmidt im Juni 2012

Mit Verständnis und Vertrauen

Friede in Europa kann nur bestehen, wenn es Deutschland in der Mitte des Kontinents gelingt, im gutnachbarlichen Verhältnis mit seinen Nachbarn zu leben. Polen ist gemeinsam mit Frankreich der wichtigste Nachbar Deutschlands. Deutsche und Polen verbindet eine schicksalhafte und über weite Strecken tragische Nachbarschaft. Ein gutes Verhältnis beider Nationen muss sich daher stets gegen die Erinnerung gegenseitig zugefügten Leids und tief im kollektiven Gedächtnis verhafteter Ressentiments und Ängste erwehren.

Seine wechselvolle Geschichte gibt Polen genug Gründe, seinen Nachbarn, und insbesondere seinen deutschen Nachbarn, zu misstrauen. Die drei gewaltsamen Teilungen bis Ende des 18. Jahrhunderts durch Preußen, Österreich und Russland wirken ebenso nach wie die völlige Beseitigung der polnischen Souveränität fast das ganz 19. Jahrhundert hindurch. Weit stärker noch haften im polnischen Gedächtnis die vierte gewaltsame Teilung durch Hitler und Stalin 1939 und die anschließende deutsche Besatzung. In diese Zeit fällt auch die Errichtung der Todesfabrik Auschwitz auf polnischen Boden durch Hitler. Als Folge von Hitlers Weltkrieg kam es anschließend zur gewaltsamen Verschiebung der östlichen und westlichen Grenzen Polens durch Stalin und zur Vertreibung von Millionen polnischer und deutscher Menschen in westliche Richtung.

Mein Freund Herbert Wehner sagte 1977 bei einem gemeinsamen Besuch in Ausschwitz „ Man muss die Polen schon allein deshalb lieben, weil sie mehr gelitten haben als alle anderen“. Ich habe Wehners Wort nie vergessen. Es ist wahr. Und es gewinnt zusätzlich an Gewicht, wenn man bis in 18. Jahrhundert zurückdenkt. Sein Wort ist gleichzeitig eine Mahnung, dass wir Deutschen von uns selbst Verständnis für die besondere Situation der Polen verlangen müssen.

Ich habe Polen erstmals als Bundestagsabgeordneter 1966 auf einer privaten Reise besucht. Auf dem Weg nach Moskau konnte ich mir damals mit meiner Familie während einer langen Autofahrt quer durch Polen einen eigenen Eindruck verschaffen. Die Menschen, Landschaften und Städte Polens haben mich damals nachhaltig bewegt. Fast vierzig Jahre sind seit meiner ersten Reise durch Polen vergangen. Polen und Deutschen ist es in diesen vierzig Jahren gelungen, ein weites Stück aufeinander zu zugehen.

1970 wurde mit dem deutsch-polnischen Vertrag ein erster wichtiger Grundstein für die Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen gelegt. Ohne die Bereitschaft der damaligen polnischen Führung, ihrerseits auf die deutsche Seite zuzugehen, wäre der historische Durchbruch in Helsinki nicht möglich gewesen. Ich werde jenes Gespräch mit Edward Gierek in Helsinki nicht vergessen, dass damals den entscheidenden Durchbruch in den Verhandlungen brachte.

1974/75 habe ich mich mit Nachdruck für das Zustandekommen der KSZE-Schlussakte eingesetzt. Mit der Schlussakte von Helsinki wurde nicht die Oder-Neiße-Grenze festgeschrieben, sondern die im Korb III postulierten Menschenrechte haben die Arbeit Lech Walesas und der demokratischen Opposition Solidarnosc in Polen ebenso hilfreich unterstützt wie die Arbeit der anderen Freiheitsbewegungen im damaligen Ostblock.

Die Geschichte Polens erklärt das Streben der polnischen Nation nach Souveränität und Selbstbestimmung. Nach dem EU-Beitritt Polens im Mai 2004 ist es erkennbar nicht allen polnischen Politikern leicht gefallen, die damit verbundene teilweise Aufgabe der eigenen Souveränität zu akzeptieren. Heute ist Polen nicht nur eine der wachstumsstärksten europäischen Volkswirtschaften, sondern es nimmt auch erkennbar seine politische Verantwortung in der EU wahr. Während der polnischen Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2011 hat Polen eine aktive Vermittlerrolle zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern der Eurozone eingenommen.

Die gegenwärtige Krise der Institutionen der Europäischen Union könnte ein unvoreingenommenes Miteinander der Menschen in Europa gefährden, sie könnte nationale Egoismen und Eitelkeiten aufleben lassen. Auf die friedensstiftende Wirkung der Europäischen Union allein können wir uns keinesfalls verlassen. Polen bleibt mit Frankreich unser wichtigster Partner in Europa. Für eine vertrauensvolle Partnerschaft ist gegenseitiges Verständnis unverzichtbar. Ohne ausreichende historische und kulturelle Sensibilität fehlt die Basis für einen wirklichen Dialog und es bleibt allenfalls bei guten Absichten allein.

Leider wissen die Deutschen im Allgemeinen immer noch zu wenig von der Geschichte und Kultur Polens. Zwar kennen wir Frédéric Chopin und vielleicht haben wir „Quo Vadis“ von Henryk Sienkiewcz gelesen. Aber wer weiß in Deutschland, dass ein polnischer König schon im Jahr 966 den christlichen polnischen Staat begründete und der Name Polonia älter ist als Deutschland? Wer weiß in Deutschland, dass es ein Pole war, der Wien 1683 vor den Türken rettete? Oder welcher Deutsche ist sich des ökonomischen Erfolgs und der kulturellen Dynamik des heutigen Polens bewusst?

Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. setzt sich seit 40 Jahren dafür ein, dass sich Polen und Deutsche besser kennen lernen. Seit ihrem Aufruf „Friede mit Polen“ im Herbst 1972 hat sie unzählige persönliche Begegnungen ermöglicht und dazu beigetragen, gegenseitige Vorurteile durch Verständnis und Vertrauen zu ersetzen. Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. hat damit die Versöhnung und Freundschaft zwischen Deutschland und Polen gefördert und einen Beitrag für eine friedliche Zukunft Europas geleistet.

Ich verbinde meine Glückwünsche zum 40. Jubiläum der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg e.V. mit der Hoffnung und Erwartung, dass sie ihre wertvolle Arbeit in den nächsten Jahren erfolgreich fortsetzen kann. Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. verdient unsere Unterstützung!
Geleitwort des Botschafters der Republik Polen in der Bundesrepublik Deutschland

Dr. Marek Prawda

Am 5. Juli 2012 beging die DPG Hamburg ihr 40-jähriges Jubiläum. Mit der Gründung der Gesellschaft fassten Abgeordnete der SPD-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft und ein kleiner Kreis von Hamburgerinnen und Hamburgern, inspiriert von dem historischen Besuch von Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau 1970 einen sehr wichtigen Beschluss. Doch ihr „Abenteuer“ mit Polen hatte für einige der späteren Initiatoren und Mitglieder der Gesellschaft bereits weit früher begonnen. Mitglieder der Deutschen Beamtenbund-Jugend Hamburg, die zu den Gründern der DPG gehörten, besuchten Polen erstmals schon im Jahr 1965. Seit 1968 bis Mitte der siebziger Jahre fanden weitere Reisen junger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hamburger Verwaltung, aber auch der Bundesverwaltung wie Zoll, Post und Bahn nach Polen statt.

Die Gesellschaft, deren unmittelbare Gründer die Journalistin und Schriftstellerin Annaliese Wulf und der Beamte und ehrenamtliche Geschäftsführer der DBB-Jugend Hamburg Gerd Hoffmann waren, begann ihre Tätigkeit mit einem starken Akzent in Gestalt des Aufrufs „Friede mit Polen“ an die Hamburger Bevölkerung. Dieser Aufruf wurde von namhaften Persönlichkeiten des hamburgischen öffentlichen Lebens unterzeichnet, darunter dem Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft Herbert Dau und mehreren Senatoren des Hamburger Senats. Beachtung verdient die Feststellung des Aufrufs: ,,Der Frieden in Europa wird schließlich nur Wirklichkeit werden, wenn er mit Polen gewonnen wird“.
Am Beispiel der Geschichte der DPG kann man auch die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen kennenlernen. Doch es wäre ein großer Fehler, die komplexe Geschichte der Beziehungen zwischen Deutschland und Polen allein auf ihre politische Dimension zu reduzieren. Die Rolle des gesellschaftlichen Faktors ist diesbezüglich nicht zu unterschätzen, und dabei hat die Deutsch-Polnische Gesellschaft in Hamburg erheblich mitgewirkt.
Tatkräftig hat sie am nicht ganz leichten Prozess der Versöhnung zwischen unseren Staaten mitgewirkt. Beharrlich und effektiv verwirklichte sie ihr Ziel durch die Förderung der Verständigung zwischen den Gesellschaften beider Länder. Zu Recht bemerkten die Gründer der DPG schon gleich zu Beginn, dass diesem Ziel am besten durch die Entwicklung zwischenmenschlicher Kontakte zwischen Deutschen und Polen gedient ist und konzentrierten darauf ihre Tätigkeit. Beachtung verdient, dass die DPG – unabhängig von den veränderlichen Stimmungen und politischen Beziehungen zwischen den beiden unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen – eine Reihe von Initiativen auf diesem Gebiet unternommen hat.
Nach 1989 ist der politische und gesellschaftliche Wandel in Europa sehr schnell eingetreten. Der Niedergang des kommunistischen Systems in Ost- und Mitteleuropa und die Wiedervereinigung Deutschlands haben einen breiten Raum für die deutsch-polnische Zusammenarbeit eröffnet, auch im europäischen Kontext. Damit verbunden waren aber auch viele Herausforderungen. Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg hat die neue Situation rechtzeitig als eine große Chance erkannt und genutzt.
Vor 20. Jahren schien es noch nicht so selbstverständlich zu sein, dass ein unabhängiges Polen und ein wiedervereintes Deutschland zu wichtigen Partnern im vereinten Europa werden. Genau das ist aber Wirklichkeit geworden. Heute sind die Beziehungen zwischen unseren Ländern in eine neue Phase eingetreten, die man als gereifte Partnerschaft bezeichnen kann, in der eine Schlüsselrolle die europäische Dimension unseres gemeinsamen Dialogs spielt. Eines Dialogs, in dem Fragen danach, wie wir den europäischen Raum gemeinsam gestalten können, von zentraler Bedeutung sind. Ohne gesellschaftliche Partner wäre dies nicht möglich gewesen.
Hoffentlich wird die DPG Hamburg noch viele vergleichbare Jubiläen in Zukunft begehen, was ich Ihnen von Herzen wünsche.
Grußwort des Generalkonsuls der Republik Polen in Hamburg

Andrzej Osiak

Sehr geehrte Damen und Herren,

Seit 40 Jahren existiert in Hamburg die Deutsch-Polnische Gesellschaft. Die Gründung dieser im Jahre 1972 gehörte zweifellos zu den Meilensteinen der polnisch-deutschen Zusammenarbeit in Hamburg. Deswegen freue ich mich sehr über die Möglichkeit allen Mitgliedern der Deutsch-Polnischen Gesellschaft zum Jubiläum zu gratulieren.

Infolge der politischen Entwicklungen am Anfang der siebziger Jahre wurde es möglich, dass neue Wege der polnisch-deutschen Verständigung und Kontakte geschaffen werden konnten. Die Ostpolitik des Bundeskanzlers Willy Brandt hat dazu beigetragen, dass der Prozess der polnisch-deutschen Versöhnung initiiert wurde. Obwohl Polen damals kein souveräner Staat war, konnte man auch in Warschau die positiven Reaktionen auf die Entspannungspolitik vernehmen. Früher gab es natürlich einige wichtige Initiativen, die auf die Annäherung zwischen Polen und Deutschen gezielt haben – die bedeutendste war der Hirtenbrief der polnischen katholischen Bischöfe an ihre deutschen Amtsbrüder. Erst in den 70. Jahren jedoch würde die Annäherung zwischen den beiden Völkern in Gang kommen.
Eine enorme Rolle spielten dabei die gesellschaftlichen Vereinigungen und die Hamburgische Deutsch-Polnische Gesellschaft gehört zu den ältesten in Deutschland. Schon seit Beginn haben ihre Mitglieder ehrgeizig und zielbewusst dem Pfad der polnisch-deutschen Annäherung gefolgt. In diesem Kontext muss man an den Aufruf „Friede in Polen“ erinnern, mit dem sich die Gesellschaft im ersten Jahr ihrer Tätigkeit an die Hamburger Bevölkerung gewandt hat. Die Kontakte mit Polen, die die Deutsch-Polnische Gesellschaft seit der Gründung entwickelte, sind nicht zu unterschätzen. Ich möchte auch die Rolle der Reisen nach Polen erwähnen, die die Gesellschaft organisiert hat. Heutzutage scheint es selbstverständlich zu sein, dass wir ohne große Schwierigkeiten schnell aus Polen nach Deutschland und umgekehrt verreisen können. Aber vor 40 Jahren war es nicht so einfach. Der eiserne Vorhang und dazu noch die DDR hatten beide Gesellschaften effizient getrennt und eine Reise nach Polen stellte damals viele Schwierigkeiten dar. Und ohne persönliche Begegnung kann keine Rede von der Versöhnung und Verständigungen sein. Durch diese Initiativen haben die Mitglieder der Deutsch-Polnischen Gesellschaft zur Überwindung der Vorurteile zwischen Polen und Deutschen deutlich beigetragen. Es ist wichtig, dass die Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschen nicht nur im politischen und wirtschaftlichen Bereich, was natürlich von großer Bedeutung ist, aber auch auf der zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Ebene verwirklicht wird. Dieses tut die Hamburger Deutsch-Polnische Gesellschaft erfolgreich seit 40 Jahren. Ohne solche Organisationen würde die polnisch-deutsche Partnerschaft anders als heute ausgesehen.
Der Zusammenbruch des Kommunismus in Europa hat die politische Lage auf dem alten Kontinent ganz verändert. Polen wurde endlich frei und souverän, Deutschland wiedervereint. Es gab schon keine Hindernisse für die polnisch-deutschen Kontakte. In der neuen politischen und gesellschaftlichen Situation hat die Hamburger Deutsch-Polnische Gesellschaft ihre Mission fortgesetzt. Heutzutage veranstaltet die Gesellschaft regelmäßig verschiedene Seminare, Vorträge, Konzerte, die dem Publikum in Hamburg Polen annähern. Sie gehört zu den bedeutendsten Zentren der polnisch-deutschen Kooperation in Norddeutschland, zählt auch zu den wichtigsten Partnern des Generalkonsulats der Republik Polen in Hamburg. Die gemeinsamen Projekte, die von dem Generalkonsulat und der DPG durchgeführt werden, genießen bei den Gästen ein großes Ansehen. Ich möchte nur drei Beispiele von der letzten Zeit nennen. Im Juni dieses Jahres hat die Gesellschaft in der Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Hamburg die Veranstaltungsreihe „Sommer in… Polen“ mitgestaltet. Dank dieser Initiative konnte man die polnische Kultur, Politik und Geschichte besser kennenlernen, gleichzeitig aber auch Spezialitäten der polnischen Küche probieren und die polnische Sprache lernen. Auch in diesem Jahr durften wir in meiner Residenz die Buchvorstellung von Wioletta Weiss: „Wir sind nur noch wenige. Erinnerungen aus einem Schtetl“ anbieten. Ich möchte zusätzlich an die erfolgreiche Podiumsdiskussion erinnern, die die Katholische Akademie in Hamburg im April 2010 mit der Unterstützung der DPG und des Generalkonsulates durchgeführt hat. Das sind nur einige Beispiele, diese zeigen aber, wie vielfältig und reich die Tätigkeit der Gesellschaft ist.
Zum 40. Jubiläum gratuliere ich den Mitgliedern sehr herzlich und wünsche viel Erfolg in der Zukunft!
Andrzej Osiak
Generalkonsul
Grußwort des Beraters für deutsch-polnische Angelegenheiten im Büro der Staatsministerin Cornelia Pieper im Auswärtigen Amt

Wojciech Pomianowski

Vier Treffen und ein Glücksfall

„Am wichtigsten ist, dass man sich trifft!“, hat mir Hanno Jochimsen, der ehemalige Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, einmal gesagt. Er hatte Recht. Ich konnte mich selbst mehrfach davon überzeugen. Aus meinen Treffen in der DPG Hamburg sind Bekanntschaften und Freundschaften fürs Leben entstanden. Diese Treffen spiegeln gleichzeitig die imposante Entwicklung der deutsch-polnischen Beziehungen in den letzten Jahrzehnten wieder.
Zum ersten Mal war ich mit einer Gruppe polnischer Journalisten bei der DPG Hamburg in den 80-er Jahren zu Gast. Damals – es war noch die Zeit der Teilung Europas und Deutschlands – lernte ich die Menschen kennen, die bereits Jahre zuvor den mutigen Weg der Verständigung und Versöhnung zwischen Deutschen und Polen eingeschlagen hatten. Sie waren es, die die gesellschaftliche Grundlage für die kommende politische Wende vorbereiteten.
Als polnischer Korrespondent im vereinten Deutschland nahm ich am 1. Kongress „Deutsche und Polen gemeinsam in Europa“ teil. Der Kongress wurde von der Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Polnischen Gesellschaft veranstaltet, deren Vorsitzender damals Hanno Jochimsen war. Er behauptete, für die gemeinsamen Beziehungen seien die DPGs eine Art Hefe. Sie entschieden zwar nicht darüber, wie groß das Brot würde, ohne sie aber würde der Teig gar nicht aufgehen. Es war das Jahr 1992. Die DPG Hamburg feierte ihr 20-jähriges Jubiläum und konnte ihre gesellschaftlichen Aktivitäten und partnerschaftlichen Beziehungen mit dem polnischen Rzeszow schon frei entfalten.
Markus Meckel, der spätere Vorsitzende des Bundesvorstandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaften, sagte mir damals: Wir brauchen eine Lobby für Polen in Deutschland und für Deutschland in Polen. Eine Lobby, die die Politik, Wirtschaft und Kultur mit dem täglichen Leben der deutschen und der polnischen einfachen Bürger verbindet.
Eine Lobby von unten. Diese Funktion übte die DPG Hamburg in den nächsten zwei Jahrzehnten erfolgreich aus. Ohne diese Aktivitäten, ohne engagierte Menschen, ohne die gesellschaftlichen Vermittler über die Staats-, Kultur- und Sprachgrenzen hinweg wären die deutsch-polnischen Beziehungen heute viel ärmer.
Dies ist zugleich die beste und eine bewährte Methode, Klischees, Vorurteilen, Phobien und Komplexen entgegenzuwirken und sie zu bekämpfen. Je mehr wir voneinander wissen und verstehen, je mehr Kontakte, Bekanntschaften und Freundschaften wir haben, desto immuner werden wir gegen die unterschiedlichsten Gefahren und Missverständnisse. Dafür habe ich mich als polnischer Gesandter in Deutschland bei der Verabschiedung des langjährigen Vorsitzenden der DPG Hamburg, Gerd Hoffmann, ausdrücklich bedankt.
Inzwischen ist die DPG Hamburg 40 geworden. Ich besuchte sie zuletzt als polnischer Austauschbeamter im Büro der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper. Auch mein persönliches Beispiel zeigt, wie weit wir auf dem Weg zu einer gereiften deutsch-polnischen Partnerschaft sind. Dies wäre ohne die Freunde aus Hamburg, ohne die unzähligen anderen Menschen guten Willens, die genau wie sie denken, nicht möglich gewesen. Liebe Viola, liebe Aleksandra, lieber Gerd, lieber Hartwig und viele andere Freunde: ich danke Euch allen und gratuliere zum 40. Jahrestag eurer Gesellschaft aufs herzlichste. Ihr seid ein wahrer Glücksfall für Deutsche und Polen. Deswegen „Sto lat“ und weiter so!

Grußwort des Vorsitzenden des Förderkreises „Mahnmal St.Nikolai“

Klaus Franke

Zur Aussöhnung und zur Verständigung mit unserem europäischen Nachbarn Polen hat die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg einen ganz wesentlichen Beitrag in den vergangenen vier Jahrzehnten geleistet. Herzlichen Dank dafür.

Besonders in den Zeiten der Gründung der Solidarnosc und den damaligen schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen in Polen ist dies deutlich geworden, Die Förderung des Wissens von Geschichte, Kultur und Musik Polens war immer ein besonderes Anliegen Ihrer Gesellschaft. Für die dabei gezeigte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit uns sind wir Ihnen dankbar und wünschen der Gesellschaft weiterhin erfolgreiche Jahre.

Klaus Francke

Inhaltsverzeichnis

Grußworte
Olaf Scholz.……………………………………………………………….………………….……5
Helmut Schmidt…………………………………………………………………………………..6
Dr. Marek Prawda………………………………………………………………………………..8
Andrzej Osiak……………………………………………………………………………………10
Wojciech Pomianowski…………………………………………………………………………12
Klaus Franke…………………………………………………………………………………….14
Inhaltsverzeichnis……………………………………………………………………………….15
1. Einleitung……………………………………………………………………………………..18
2. Die Entstehung der DPG Hamburg…………………………………………………………20
3. Gründungsjahr 1972 …………………………………………………………………………22
4. Handeln in der kommunistischen Realität, 1972-1989……………………………………..25
4.1 Die ersten Gäste aus Polen 26
4.2 Die erste Reise nach Polen 26
4.3 Hilfreicher Gesprächspartner 27
4.4 Zusammenarbeit mit den Deutsch-Polnischen Gesellschaften Norddeutschlands 28
4.5 Deutsch – Polnische Großveranstaltungen 29
4.5.1 Polnische Tage 1971 in Hamburg 29
4.5.2 Polnische Tage 1975 in Hamburg 30
4.5.3 Hamburger Tage 1977 in Danzig/Gdańsk 31
4.5.4 Polnischer Herbst Hamburg 1981 33
4.5.5 Weitere Veranstaltungen 34
4.6 Städtepartnerschaft 34
4.7 Das Kriegsrecht in Polen 1981 36
4.8 „Resovia Saltans“ und Hamburg 37
4.9 Gründung des Bundesverbandes und der Zeitschrift „DIALOG“ 39
5. Neue politische Situation – neue Herausforderungen, 1989-2004…………………………41
5.1. Die Wende 41
5.2 Zusammenarbeit mit Rzeszów und der Region Podkarpackie (Vorkarpaten) 42
5.2.1 Bericht aus Rzeszów: Aus Fremden werden Freunde 43
5.2.2 Bericht aus Rzeszów: Gesichter der Freundschaft 43
5.2.3 Bericht aus Rzeszow: Glücksfälle 44
5.3 Germanistikstudenten aus Jasło/Krosno in Hamburg 45
5.3.1 Bericht von Germanistik-Dozenten der Fachhochschule Krosno 45
5.3.2 Bericht einer Studentin 48
5.4 Jubiläumsjahr 1997, 25 Jahre der DPG Hamburg 49
5.4.1 Die Festschrift 49
5.4.2 Die Festveranstaltung 52
5. 5 Eine besondere Hilfsaktion – Oderflut 1997 52
5.6 Umwelt und Ökologie 55
5.7 Zusammenarbeit mit den Hamburger Institutionen und Organisationen 57
6. Polen in der EU – neue Chancen im deutsch-polnischen Dialog…………………………..60
6.1 Jahreskongresse der DPG Bundesverband und 2007 in Hamburg 60
6.2 Praktikantenprogramme – Initiative zum praktischen Erfahrungsaustausch 61
6.3 Die Stellungnahme zur Frage eines Zentrums gegen Vertreibung 63
6.4 Studienreisen 65
6.5 Neues aus Polen 68
6.6 Mein „Goldenes Buch“ 73
6.7 Besondere Ehrungen unserer Mitglieder 82
6.7.1 Verdienstorden der Republik Polen verliehen an Mitglieder der DPG Hamburg 83
6.7.2 Matthiae-Mahl 2009 84
7. Aktivitäten der DPG Hamburg………………………………………………………………86
7.1 Aktivitäten im Bildungsbereich 86
7.1.1 Schüleraustausch 86
7.1.2 Lehrerstudienfahrten des Instituts für Lehrerfortbildung (IfL) 87
7.1.3 Fortbildung für Deutschlehrer 88
7.1.4 Gemeinsame Lehrerseminare 89
7.2 Sportbegegnungen 90
7. 3 Aktivitäten im Kulturbereich 91
7.3.1 Ausstellungen (exemplarische Beispiele) 91
7.3.2 Lesungen………………………………………………………………………………96
7.3.3 Musikveranstaltungen…………………………………………………………………97
8. Im Netzwerk der DPG………………………………………………………………………101
8.1 Der Ost-West-Kreis………………………………………………………………………101
8.2 „Wer seinen Nachbarn kennt, kann auf Vorurteile verzichten“….………………………102
8.3 Leben im Glas, Irena-Sendler-Schule………………………….…………………………105
9. Die Mitgliedschaft und die Vorstandsarbeit………………………………………………108
9.1 Aufbauphase in den 70er Jahre…………………………….……………………………..108
9.2 Konsolidierung und Änderungen in den 80er……………….……………………………109
9.3 Veränderungen nach 1990………….……………………….…………………………….110
9.4 Der Vorstand heute………………………….……………….……………………………112
GEDENKEN……………………………………………………………………………………116
AUTOREN……………………………………………………………………………………..117
LITERATURLISTE…………………………………………………………………………..117
ANHANG 1…………………………………………………………………………………….118
ANHANG 2…………………………………………………………………………………….119

1. Einleitung

Vierzig Jahre liegen hinter der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, die – fast zur gleichen Zeit wie Schwestergesellschaft in Kiel – am 5. Juli 1972 als gemeinnütziger Verein gegründet wurde. Das sind 40 Jahre Arbeit unter sich ständig ändernden politischen Konstellationen, immer mit dem Ziel, Kontakte zu den Menschen in Polen herzustellen, um gemeinsam und partnerschaftlich neue Wege im Zusammenleben der beider Völker zu verwirklichen, trotz mancher Widerstände der jeweils Regierenden. Hunderte von Hamburgerinnen und Hamburgern engagierten sich über 40 Jahre für die völkerverbindende Arbeit, viele Vorstandsmitglieder leisteten Tausende von ehrenamtlichen Stunden, Hunderttausende in Deutschland und Polen erhielten durch die Aktivitäten der Gesellschaft die Möglichkeit, sich über das jeweilige Nachbarland zu informieren, die Nachbarn kennenzulernen und damit eine Basis für eine gemeinsame Zukunft in Europa zu schaffen.

Letztendlich war der Deutsch-Polnische Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Beziehungen aus dem Jahr 1991 auch ein Ergebnis unserer Arbeit und der mittlerweile zahlreichen anderen deutsch-polnischen Gesellschaften in der Bundesrepublik, von denen sich über 50 im Bundesverband zusammengeschlossen haben. Wir haben mit unserer Arbeit, u.a. mit dem deutsch-polnischen Magazin „Dialog“, vertrauensbildend gewirkt, was insbesondere vor dem Hintergrund der leidvollen deutsch-polnischen Geschichte in unserer jüngsten Vergangenheit von großer Bedeutung war und ist. „Man darf die Vergangenheit nicht verharmlosen – aber trotzdem sollte man mehr über eine gemeinsame Zukunft reden“. Nach dieser Erkenntnis handelnd, entstanden die DPG Hamburg und viele weitere deutsch-polnische Gesellschaften in anderen Städten, die seitdem eine sehr erfolgreiche politische und kulturelle Arbeit leisten. „Es gibt in den letzten Jahren kein anderes Nachbarvolk, an dem ein so umfassendes Interesse gezeigt wurde wie am polnischen Volk. Allerdings der Nachholbedarf war hier auch gewaltig“ (Wolfgang Plat, 1980, 203).

Es hat sich so über die Jahre ein umfassender deutsch-polnischer Dialog mit konkreten Projekten der Zusammenarbeit entwickelt, die Tausende von Polen und Deutschen mit dem jeweiligen Nachbarland in Verbindung brachte. Dauerhafte Freundschaften haben sich als Ergebnis dieser zielgerichteten Arbeit wie selbstverständlich ergeben.

Unsere Arbeit für die Verständigung mit dem Nachbarland wurde von der Freien und Hansestadt Hamburg leider nicht immer angemessen gewürdigt. Die fehlende Städtepartnerschaft mit einer polnischen Stadt ließ uns wenig Spielraum und gestaltete die Rahmenbedingungen ungünstig. Es gab aber auch positive Erfahrungen. Für einige herausragende Aktivitäten haben die Präsidenten der Hamburgischen Bürgerschaft und des Hamburger Senats die Schirmherrschaft übernommen: für die Polnischen Tage 1971 in Hamburg übernahm Peter Schulz die Schirmherrschaft. Ihm folgte Hans-Ulrich Klose für die „Polnischen Tage ´75“ und für die “Hamburger Tage 77“ in Danzig/Gdańsk und den „Polnischen Herbst ´81“. Über ein Jahrzehnt später übernahm Bürgermeister Dr. Hennig Voscherau die Schirmherrschaft für die „Polnischen Tage 1993“ des Generalkonsulats der Republik Polen, Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape für das 25. Jubiläum der Gesellschaft im Jahre 1997 und Bürgermeister Ortwin Runde für die „Polentage 1999“ der Neuen Gesellschaft. Jetzt hat Bürgermeister Olaf Scholz uns die Ehre erwiesen und die Schirmherrschaft für unser Jubiläum übernommen.

Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg ist seit ihrer Gründung sehr eng mit der Hamburgischen Bürgerschaft verbunden. Fast könnte man sie als „ein Kind der Bürgerschaft“ bezeichnen, wie die Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape es ausdrückte.

Der in dieser Festschrift vorgenommene Rückblick auf die vierzigjährige Geschichte der DPG Hamburg beruht für die ersten 25 Jahre im Wesentlichen auf den Beiträgen von Dr. Hanno Jochimsen und Gerd Hoffmann aus der Festschrift zum 25. Jubiläum 1997; ihre akribisch verfasste Dokumentation der deutsch-polnischen Freundschaft ist für uns ein bleibendes Vermächtnis.

Ich danke an dieser Stelle allen, die Berichte über unsere Gesellschaft und die gemeinsamen Aktivitäten, Erfahrungen und Erlebnisse verfasst haben. Hervorheben möchte ich vor allem unseren Ehrenvorsitzenden, Gerd Hoffmann, der zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft gehört und immer noch aktiv mitarbeitet. Er hat auch mehrere Beiträge für diese Schrift geschrieben.

Ein besonderer Dank gilt unserem Ehrenmitglied, Jan Dolny, dessen „Goldenes Buch“ sich als einmalige Dokumentation der Gäste zahlreicher Begegnungen in Hamburg und Polen erwies, deren Namen sonst in Vergessenheit geraten würden.

Dank ebenfalls unseren bewährten Freunden in Rzeszów und Krosno, die mit spürbarer Wärme über unsere Begegnungen und Zusammenarbeit berichtet haben.

Meinem Mann, Hans-Rainer Krizak, und meinen Vorstandsfreunden, Wolfgang Madlung, Aleksandra Jeszke-Zillmer und Hartwig Zillmer und Herbert Stelter, danke ich für ihre Unterstützung, ohne die diese Festschrift nicht zustande gekommen wäre.

Viola Krizak
August 2012
2. Die Entstehung der DPG Hamburg

Blicken wir zurück auf die Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen vor der Gründung der Gesellschaft: In den Zeiten des Kalten Krieges wurde die deutsch-polnische „Versöhnung“ zu einem Schlüssel, um die weltanschaulich zementierte politische Teilung(in Europa) zu überwinden. Versöhnung bezieht sich auf gemeinsame Werte, die Menschen und Gesellschaften verbinden. Sie ist eine ideelle Brücke, die zu neuen Orientierungen und politischen Haltungen anregt und damit Gesellschaft und Politik beeinflusst (Stephan Raabe, 2010, 11). Trotz der gemeinsamen Werte war die politische Situation am Ende der 60er Jahre schwierig und bildete keine günstigen Bedingungen für den Bau einer deutsch-polnischen Verständigungsbrücke über die Blockgrenzen hinweg. Die sowjetischen Truppen besetzten halb Europa und die Volksrepublik Polen befand sich in einer tiefen politischen und ökonomischen Krise. Trotz der ungünstigen Bedingungen gab es einen kleinen Kreis von Hamburgerinnen und Hamburgern, die auf verschiedenen Ebenen deutsch-polnische Kontakte entwickelt und gepflegt haben. Zu diesem Kreis gehörten u.a. Mitglieder der Deutschen Beamtenbund-Jugend Hamburg, die erstmals 1965 eine Studienfahrt nach Warschau durchgeführt hatten. Ab 1968 bis Mitte der 70er Jahre folgten jährlich weitere Bildungsurlaubsreisen junger Mitarbeiterinnen mit Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes(Gerd Hoffmann, 2005, 275).

Im Rahmen einer jugendpolitischen Zusammenarbeit der Hamburger Gewerkschaftsjugendorganisationen von DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund), DAG (Deutsche Angestelltengewerkschaft) und DBB (Deutscher Beamtenbund) im „Aktionszentrum Hamburger Jugendverbände“ wurde im Frühjahr 1970 im Hamburg-Haus Eimsbüttel die Ausstellung „25 Jahre Polens West- und Nordgebiete“ präsentiert, die von der Aktion Sühnezeichen bereit gestellt und von Senator Helmuth Kern eröffnet wurde. Das „Aktionszentrum Hamburger Jugendverbände“ war auch Veranstalter der ersten „Polnischen Tage“ in Hamburg, die im Frühjahr 1971 mit über 70 Veranstaltungen stattfanden und von einem Ende Oktober 1970 gegründeten „Arbeitskreis Polen“ vorbereitet wurde. Das ist die eigentliche Geburtsstunde der Deutsch-Polnischer Gesellschaft Hamburg.

Diese Veranstaltungsreihe wurde möglich, weil die kommunistischen Machthaber in Warschau vor allem wirtschaftliche Kontakte zur Bundesrepublik suchten. Dieser Umstand wirkte sich positiv auf die neue Ostpolitik Bonns nach 1970 sowie auf die Arbeit der deutsch-polnischen Initiativen aus. Nach dem Scheitern des totalitären Herrschaftsmodels im Sowjetblock 1956 versuchten die polnischen Kommunisten durch Liberalisierungsmaßnahmen die Stabilisierung ihres autoritären Herrschaftssystems zu erreichen. Politisch erhofften sie sich dabei die Unterstützung von breiteren Gesellschaftsgruppen sowie die Verbesserung der ökonomischen Leistungsfähigkeit des Landes. Die diktatorische Monopolstellung der prosowjetischen Einheitspartei im Staat und in der Gesellschaft durfte allerdings trotz aller Maßnahmen nicht in Frage gestellt werden (Basil Kerski, 2007).

Ziel der „Polnischen Tage1971“ war das Nachbarland Polen ins Bewusstsein der Menschen bei uns zu bringen und den gerade unterzeichneten „Warschauer Vertrag“ zwischen den beiden Ländern mit Leben zu erfüllen, um damit die Bemühungen von Bundeskanzler Willi Brandt zur Aussöhnung, Verständigung und Zusammenarbeit zu unterstützen. Die Bürgerinnen und Bürger Hamburgs sollten die Möglichkeit erhalten, das Nachbarland und seine Menschen näher kennen zu lernen. Der „Warschauer Vertrag“ war ein völkerrechtlich verbindliches Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen, der in Polens Hauptstadt am 7. Dezember 1970 unterzeichnet und am 17. Mai 1972 vom Deutschen Bundestag ratifiziert wurde (BGB. 1972 II, S. 362 ff.).

Unter diesen Rahmenbedingungen entwickelten sich insbesondere im norddeutschen Raum einige bürgerliche Initiativen, die allerdings nur einen kleinen Teil der Bevölkerung erreichten konnten. Der „Arbeitskreis Polen“ arbeitete bis zur Gründung der DPG Hamburg und organisierte gemeinsam mit dem „Aktionszentrum Hamburger Jugendverbände“ eine Reihe von Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen sowie Studienfahrten nach Polen. Seine Arbeit wurde von der Journalistin und Schriftstellerin Annaliese Wulf und dem ehrenamtlichen Geschäftsführer der DBB-Jugend Hamburg, Gerd Hoffmann, geleitet. Nach den erfolgreichen „Polnischen Tagen 1971“ beabsichtigten sie, die Arbeit des „Arbeitskreis Polen“ auf eine breitere gesellschaftliche Basis stellen und initiierten die Gründung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg (Gerd Hoffmann, 2005, 275 ff).

Hanno Jochimsen, der Nachfolger des Gründungsvorsitzenden Vorsitzenden der Deutsch-Polnischer Gesellschaft Hamburg, Pastor Hans Mohn MdBü, berichtet: „Im Januar 1971 – wenige Wochen nach der Unterzeichnung des Warschauer Vertrags im Dezember 1970 – standen unangemeldet Gerd Hoffmann und Friedrich Riethmüller in meinem Zimmer im Rathaus und erklärten, soeben hätte der damalige Zweite Bürgermeister und Schulsenator Peter Schulz die Schirmherrschaft über die bald zu veranstaltenden „Polnischen Tage“ übernommen. Es sei nun meine Pflicht als stellvertretender Pressesprecher, ihnen bei der Pressearbeit zu helfen. Es war der Anfang einer wechselvollen gemeinschaftlichen Friedensarbeit. Irgendwie entstand ein Vertrauen zwischen uns. Gerade unsere so unterschiedlichen persönlichen Hintergründe ließen die Zusammenarbeit fruchtbar werden“ (Hanno Jochimsen, 1997, 8). Vorausschauend war es ihm bewusst, dass „Nationen nicht weggezaubert werden können, wie die vor uns lebende Generation wohl gemeint haben muss und dabei Völkermord als selbstverständlich ansah – dass die Polen also immer Nachbarn der Deutschen und die Deutschen selber nur eine begrenzte – wenn auch unbestimmte – Zeit geteilt sein würden“ (Hanno Jochimsen, 1997, 8).

Im Frühjahr 1972 wandte sich der „Arbeitskreis Polen“ an die Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft Ulrich Hartmann und Hans Mohn sowie an den Wandsbeker Bezirksabgeordneten Hartwig Schröder, die gerade von einer Informationsreise durch Polen auf Einladung von „Aktion Sühnezeichen“ zurückgekehrt waren und aus ihren persönlichen Erlebnissen heraus einen Beitrag zur deutsch-polnischen Verständigung leisten wollten. Einer der wichtigsten Beweggründe für diese Initiative war, den im Dezember 1970 geschlossenen „Warschauer Vertrag“ mit Leben „von unten“ zu erfüllen. Die Arbeit des Arbeitskreises sollte auch einen verbindlichen Rahmen erhalten. Gemeinsam wurde beschlossen, eine Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg zu gründen, worauf der „Arbeitskreis Polen“ mit einer kleinen hektographierten Einladung zu einer Gründungsversammlung ins Hamburger Rathaus bat. (Gerd Hoffmann, 2005, 276)

3. Gründungsjahr 1972

„Verständigung mit Polen suchen, wollte ich nicht nur, weil ich dieses Land, seine Kultur und seine Menschen schätzen gelernt hatte, sondern auch um dem eigenen Land zu helfen. Ohne den Frieden mit Polen war kein dauerhafter Frieden für die Deutschen zu erwarten und eine Wiederholung der Ereignisse der letzten zwei Jahrhunderte – von den Teilungen Polens bis zum Vernichtungsangriff 1939 – nicht auszuschließen. Sodann konnte man beim Aufbau der Beziehungen zu Polen langfristig und in historischer Sicht etwas Sinnvolles gegen die Teilung des eigenen Landes tun“ (Hanno Jochimsen, 1997, 9). Diese Erkenntnis war wichtig und notwendig, um die weiteren Schritte zu unternehmen. So wurde die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg am 5. Juli 1972 parallel zu der an diesem Tag laufenden Bürgerschafts-sitzung gegründet.

Zu den Gründungsmitgliedern gehörten 15 Personen: Senator Dr. Hans-Joachim Seeler, die SPD Bürgerschaftsmitglieder Bodo Fischer, Ulrich Hartmann, Elisabeth Kiausch, Walter Lohmann, Hans Mohn, Elisabeth Ostermeier, Raimond Wagener, , Dr. Gerd Weiland und Heiner Widderich, sowie Gerd Hoffmann, , Friedrich Riethmüller, Hartwig Schröder, Dorothea Wick und Annaliese Wulf . Als Vorsitzender des Gründungsvorstandes wurde Pastor Hans Mohn gewählt.

Die Arbeit des Gründungsvorstandes konzentrierte sich neben der Schaffung der formalen vereinsrechtlichen Voraussetzungen und der Gewinnung der Mitglieder sehr stark auf einen öffentlichen Aufruf unter dem Titel „Friede mit Polen“ (Anhang 1). Dieser Aufruf wurde von namhaften Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Hamburg, u.a. Bürgerschaftspräsidenten Herbert Dau (Hamburger Ehrenbürger und Mitglied der Gesellschaft kurz nach ihrer Gründung), Bürgermeister Peter Schulz, Senator Helmut Kern und dem DBB-Vorsitzenden Joachim Gragert unterzeichnet. Die Erklärung entstand in der Wohnung von Annaliese Wulf, die zusammen mit Gerd Hoffmann Motor des Polnischen Arbeitskreises war. Dort wurde um eine angemessene Formulierung des Aufrufs hart gerungen und trotz der ganz unterschiedlicher politischer Ausgangspunkte Einigung erzielt. Dieser Aufruf ist neben der inhaltlichen Zielrichtung der Satzung über die Jahre bis heute Leitlinie der Deutsch-Polnischer Gesellschaft Hamburg geblieben. In die Vorbereitung der Erklärung wurde der stellvertretende Leiter der Staatlichen Pressestelle Hamburg, Dr. Hanno Jochimsen, als Medienexperte einbezogen. Diese Unterstützung war dann der Ausgangspunkt für seine jahrelange engagierte Arbeit für die deutsch-polnische Aussöhnung, Verständigung, Zusammenarbeit und Freundschaft als Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg. von 1973-1991 und von 1991-2002 als deren Ehrenvorsitzender.

Von entscheidender Bedeutung für die Arbeit der DPG Hamburg war, über alle Parteigrenzen hinweg viele Aktivitäten zu entwickeln, viele Verbindungen zwischen Polen und Hamburg herzustellen und viele Initiativen zu unterstützen. Im Verlaufe der ersten ordentlichen Mitgliederversammlung kritisierte Oswald Beck (Mitglied der CDU-Bürgerschaftsfraktion) die für ihn einseitige politische Zusammensetzung des Gründungsvorstandes. Der Verweis auf Jochimsen, der FDP Mitglied war, vermochte ihn ebenfalls nicht zu beruhigen, weil dieser doch zum Koalitionspartner in Bonn und Hamburg zählte. Die Versammlung ergriff die Chance, die CDU als eine wichtige politische Gruppe zu integrieren und wählte ihn in den Vorstand.

Zudem war die Zusammenarbeit mit dem aus Bielitz-Biala/Bielsko-Biała stammenden Oswald Beck, der sich über polnische Angehörige seiner oberschlesischen Familie empört hatte und deshalb vertrieben wurde, aber nun seinen persönlichen Frieden suchte, außergewöhnlich fruchtbar. Er kannte die polnische Psyche. Von ihm haben die ersten Vorstandsmitglieder viel gelernt (Hanno Jochimsen, 1997, 10).
Der Vorstand arbeitete harmonisch über die Parteigrenzen hinaus, nicht zuletzt auch deshalb, weil niemals Beschlüsse gefasst wurden, die die Schmerzgrenze bei einem der Mitglieder überschritten hätten.

Die historischen Dimensionen der Verständigung mit Polen und der damit verbundenen Gründung der DPG Hamburg hatten zu jener Zeit nur wenige richtig eingeschätzt – auch nicht der Erste Bürgermeister Peter Schulz – als er die vier Mitglieder des engeren Vorstands der Gesellschaft, Oswald Beck, Gerd Hoffmann, Friedrich Riethmüller und Hanno Jochimsen im Rathausehrenhof traf und fragte: „Was ist denn dies für eine seltsame Koalition?“ Und als Jochimsen bei einer späterer Gelegenheit vom gemeinsamen Engagement für den Frieden mit Polen sprach, antwortete der Bürgermeister etwas leise: „Es sind doch alles Bolschewisten – was wollen Sie da?“ (Hanno Jochimsen, 1997, 9)

Diese Erinnerungen von Hanno Jochimsen verdeutlichen ebenfalls, dass bald nach Gründung der Gesellschaft sich Mitglieder aller drei damals im Deutschen Bundestag und in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenden Parteien zusammenfanden, um Wege der Friedensgestaltung mit Polen über die Parteigrenzen hinweg zu suchen. Sie fanden sich zu gemeinsamer Arbeit bereit, um einen Konflikt überwinden zu helfen, der damals genau 200 Jahre alt war. Als Leitmotiv galt damals die Überzeugung, dass das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen nicht Gegenstand innenpolitischer Konfrontation sein durfte. Die unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen in der Volksrepublik Polen und der Bundesrepublik Deutschland durften keine Ausrede dafür sein, nicht für die Verständigung zwischen Polen und Deutschen zu arbeiten. Die historischen Fehler des nicht miteinander Sprechens, des nicht aufeinander Zugehens, die schließlich im Inferno des 2. Weltkrieges endeten, durften sich nicht wiederholen. Wenn der Friede in Europa gesichert werden sollte, dann war ein erträgliches Verhältnis zwischen Polen und Deutschen eine wesentliche Voraussetzung.

In der Gründungsphase der Gesellschaft gab es den Versuch, die Hamburger Initiative als Untergliederung in die damals bereits existierende Deutsch-Polnische Gesellschaft Düsseldorf (später mit Alleinvertretungsanspruch: Deutsch-Polnische Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland) zu integrieren. Auf die Integration wurde nach gründlicher Prüfung aber auch aus Furcht vor Überfremdung und Beeinträchtigung der regionalen Interessen verzichtet. Dabei hat eine Steuerung der Düsseldorfer Gesellschaft durch DKP-nahe Kader durchaus eine Rolle gespielt.

Da der „Warschauer Vertrag“ innenpolitisch sehr umstritten war und von der CDU/CSU auf Bundesebene nicht akzeptiert wurde, erschienen in der Hamburger Presse, die durch die Springer-Medien sehr einseitig gegen die Ostpolitik Willi Brandts geprägt war, im Gründungsjahr 1972 nur zwei kurze Artikel über die Deutsch-Polnische Gesellschaft publiziert. Im ersten vom 1. August hieß es: „Eine deutsch-polnische Gesellschaft, die eine Verständigung zwischen der Volksrepublik Polen und der Bundesrepublik Deutschland anstrebt, ist in Hamburg gegründet worden. Erster Vorsitzender wurde der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Pastor Hans Mohn. Die Gesellschaft ist aus dem deutschpolnischen Arbeitskreis entstanden, der seit längerer Zeit in Hamburg tätig ist. Im November soll in einer zehntägigen Veranstal-tungsreihe das Thema „Polen in Literatur und Schulbuch der Bundesrepublik“ behandelt werden.“

In dem 2. Bericht vom 28.11.1972 ging das Hamburger Abendblatt etwas stärker auf die Arbeitsinhalte ein:
„Die kürzlich gegründete Deutsch- Polnische Gesellschaft Hamburg, deren Erster Vorsitzender der SPD- Bürgerschaftsabgeordnete Pastor Hans Mohn ist, will vor allem Kontakte zwischen jungen Menschen beider Völker knüpfen. Vorgesehen sind ein Informationsaustausch, polnische Ausstellungen, kulturelle Veranstaltungen, Sprachkurse in Hamburg und Studienreisen nach Polen. Ferner strebt Pastor Mohn die Einrichtung eines Informationszentrums und die Partnerschaft zwischen Hamburg und einer polnischen Stadt an. Am 30. November will sich die Deutsch-Polnische Gesellschaft um 20 Uhr in den Räumen der Neuen Gesellschaft, Rothenbaumchaussee Nr. 19 vorstellen. Ein Beauftragter der polnischen Botschaft in Köln hat sein Erscheinen zugesagt.“

Auch in den Folgejahren war das Interesse der Springer-Presse an der Arbeit der DPG Hamburg sehr gering; es erschienen kaum Hinweis auf oder redaktionelle Beiträge über durchgeführte Veranstaltungen. Die „Ostpolitik“ und alle damit in Zusammenhang stehenden völkerverbindenden Aktivitäten passten offensichtlich nicht in das verlegerische Konzept.

4. Handeln in der kommunistischen Realität, 1972-1989

Gesellschaftliches Engagement im deutsch-polnischen Bereich war für viele Westdeutsche in den 70er und 80er Jahren die beinahe einzige Möglichkeit der Zusammenarbeit zwischen den politischen Machtblöcken. Die Deutsch-Polnischen Gesellschaften repräsentierten vor 1989 somit nicht nur das bilaterale Verhältnis, sie waren vielmehr wichtige Protagonisten des gesamten Ost-West-Dialogs. Sie lieferten Hinweise, dass der europäische Einigungsprozess nur mit den auf der Regierungsebene geschlossenen Verträgen unvollkommen blieb und durch direkte Kontakte zwischen den Menschen mit Inhalten gefüllt werden musste. Die mit den westeuropäischen Nachbarn abgeschlossenen Vereinbarungen berührten nur einen Teil Europas und waren damit für ein „europäisches Haus“ nicht ausreichend. Diese gesamteuropäische Haltung führte viele junge Menschen ohne familiären Bezug zu Polen in die Deutsch-Polnischen Gesellschaften. Neben den Befürwortern der neuen Ostpolitik und des europäischen Dialogs zwischen den Systemblöcken zogen die Gesellschaften auch die in der Bundesrepublik lebenden Polen sowie Deutsche mit familiären Wurzeln im östlichen Europa, also auch viele vertriebene Deutsche, an. (Basil Kerski, 2007, 8)

In den Jahren 1972 bis 1980 entstanden überwiegend im norddeutschen Raum 19 Deutsch-Polnische Gesellschaften. (Wolfgang Plat, 1980, 301f). Was tut man aber nun mit einer Gesellschaft, die Beziehungen zu Polen will, wenn es keinen Ansatz gibt, im durch die DDR abgeschirmten Nachbarland überhaupt gehört zu werden? Nach den 25 Jahren des Schweigens von 1945 bis 1970 zwischen beiden Völkern, der „Hallstein-Doktrin“, dem durch geschichtliche Erfahrungen vor allem in Polen geprägten und verständlichen Misstrauen und den Unterschieden in den Gesellschaftsordnungen, gab es keine eingefahrenen Wege, auf denen sich so einfach Kontakte knüpfen ließen.

Der neue Vorstand der DPG Hamburg, allen voran sein unermüdlicher Geschäftsführer Gerd Hoffmann, machte sich daran, zu jeder Gruppe aus Polen, die Hamburg besuchte, Kontakt aufzunehmen und sie zu einem Gespräch einzuladen und dabei die Gesellschaft vorzustellen. Dieses Vorgehen trug nach einiger Zeit Früchte. Irgendwie hatte es sich wohl in Polen herumgesprochen, dass es da in Hamburg eine bemerkenswerte Gruppe gab, die mit ihnen Kontakt suchte.

Auch vor Ort in Hamburg gab es Handlungsmöglichkeiten und die Notwendigkeit, etwas für die hier lebenden Aussiedler zu unternehmen. Hanno Jochimsen berichtet über die Anfänge seiner Arbeit: „Kurze Zeit nach meiner Wahl zum Vorsitzenden erreichte mich die Bitte eines mir bis dahin unbekannten Jan Dolny, ihm bei der Ausrichtung einer deutsch-polnischen Veranstaltung in der katholischen Kirche in Hamburg-Hamm zu helfen. Ich bot ihm einen Vortrag mit Dias an, die ich während einer der ersten Polenreisen mit „Dr.Tigges“ im Juni 1971 aufgenommen hatte. Es war eine der ersten in das Nachbarland überhaupt gewesen, und Dias über Polen hatten Seltenheitswert. Was ich jedoch in Hamm antraf, hat mich tief erschüttert: Der erst 1957 nach seiner polnischen Schulausbildung aus Schlesien ausgesiedelte Schiffbauer Jan hatte es aus eigener Berufung übernommen, die neuen Generationen von ausgesiedelten Jugendlichen zu betreuen, die im Aufnahmelager Finkenwerder lebten. Nun waren sie für einen Nachmittag nach Hamm gekommen und hatten in einem Kellerraum der Kirche eine Ausstellung von Postkarten arrangiert. Für jede der damaligen Woiwodschaften war eine kleine Kabine geschaffen worden, in der die nur polnisch sprechenden Deutschen jeweils „ihre“ Woiwodschaft mit Postkarten dargestellt hatten. Auf der anderen Seite des Kellergangs machten sich der polnischen Minderheit angehörende und unter sich nur deutsch sprechende Jugendliche für einen Volkstanzauftritt mit ihrer Billstedter Gruppe „Krakowiak“ fertig. Über den Kellergang fanden keine Gespräche statt. Die Atmosphäre war voller Hass. Man hörte Warnungen vor einander – in Deutsch vor den Deutschen, in Polnisch vor den Polen. Eine seltsame Welt, die jedoch die Beziehungen zu Jan Dolny auf der einen Seite – der bald ein Mitstreiter in der Gesellschaft wurde – und zur polnischen Minderheit andererseits wachsen ließ. Das Erlebnis zeigte, welche Aufgaben uns in Hamburg erwarteten“. (Hanno Jochimsen, 1997, 10)

4.1 Die ersten Gäste aus Polen

Da die DPG auf der polnischen Seite keine Ansprechpartner hatte, konnten sie an die Kontakte anknüpfen, die Otto Wagner als stellvertretender Leiter des Studienseminars und späteren Instituts für Lehrerfortbildung geschaffen hatte. Mit der polnischen Lehrergewerkschaft wurde der jährliche Austausch von Reisegruppen zwar schon 1964 vereinbart, aber erst Anfang der 70er Jahre realisiert. Die Vorstandmitglieder gaben für die polnische Reisegruppe einen Empfang, den ersten, aus dem sich eine jahrelange Tradition entwickelte. Lehrer sind schließlich für das Verhältnis zwischen Völkern ganz besondere Multiplikatoren.

Geholfen hat ebenfalls die Katholische Akademie Hamburg mit ihrem Direktor Günter Gorschenek, der die Vorstandsmitglieder oft einlud, wenn er polnische Gäste hatte. Die Akademie war, wie es sich bald herausstellte, der Anlaufpunkt für den nach oder über Hamburg reisenden polnischen Klerus. Unter den Gästen waren ebenfalls häufig Professoren der Katholischen Universität Lublin, unter ihnen die Professoren Nossol, der spätere Erzbischof von Oppeln/Opole und Władyslaw Bartoszewski, der ehemalige polnische Außenminister und heutige Beauftragter der polnischen Regierung für die polnisch-deutsche Zusammenarbeit.
4.2 Die erste Reise nach Polen

Ein anderer Ansatzpunkt, die Aufgaben der Gesellschaft zu erfüllen, war, die Hamburger Bürgerinnen und Bürger, mit dem Nachbarland, seinen Menschen, seinen Problemen, seiner Geschichte und ebenfalls den erschreckenden Hinterlassenschaften des Nazi-Terrors vertraut zu machen. Im politischen Bereich wurde diskutiert, dass es nicht nur Reisen des damaligen Kuratoriums für staatsbürgerliche politische Bildung nach Israel, sondern auch solche nach Polen geben sollte. Schließlich würden sich die dortigen Verhältnisse im gleichen Maße auf die innerhamburgische Politik auswirken, wie die in Israel. Der Vorstand beschloss deshalb, sich mit einem ansehnlichen Kontingent von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Fahrt des Kuratoriums für politische Bildung nach Polen zu beteiligen, um Erfahrungen für künftige Reisen zu sammeln.

Die Route führte über Breslau und Krakau nach Warschau und über Posen zurück nach Deutschland. Hanno Jochimsen als Reiseleiter stieß auf große Widerstände beim ersten politischen Treffen im Kloster von Tschenstochau/Częstochowa. Wer die Volksrepublik Polen etwas kannte, wusste, dass hier die damals einzige Opposition saß, mit der man sprechen konnte, wenn man in die Klausur des Klosters eingelassen wurde. Vorbereiten ließ sich ein solcher Besuch nicht, denn die Telefone wurden selbstverständlich abgehört. In das Programm konnte ein solcher Besuch auch nicht aufgenommen werden, weil man nicht wusste, ob das Kloster einen aufnehmen würde, und weil ein solcher Programmeintrag die Gesprächspartner gefährdet hätte. Bemerkenswert wie leicht es war, vor dem Klausurbesuch den polnischen Begleiter unter einem fadenscheinigen Vorwurf „los zu werden“ und wie schwer es war, einige der eigenen Teilnehmer zu beruhigen. Aus grundsätzlichen Gründen lehnten sie jede Art von Weihrauch und Berührung mit der katholischen Kirche ab und empfanden es als eine Zumutung, von dem konfessionsneutralen Kuratorium in ein Kloster „verschleppt“ zu werden. Wer jedoch teilnahm, erfuhr etwas über die Akzeptanz oder besser die Nichtakzeptanz, des Regimes durch die Bevölkerung, denn das Kloster verfügte über eine effiziente soziologische Forschungsabteilung. Bei ihren Befragungen konnte sie auf alle Kirchengemeinden des Landes zurückgreifen.

Mehr und mehr bestürzt von dem, was sie während der Fahrt erlebten, war das Ehepaar Lisi und Adolf Vogel. Sie hatte schon seit einiger Zeit vergeblich versucht, für die Hamburger Frauenverbände eine Fahrt nach Polen zu organisieren, was ihr aber stets von der polnischen Botschaft in Köln abgelehnt wurde. Er, der Historiker, erfuhr, wie sehr die gemeinsame Geschichte das Deutschlandbild der Polen prägte, und wie wenig über die polnische Geschichte von seiner Generation gelehrt wurde. Beide haben sich danach intensiv der Arbeit der Gesellschaft gewidmet. Frau Vogel war immer einsatzbereit im Vorstand und Herr Vogel hielt mehrere Vorträge zur polnisch-deutschen Geschichte.

In Warschau wurde die Gruppe im Außenministerium empfangen, wo der zuständige Abteilungsleiter einen Vortrag über die polnische Deutschlandpolitik hielt. Verblüfft war Hanno Jochimsen, als er von drei Objekten dieser Politik sprach, nämlich der DDR, der Bundesrepublik und „Deutschland als Ganzem“, ein Begriff, der im Ostblock eigentlich verpönt war. Irgendwie muss der Diplomat seiner Zeit zu weit voraus gewesen sein, denn kurze Zeit später wurde er als Botschafter nach Tunis versetzt. Besuche im polnischen Außenministerium sollten in den nächsten zehn Jahren an der Tagesordnung bleiben. Schließlich wurde dort bestimmt, ob und zu welchen Zwecken die Deutschen einreisen durften, denn Einreisevisum zu erhalten, war in diesen Zeiten keine Selbstverständlichkeit.

Regelmäßig wurde auch die Botschaft der Bundesrepublik im Stadtteil Praga besucht, zum einem um sich zu informieren und zum anderen um keinen Verdacht im eigenen Land aufkommen zu lassen. Während dieser ersten Reise gab es ein Treffen mit dem jungen Legationsrat Frank Elbe, damals zweiter Sekretär an der Botschaft, der es später bis zu den höchsten Positionen im Auswärtigen Amt geschafft hat. Im kleinen Kreis sagte er damals: „Sie werden es schwer haben, Gesprächspartner in diesem Land zu finden.“ Ein Satz, der Hanno Jochimsen sehr in Erinnerung geblieben ist, weil er nicht nur unsere Situation, sondern in jener krisenhaften Zeit (Helsinki mit dem Schmidt-Gierek Abkommen war noch fern), ebenfalls die Botschaft betraf. In den nächsten Jahren wurde immer wieder dafür gesorgt, sehr zum Leidwesen unserer oft frustrierten polnischen Partner, dass Vertreter der Botschaft an den Gesprächen teilnahmen. (Hanno Jochimsen, 1997, 12-13)

4.3 Hilfreicher Gesprächspartner

Im April 1974 tauchte mit Józef Dubiel, dem damaligen Generalsekretär von Interpress in Warschau, ein sehr kompetenter Gesprächspartner auf. Er war nach Hamburg als Gast von Internationes e.V. (Bonn), gekommen, einem Verein im Einflussbereich des Auswärtigen Amtes. Und Interpress erfüllte teilweise die gleichen Aufgaben auf polnischer Seite. Dubiel kam wie viele von der Bundesregierung eingeladene journalistische Gäste damals zu Hanno Jochimsen in die Staatliche Pressestelle ins Rathaus. Er wusste aber genau, dass er ebenfalls den Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg vor sich hatte. Sie sprachen über das Projekt „Polnische Tage in Hamburg“, das kurz zuvor im Namen einer anderen Deutsch-Polnischen Gesellschaft an die Senatskanzlei herangetragen worden war. Die Senats-kanzlei hatte aber einige Vorstandsmitglieder der DPG zum Gespräch hinzugezogen und darauf bestanden, es nur mit der heimischen Gesellschaft durchführen zu wollen. Nun war es irgendwie liegen geblieben. Hanno Jochimsen berichtet: “Nach dem Besuch begleitete ich Dubiel, um besonders höflich zu sein, zu seinem nächsten Termin ins Spiegel – Haus. An einer Straßenkreuzung auf „grün“ wartend und im großen Lärm fragte er mich, ob ich denn die „Polnischen Tage in Hamburg“ wolle. Was ich bejahte, worauf er mir andeutete, dass ich aus Polen hören würde. Unmittelbar kamen mir die äußeren Umstände dieses Frage- und Antwortspiels seltsam vor. Heute scheint es so, als ob es irgendwie „abhörsicher“ sein sollte. In der Tat wurden wir von unserem Verfassungsschutz in den nächsten Jahren immer wieder vor dem „Geheimdienstler“ Dubiel gewarnt. Eingedenk der Aussage, wir würden es schwer haben, überhaupt Gesprächspartner in der Volksrepublik Polen zu finden, hielt der Vorstand den Arbeitskontakt mit Józef Dubiel über lange Zeit aufrecht.“

Das war ein Balancieren in mehrfacher Hinsicht. Dem Vorstand und erst recht den Mitgliedern konnte man nichts von den Warnungen des Verfassungsschutzes sagen, denn der hatte sich natürlich Diskretion erbeten. Auf der anderen Seite war dies der einzige reale Gesprächspartner, die man sich damals bekanntlich in Polen nicht aussuchen konnte. Hanno Jochimsen fühlte sich bestärkt, weil er bei Józef Dubiel spürte, dass er aus ganz persönlichen Gründen zur Verständigung zwischen Polen und Deutschen beitragen wollte und das Treffen diesem Ziel diente. Er förderte die gemeinsamen Projekte mit der DPG Hamburg auf eine bemerkenswerte Art und Weise gegen viele innerpolnische Widerstände.

Interpress blieb durch viele Jahre Ansprechpartnerin für unsere Gesellschaft. Dieses Verhältnis blieb immer zwiespältig, schon weil sich die Verquickungen dieses Instituts und Józef Dubiel in einer Person mit Staat und Partei nicht überblicken ließen. Aber selbst wenn man hiervon absah, konnte ein dauerhaftes Gespräch zwischen ehrenamtlich engagierten Bürgern einerseits und Beamten andererseits nicht Bestand haben. Auch wenn es durchaus nicht unproblematisch war, so hatte die DPG wenigstens einen Ansprechpartner in Warschau.

4.4 Zusammenarbeit mit den Deutsch-Polnischen Gesellschaften Norddeutschlands

Das Schicksal, Schwierigkeiten beim Aufbau von Beziehungen nach Polen zu haben, teilte die DPG Hamburg mit den in Norddeutschland existierenden Gesellschaften gleichen Namens. Es gab außer der DPG Hamburg die Deutsch-Polnischen Gesellschaften in Kiel (gegründet am 24.05.1972), Lübeck und Bad Segeberg. Einige ihrer Vorstandsmitglieder hatten an der ersten Polenreise der Hamburger Gesellschaft im Jahre 1973 teilgenommen, so dass eine Atmosphäre des Vertrauens entstanden war. Sehr bald nach der Rückkehr wurde beschlossen, sich regelmäßig zu treffen, um gegenseitig über die vorhandenen Kontakte nach Polen zu unterrichten und um eventuelle polnische Gäste von Gesellschaft zu Gesellschaft weiterzureichen. Es sollte so etwas wie einen Ersatz für fehlende Verbindungen zu Polen bilden. Die norddeutschen Gesellschaften fanden sich 1973 zu einer losen Arbeitsgemeinschaft zusammen, die sich vierteljährlich in Bad Segeberg traf. Die gemeinsamen Sitzungen der Vorstände der Gesellschaften taten über die Jahre der Zusammenarbeit gut, bereicherten das Programm aller Gesellschaften und halfen, alle Aktivitäten in Polen bekannt zu machen. Diese Initiative funktionierte über viele Jahre sehr gut und wird trotz der neuen Möglichkeiten in der Kommunikation bis heute fortgesetzt. Die Treffen fanden ein- bis zweimal im Jahr statt. Die jahrzehntelange Tradition wird in dieser Form bis heute fortgesetzt. Das letzte Treffen fand am 24. März 2012 in Bremen statt.

Als die norddeutschen Gesellschaften Ende 70er Jahre in Göttingen die Initiative ergriffen, ein deutsch-polnisches Jugendwerk nach dem Vorbild des Deutsch-Französischen Jugendwerks zu gründen und dann in Hamburg die Gründungssatzung verabschiedet war sowie die notarielle Beurkundung unmittelbar bevor stand, wurden die Gesellschaften von der Botschaft der Volksrepublik Polen massiv kritisiert und diese Gründung als unfreundlicher Akt gegenüber Polen bezeichnet. Anschließend wurden die Gesellschaften von der polnischen Seite (Botschaft und West-Institut Posen/Poznań) aufgefordert, Aktivitäten Richtung Polen nur noch über die DPG der Bundesrepublik Deutschland oder über das Westinstitut in die Wege zu leiten. Dieser massive Eingriff in ihre Eigenständigkeit wurde von den Gesellschaften entsprechend deutlich zurückgewiesen (Gerd Hoffmann, 2005, 276 f).

4.5 Deutsch – Polnische Großveranstaltungen

Die Vorbereitung und Durchführung der Großveranstaltungen der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg zwischen 1971 und 1981 waren durch die ehrenamtlichen Engagements der Vorstandsmitglieder der Gesellschaft geleistet. Der Abbau von Vorurteilen auf beiden Seiten bestimmte vielfach die Arbeitsgespräche mit offiziellen Stellen, aber auch mit Institutionen und Organisationen. Zudem galt es häufig, Misstrauen auf polnischer Seite in intensiven Gesprächen zu beseitigen, was durch den häufigen Wechsel handelnder Personen bei den polnischen Partnern zusätzlich erschwert wurde. Einzige Möglichkeit der Begegnung mit der polnischen Realität und polnischen Bürgern waren bilaterale Veranstaltungen, die die DPG bzw. ihre Vorgängerorganisationen schon seit 1971 organisierten. Erst nach Einrichtung des polnischen Konsulats 1991 übernahmen die Diplomaten die Organisation polnischer Tage, wie z. B. 1993 in Hamburg und anderen Orten im norddeutschen Raum.

4.5.1 Polnische Tage 1971 in Hamburg

Die „Polnischen Tage ’71“, die unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Peter Schulz standen, zeichneten sich dadurch aus, dass mit einer solchen großen polnischen Präsentation Neuland beschritten wurde. Durch einen Zuschuss des Hamburger Senats in Höhe von fast 50.000 DM konnte das anspruchsvolle Programm vom 25.03.- 4.04. 1971 realisiert werden. An den über 70 öffentlichen und ge-schlossenen Veranstaltungen, für die mit 3.000 Plakaten und 20.000 Broschüren öffentlich geworben wurde, haben sich über 10.000 Hamburgerinnen und Hamburger beteiligt; damit wurde der Hamburger Bevölkerung erstmals die Möglichkeit gegeben, sich umfassend über Polen zu informieren.

Die Hamburger Presse berichtete ausführlich über das Ereignis. „Die Hamburger Morgenpost“ vom 26.März 1971 schrieb: „(…)In seiner Eröffnungsansprache richtete Bürgermeister Peter Schulz ein Dankeschön an die junge Generation als Initiatoren dieses kleinen „Völkertreffens“. Schulz hielt es für schwer, auf der Grundlage des schlechten Gewissens eine wirklich normale Beziehung aufzubauen. Er erklärte: „Der Deutsch-Polnische Vertrag ist eine Chance, er ist nicht ein Abschluss.“ Mit der offiziellen Eröffnung war der Startschuss für eine Reihe Veranstaltungen gegeben.“(…).

Alle Hamburger Zeitungen berichteten über die zahlreichen Ausstellungen, Vorträge und Diskussionen. Neben Spezialitäten aus der polnischen Küche wurde polnischer Beat mit dem Ensemble „NO TO CO“ geboten. Das Breslauer Studententheater „Kalambur“ führte „Im Rhythmus der Sonne“ auf, eine poetische Revue nach Versen von Urszula Kozioł. Halina Anderska und Andrzej Kuśniewicz lasen aus ihren Werken. Hinzu kamen Diskussionsveranstaltungen, Ausstellungen zur Entwicklung in den West- und Nordgebieten, zur Architektur in alten und neuen Städten, von politischen Plakaten aus Polen und eine Fotoausstellung „Väter und Kinder“. (Gerd Hoffmann 1997)

4.5.2 Polnische Tage 1975 in Hamburg

Einen weitaus größeren Rahmen mit einer wesentlich umfassenderen Darstellungsmöglichkeit boten die „Polnischen Tage ’75“, in deren Vorbereitung die Senatskanzlei mit Senatsdirektor Dr. Hans-Herbert Groothoff von Anfang an sehr aktiv einbezogen war. Die Hamburger Bürgerschaft hatte inzwischen 400.000 DM für die „Polnischen Tage“ bewilligt und zwar dies ausdrücklich im Hinblick auf die angekündigte Gegenseitigkeit, d.h. einer Hamburger Gegenveranstaltung in Polen. Bei den Verhandlungen mit den polnischen Partnern spielte diese Frage eine entscheidende Rolle, die fast zum Abbruch der Gespräche mit den polnischen Vertretern des Außen- und Kulturministeriums, der staatlichen Künstleragentur „Pagart“ und des staatlichen Informationsbüros „Interpress“ geführt hätten. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte es die polnische Seite bei ihren Präsentationen in der Bundesrepublik stets vermeiden können, eine umfassende, repräsentative deutsche Darstellung in Polen zulassen zu müssen. Dank dem hartnäckigen Verhandlungsgeschick des Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, Dr. Hanno Jochimsen, gelang es, mit der polnischen Seite „Hamburger Tage ’77“ in Danzig/Gdańsk zu vereinbaren.

Die Polen wollten 1975 bei dieser Großveranstaltung zeigen, wie tief die kulturellen Wurzeln der Polen im Westen verhaftet sind. Es ging darum, den Hamburgern zu zeigen: „Wir sind Euch gar nicht fremd!“, ein schöner, ganz im Sinne der deutschen Veranstalter liegender Ansatz. Damit wollte die polnische Seite bewusst einen anderen Weg gehen als bei den Polnischen Tagen in Hamburg 1971. Die polnische Seite war der Meinung, dass diese Veranstaltung für die Bedeutung des Landes zu klein geraten war und deshalb ihm nicht würdig gewesen. Nicht berücksichtigt wurde aber, dass diese Form der „Tage“ erhebliche lokale Initiativen ausgelöst hatte und in diesem Zusammenhang vielleicht gewichtiger als das nun zu planende Ereignis war.

Die „Polnischen Tage ’75“ unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Hans-Ulrich Klose und Polens Außenhandelsminister Prof. Dr. Jerzy Olszewski fielen in die Phase der sehr guten Kontakte zwischen Bundeskanzler Helmut Schmidt und dem Ersten Sekretär der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei Edward Gierek. Schwerpunkt der Veranstaltungsreihe war eine breite wirtschaftliche Präsentation polnischer Produkte im Rahmen der Verbrauchermesse „Du und Deine Welt“. Im Rahmen dieser Präsentation in den Messehallen war auch die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg mit einem Informationsstand vertreten.

Kulturelle Höhepunkte der Veranstaltungsreihe waren Auftritte des polnischen Nationalensembles „Śląsk“ im CCH und des Dramatischen Theaters Warschau mit Witold Gombrowicz „Die Trauung (Ślub)“ und Tadeusz Różewicz „Auf allen Vieren/Na Czworakach“ im Thalia-Theater. Ein deutsch-polnisches Wirtschaftstreffen in der Handelskammer, sportliche Begegnungen in sieben Sportarten, Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen, polnische Filmtage, Kunst- und Fotoausstellungen, Konzerte (u.a. Piotr Paleczny, Kammerorchester „Al Antico“, Happy-Jazzband „HAGAW“) und polnische kulinarische Wochen im „Kranzler“ rundeten das Programm ab. Über 1.000 polnische Teilnehmer präsentierten ihr Land den rund 320.000 Hamburgerinnen und Hamburgern, die die annähernd 100 Veranstaltungen besuchten. Ein Interesse für Polen zu haben, wurde zwar nach wie vor als etwas exotisch, aber aus diesem Grunde von vielen Hamburgern als irgendwie wichtig empfunden.

Nur mit großen Schwierigkeiten konnte man mit den „Polnischen Tagen in Hamburg“ die Medien erreichen. Die BILD-Zeitung nahm die Veranstaltung überhaupt nicht zur Kenntnis. Das Hamburger Abendblatt berichtete am 29. August über die Eröffnungsfeier im Rathaus: „Wir wollen, dass die Menschen in unserem Lande besser und wohlhabender leben“, sagte der polnische Außenhandelsminister Prof. Dr. Jerzy Olszewski gestern Abend im Hamburger Rathaus anlässlich der Eröffnung der „Polnischen Tage“. Der Senat hatte rund 1000 Gäste eingeladen; etwa 700 kamen. Olszewski: „Wir wünschen eine breite internationale Zusammenarbeit, um vorhandene Möglichkeiten besser auszunutzen. Wir verfügen über gutausgebildete Fachleute in der Industrie, über ein stets modernisiertes Produktionspotential, über Energiequellen und einige wichtige Naturschätze. Hamburg sei in Polen wohlbekannt. Man erinnere sich gern vieler Initiativen zur Aufnahme der Zusammenarbeit.“ Zuvor hatte Bürgermeister Hans-Ulrich Klose gesagt, die „Polnischen Tage“ seien für die Bevölkerung ein interessantes Programm vielfältiger Darstellung, für die verantwortlichen Politiker jedoch zugleich ein Appell für ein besseres gegenseitiges Verständnis.“

Sonst aber tat sich das „Hamburger Abendblatt“ und die „BILD“- Zeitung in den ersten Tagen mit dem Berichten sehr schwer. Obwohl die Veranstaltungen gut besucht wurden, fanden sie einfach für diese beiden Zeitungen zunächst gar nicht statt. Da musste gegengesteuert werden. Mitglieder der DPG wurden animiert, bei den Redaktionen anzurufen, um dort nach den polnischen Veranstaltungen zu fragen. Glücklicherweise gab es einen sehr großzügigen Vertrag mit der Hamburger Außenwerbung und sehr viele Plakate aus Polen. Es wurde geklebt und geklebt, so dass zum Schluss über 111.000 Plakate an Litfaßsäulen und Stellwänden hingen. Diese Flut scheint die damalige Redaktion des Abendblattes überzeugt zu haben. Die kritische Schwelle war überschritten. Die Hamburger und die Umlandbewohner erhielten auch Kenntnis von den Veranstaltungen aus der Presse. (Gerd Hoffmann, 1997)

4.5.3 Hamburger Tage 1977 in Danzig/Gdańsk

Vor der Eröffnung der Veranstaltung berichtete am 4.März das „Hamburger Abendblatt“: „Das Abkommen über die „Hamburger Tage“ in Danzig (19. bis 29. Mai): Gestern unterschrieb im Beisein des Vizepräsidenten der Hafenstadt Danzig, Kazimierz Rynkowski, Hamburgs Erster Bürgermeister Hans-Ulrich Klose den Vertrag über diese von Hamburg ausgerichtete größte Repräsentationsschau der Republik Deutschland in Polen. Bei der Gelegenheit erinnerte Rynkowski an die „Polnischen Tage“ in Hamburg vor zwei Jahren. So herzlich wie damals die polnischen Gäste in Hamburg aufgenommen wurden, wollen jetzt die Einwohner von Danzig/Gdansk die Besucher aus der Hansestadt aufnehmen. Zu der Schau wird eine 700-köpfige Hamburg-Delegation nach Danzig reisen(…).

Die Durchführung der Veranstaltung wurde überschattet von der Entscheidung der polnischen Regierung, dem Redakteur des „Hamburger Abendblattes“ Egbert A. Hoffmann ohne Angabe von Gründen das Einreisevisum zu verweigern. Entsprechend konzentrierte sich die Berichtserstattung der Hamburger Medien auf diesen Zwischenfall. Offensichtlich wirkte die Intervention des Hamburger Bürgermeisters und das Visum wurde ausgestellt. Am 19. Mai konnte die feierliche Eröffnung der „Hamburger Tage 77“ in Danzig stattfinden. Eine einmalige „Luftbrücke“ der polnischen Fluggesellschaft LOT beförderte den größten Teil der Repräsentanten der Freien und Hansestadt Hamburg in die polnische Ostseemetropole. Am 20. Mai berichtete das „Hamburger Abendblatt: „Die „Hamburger Tage“ in Danzig sind, von der Öffentlichkeit stark beachtet, wie vorgesehen eröffnet worden. Sie sollen auf Wunsch der Bürgerschaftsfraktionen der Begegnung von Menschen dienen und zum Frieden zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk beitragen. Das hier ein langer mühsamer Weg zu gehen ist, hat das spektakuläre Hin und Her um das Einreisevisum für den Abendblatt-Redakteur Egbert A. Hoffmann gezeigt.“(…)“

Die Schirmherrschaft hatten Danzigs Stadtpräsident Andrzej Kasznowski und Hamburgs Bürgermeister Hans-Ulrich Klose gemeinsam übernommen. In der Großhalle in Oliwa wurde eine Hamburger Leistungsschau gezeigt; ein Informationsstand der Bundesregierung ergänzte diese Darstellung und zog mit einem „Deutschen Quiz“ viele Besucherinnen und Besucher an. John Neumeiers Ballett-Compagnie mit Gustav Mahlers „Dritte Symphonie“, das Deutsche Schauspielhaus mit Georg Büchners „Dantons Tod“ und James Last mit seinem Orchester begeisterten die Bevölkerung Danzigs, die auch durch das Rahmenprogramm mit Jazzkonzerten, Auftritten des Hamburger Jugendorchesters, Sportveranstaltungen, Hamburger Küche in drei Restaurants und in Informations- und Diskussionsveranstaltungen vieles über den Alltag in Hamburg erfahren konnte. Die Organisatoren der Senatskanzlei und der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg konnten mit rund 220.000 Besucherinnen und Besuchern der 111 Veranstaltungen mehr als zufrieden sein.

Der Bericht im SPD-Pressedienst von Paul D. Vogel, dem Leiter der Staatlichen Pressestelle der Freien und Hansestadt Hamburg, vom 2. Juni schilderte zutreffend das Ereignis: „Was die Hamburger in Danzig und gegenüber Polen in einem Prozess des Gebens und Nehmens erreicht haben, ist bei aller Nüchternheit in der Beurteilung jedes einzelnen Schrittes auf dem immer noch hindernisreichen Weg der Normalisierung gar nicht hoch genug einzuschätzen. Wichtig ist vor allem: An diesem Unternehmen waren alle drei in der Hamburger Bürgerschaft vertretenen Parteien beteiligt. Polen wie Deutsche haben gelernt, dass man solche Veranstaltungen durchaus erfolgreich zustande bringen kann, wie groß auch die Unterschiede in Politik und Wirtschaft sind. Hamburg hat seine seit langem eingenommene Vorreiterposition im Prozess der Normalisierung der Beziehungen zu Polen einmal mehr bestätigt. Dabei sind sich der sozialliberale Senat wie auch die an der Durchführung der Hamburger Tage beteiligten Bürger aus allen politischen Lagern der Stadt darüber im Klaren, dass es hier nicht um eine Sonderrolle für Hamburg geht, sondern darum, die Verträge mit Leben zu erfüllen, welche die Bundesregierung abgeschlossen hat. Ganz wesentlich zum Erfolg beigetragen haben zwei Dinge: Zum einen das hartnäckige und zielstrebige Wirken der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, zum anderen der Beschluss des Hamburger Schulsenators Apel (SPD), Lehrbücher für den Unterricht nur zuzulassen, wenn sie dem Geist des deutsch-polnischen Kulturabkommens entsprechen und die Empfehlungen der deutsch-polnischen Schulbuchkommission berücksichtigen.

Und noch eines ist wichtig: Das, was Hamburg erreichen wollte, nämlich einen Durchbruch für die Herstellung ganz schlicht menschlicher Beziehungen zwischen Bürgern Danzigs und Hamburgs zu erreichen ist in großem Umfang gelungen. Bürgermeister Klose sagte für die Zukunft: „Wir wollen nicht nur formelle Kontakte, wir wollen zu Verbindungen nicht nur von Funktionären kommen.“ Es mag dabei unter dem Stichwort „Gegenseitigkeit“ Probleme der Organisation und der Verfügbarkeit finanzieller Mittel geben. Am Schluss der Hamburger Tage in Danzig war aber klar, dass beide Seiten entschlossen sind, die Brücken zueinander nicht wieder abbrechen zu lassen“.

Wie zwanzig Jahre später anlässlich des Kongresses der deutsch-polnischen und der polnisch-deutschen Gesellschaften in Danzig im Mai 1997 zu erfahren war, sind die damaligen „Hamburger Tage´77“ nicht vergessen. Prominentester Zeuge war der damalige Stadtpräsident Tomasz Posadzki, der 1977 als Gymnasiast an der Veranstaltung teilnahm und sich an Einzelheiten gut erinnerte: „Wir spürten den Hauch des Westens.“ Politik ist eben wie Max Weber sagte: „Das Bohren von dicken Brettern mit untauglichen Mitteln…“(Gerd Hoffmann 1997)

4.5.4 Polnischer Herbst Hamburg 1981

Nach dreijähriger Atempause wagte sich der Vorstand der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg an die nächste und vorläufig letzte Großveranstaltung unter seiner Federführung. Wiederum mit finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln durch Beschlüsse der Hamburgischen Bürgerschaft im Rahmen von interfraktionellen Anträgen wurde von September bis Dezember 1981 die Veranstaltungsreihe „Polnischer Herbst Hamburg ’81“ durchgeführt. Mit Programmverhandlungen hatten Hanno Jochimsen und Gerd Hoffmann ebenfalls Erfolg. Diesmal wollten sie die Stadt Warschau in den Vordergrund stellen, in der Hoffnung, dass sich hierauf Beziehungen unterhalb der Ebene einer förmlichen Partnerschaft ergeben könnten.

Von Studienaufenthalten polnischer Studenten bei DESY über Konzerte klassischer Musik in der Musikhalle und polnischer Folklore durch das polnische Nationalensemble “ Śląsk“ im Congress-Centrum Hamburg und durch das Studentenensemble der Pädagogischen Hochschule Rzeszow Resovia Saltans im Großen Festsaal des Rathauses bis hin zum Pantomimentheater der Gehörlosen aus Allenstein/Olsztyn wurde der Hamburger Bevölkerung wiederum eine interessante und vielseitige Palette des Nachbarlandes Polen zum Kennenlernen angeboten. Rund 20.000 Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich an den ca. 100 Veranstaltungen, die von über 500 polnischen Teilnehmern dargeboten wurden.

Zukunftsträchtig, wie sich später herausstellte, war der Vorschlag, polnischen Studenten ein Praktikum im Großforschungszentrum DESY zu ermöglichen. So wurde eine Gruppe von etwa 20 Studentinnen und Studenten zu einem vierwöchigen Praktikum bei DESY eingeladen. Betreut wurden die Praktikanten von Lisi und Adolf Vogel. Dieser Programmpunkt wurde ein voller Erfolg. Vogels und auch Hanno Jochimsen standen noch viele Jahre im Kontakt mit den Praktikanten. DESY und die Institute der Praktikanten vereinbarten, das Programm fortzusetzen. Nach fünfzehn Jahren erschien Anfang 1997 eine Delegation des Sejm, um die damaligen Bedingungen für dieses Programm zu untersuchen. Es war eine Aktion, die wirklich Bestand hatte.

Die letzte Veranstaltungsreihe dieser Tage, die Vorstellung polnischer Filme, wurde durch die Ausrufung des Kriegszustands am 13. Dezember unterbrochen. (Gerd Hoffmann, 1997, 54)

4.5.5 Weitere Veranstaltungen

Zur Vorbereitung weiterer größerer Veranstaltungen wie der Polnischen Tage in der „Fabrik“ im November 1984, der Woche der Polnischen Kultur und Wissenschaften im September 1990 und der Polnischen Tage 1993 wurde der Vorstand der Gesellschaft als Berater hinzugezogen und hat teilweise auch bei der Durchführung intensive Assistenz geleistet, zuletzt bei den „Polnischen Tagen“ unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Dr. Henning Voscherau, die im Spätsommer 1993 vom Generalkonsulat der Republik Polen initiiert und organisiert wurden. Mit einem Informationsstand auf dem Rathausmarkt und der verantwortlichen Übernahme mehrerer Veranstaltungen in diesem Rahmen trug die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg zum guten Gelingen auch dieser Präsentation unserer polnischen Nachbarn in der Freien und Hansestadt Hamburg bei.

Die letzten „Polentage“ in Hamburg fanden 1999 statt und wurden von der „Neuen Gesellschaft“ organisiert, mit der die DPG seit ihrer Gründung freundschaftlich verbunden ist und erfolgreich zusammenarbeitet. Die Schirmherrschaft übernahm der damalige Erste Bürgermeister Ortwin Runde. An den zahlreichen Veranstaltungen wurden außer der „Neuen Gesellschaft“ auch viele Mitglieder der DPG Hamburg beteiligt. Darüber hinaus wurden alle in Hamburg engagierten polnischen Gruppen und Vereine in die Vorbereitungen und die Durchführung der Veranstaltungen miteinbezogen. (Gerd Hoffmann, 1997, 54)

4.6 Städtepartnerschaft
Das Jahr 1975 war in den deutsch-polnischen Beziehungen bestimmt vom Besuch des polnischen Staats- und Parteichefs Edward Gierek bei Bundeskanzler Helmut Schmidt. Sein Besuch wurde wie ein Staatsbesuch zelebriert. Zum feierlichen Empfang im Großen Festsaal wurden viele Mitglieder der DPG eingeladen. Bei dieser Gelegenheit war es möglich, die Gesellschaft vorzustellen, was angesichts der vielen Journalisten und Beamten aus Polen sehr wichtig war. Während des Besuches war die polnische Seite im Übrigen so euphorisch, dass man dem Vorsitzenden der DPG bereits einen Herrn aus der polnischen Delegation als den künftigen Konsul in Hamburg vorstellte. Bis zur Gründung einer konsularischen Vertretung sollte jedoch noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen, eine Zeit, in der die DPG immer wieder Aufgaben vor Ort übernahm, die eigentlich von jener zu bewältigen gewesen wären.

Bei diesem Besuch soll man sich dem Vernehmen nach auf vier bis fünf Städtepartnerschaften und das „Deutsch-Polnische Forum“ geeinigt haben. Sowohl die Partnerschaften als auch das Forum sind durch alle Jahre hindurch Brücken zum Verständnis zwischen beiden Völkern gewesen. Leider war Hamburg nicht dabei. Nach dem Gierek-Besuch wurde zwar intern zwischen Rathaus und Handelskammer über eine Partnerschaft diskutiert. Die Handelskammer war aber ablehnend, eine Haltung, die sich verstärkte, als Haifa zusätzlich als Partnerstadt Hamburgs ins Gespräch gebracht wurde. Man hielt mit der Begründung, man treibe Handel mit der ganzen Welt und wolle niemanden bevorzugen, die bestehenden Partnerschaften mit Marseille und Leningrad sowieso für Sündenfälle.

Die Enttäuschung des Vorstands und der Mitgliedschaft der DPG über die Absage der Partnerschaft mit Danzig von Seiten des Bürgermeisters war groß, weil damit eines der Satzungsziele aus der Gründungszeit nicht erfüllt werden konnte. Zudem wurde damals die zweite Chance vertan, mit Danzig partnerschaftliche Beziehungen aufzubauen. Denn bereits zwei Jahre zuvor war eine Anfrage des Präsidenten von Danzig /Gdańsk, die der spätere, langjährige Bundestagsabgeordnete Klaus Franke als Leiter einer CDU-Studienreise aus Polen mitbrachte und Bürgermeister Peter Schulz übergab, auf nur geringe Resonanz im Rathaus gestoßen, möglicherweise auch deshalb, weil aus der unmittelbaren Nachbarschaft Ablehnung signalisiert wurde.

Letztendlich beendete Danzig seine Bemühungen um Hamburg, weil es keinen Ansatzpunkt für eine Partnerschaft sah. Im Gegensatz dazu sah Bremens Bürgermeister Hans Koschnik nicht nur die politischen Chancen einer partnerschaftlichen Verbindung mit ihrer friedenstiftenden Wirkung, sondern auch die Möglichkeit Deutsche und Polen als Bürgerinnen und Bürger beider ehemaligen Hansestädte im Geiste der Versöhnung und Verständigung zusammen zu bringen. Damit begann für Bremen und Danzig/Gdańsk der Weg einer erfolgreichen Partnerschaft.

Ende der 80er bemühte sich die Gesellschaft, eine partnerschaftliche Verbindung mit der polnischen Hauptstadt auf Bezirksebene zwischen Hamburg-Mitte und Warschau-Mitte aufzubauen. Besonders stark setzte sich für eine solche Partnerschaft der damalige stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft Jan Dolny ein, der zugleich auch SPD-Bezirksabgeordneter war. Die weit gediehenen Bemühungen scheiterten jedoch erneut an einem Veto aus dem Rathaus, da keine städtepartnerschaftliche Beziehungen auf Bezirksebene gewünscht wurden.

Es ist eine Tatsache, dass im Rahmen von existierenden Städtepartnerschaften viel mehr Möglichkeiten für eine auf Menschen bezogene Verständigungsarbeit bestehen als dies ohne partnerschaftliche Beziehungen der Fall ist. Das war bis zur Wende 1989 die Folge der unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen in beiden Ländern. Das Fehlen einer Partnerschaft mit einer polnischen Stadt erschwerte oft die Arbeit, weil es keinen unmittelbaren Ansprechpartner in Polen gab. Diese Funktion hat nach 1980 Rzeszów, eine Stadt im Südost Polen, übernommen.
4.7 Das Kriegsrecht in Polen 1981

Angesichts der Wirtschaftskrise und der wachsenden Bedeutung von Solidarność entschied sich Staats- und Parteichef Wojciech Jaruzelski für eine gewaltsame Lösung: Am 13. Dezember 1981 verhängte er über die Volksrepublik Polen das Kriegsrecht. Die Streiks wurden mit Hilfe der Armee niedergeschlagen und mehrere Tausend Oppositionelle verhaftet. Die Abwendung der polnischen Gesellschaft von den Machthabern konnte nicht mehr gestoppt werden. Durch ein breites Netz von politischen und kulturellen Aktivitäten im Untergrund entstand eine Gegenöffentlichkeit zur Propaganda der Partei (Basil Kerski, 2007, 21). Es war eine schmerzliche, bittere Entscheidung für alle polnischen Menschen, deren relative Freiheit in einem kommunistischen Land damit über Jahre eingeschränkt werden sollte. Es war aber auch eine folgenschwere Entscheidung für die Arbeit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg. Mit dem Kriegszustand schwanden die Hoffnungen auf eine stetige Kontaktbasis erneut dahin.

Während der „Warschauer Vertrag“ gewissermaßen die „Initialzündung“ für die Gründung der Gesellschaft gewesen ist, war die Ausrufung des Kriegsrechtes in Polen im Dezember 1981 ein tiefer Einschnitt für die Arbeit der DPG Hamburg. Die Situation erschien nun hoffnungsloser denn je, zumal fast ein Drittel der damaligen Mitglieder unter Hinweis auf das nicht hinnehmbare Kriegsrecht in Polen ihre Mitgliedschaft aufkündigte. Es sollte Jahre dauern, bis dieser Mitgliederverlust wieder ausgeglichen werden konnte.

Die „Solidarność“- Bewegung fand viel Zuspruch und Unterstützung in Deutschland. Da sich die ohnehin schlechte Versorgungssituation weiter zuspitzte, begann mit dem Versand von Millionen an Hilfspaketen nach Polen eine einmalige humanitäre Hilfsaktion. In ganz Westeuropa wurden Tausende Hilfstransporter losgeschickt und Spendenveranstaltungen organisiert. Auch die deutsch-polnischen Gesellschaften, einschließlich der DPG Hamburg, haben mit ihrem humanitären Engagement einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung des Vertrauens der polnischen Gesellschaft gegenüber den Deutschen geleistet. „Wir taten, was getan werden konnte“, berichtete Hanno Jochimsen. „Es wurden überschüssige Medikamente, die damals üblichen Probepackungen, bei Ärzten und Apothekern gesammelt, in Kisten verpackt und unter abenteuerlichen Umständen mit geliehenen oder gesponserten Lastkraftwagen nach Polen gebracht. Bald waren alle Räume der Neuen Gesellschaft an der Rothenbaumchaussee, mit der wir damals zusammenarbeiteten, mit Medikamenten gefüllt, die nach Auslaufdatum und Hauptwirkungsgebiet von uns Laien sortiert wurden.“ Diese umfangreiche materielle Unterstützung der Deutschen für Polen während und nach der Zeit des „Kriegsrechts“ wurde gebührend gewürdigt. Sie war eine der umfangreichsten Hilfsaktionen deutscher Bürger in der Nachkriegszeit. „Freunde erkennt man in Not“ war ein geflügeltes Wort, das polnische Bürger damals häufig gegenüber deutschen Freunden äußerten.

Während fast alle vorher geknüpften Kontakte sich nach Verkündung des Kriegsrechts auflösten oder zumindest stark beeinträchtig waren, traf das auf die Beziehungen zur Pädagogischen Hochschule in Rzeszow nicht zu. Hier konnte das Vorstandsmitglied, Gerd Hoffmann, schon bald wieder im Sportbereich neu beginnen. Zwar hatten auch hier die Personen gewechselt. Die neuen Leute waren aber ebenfalls bereit, nicht so sehr auf Warschau zu hören.

Ein weiterer Schwerpunkt war schließlich, wie schon in der Vergangenheit, möglichst viele Beziehungen und Partnerschaften zwischen Hamburger Vereinen und korrespondierenden Institutionen in Polen zu stiften, um so den Gedanken der Verständigung voranzutreiben.

4.8 „Resovia Saltans“ und Hamburg

Die völkerverbindende, kulturelle Arbeit des Tanz- und Gesangsensembles der Universität Rzeszów – „Resovia Saltans“ – ist seit über drei Jahrzehnten eng mit der Arbeit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg und ihrer Geschichte verbunden. Aus dieser partnerschaftlichen Zusammenarbeit entwickelte sich eine Vielzahl von beispielhaften offiziellen Partnerschaften, intensiven Kontakten von Organisationen und Institutionen sowie persönlichen Freundschaften zwischen Deutschen und Polen, die sich auch in schwierigen Zeiten bewährten und bis heute fortdauern.

Der Beginn der Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Rzeszów ist mit der Arbeit des Europäischen Parlaments in Straßburg verbunden. Der Hamburger Europaabgeordnete und Senator a.D. Dr. Hans-Joachim Seeler (Gründungsmitglied der DPG Hamburg) und seine Frau Dr. Ingrid Seeler (Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft) besuchten im Sommer 1979 ein Konzert von „Resovia Saltans“, zu dem der Hamburger Mäzen Dr. Alfred Toepfer in die Nähe von Straßburg eingeladen hatte. Zurück in Hamburg berichteten beide dem Geschäftsführer der DPG Hamburg, Gerd Hoffmann, über das eindrucksvolle Konzert und empfahlen, das Ensemble nach Hamburg einzuladen. Diese Einladung wurde noch im November 1979 ausgesprochen und „Resovia Saltans“ präsentierte sich im Spätsommer 1980 mit seinen ersten Konzerten in der Hansestadt, die vom Hamburger Publikum begeistert aufgenommen wurden. Gleichzeitig stellte Gerd Hoffmann Verbindungen zu dem Hamburger Folklore-Ensemble „Zugvogel“ im tus Berne her, die bis heute andauern.

Das Ensemble trat damals im Festsaal des Hamburger Rathauses im Rahmen der offiziellen Eröffnung der Veranstaltungsreihe „Polnischer Herbst 81“ auf. Im Ensemble waren Halina und Zofia Gajewska, Romuald Kalinowski, Ryszard Kapica, Małgorzata Kosińska, Jerzy Kozłowicz, Marian Mosior, Ludwik Sowiński und Stanisław Wojtowicz, mit denen sich Gerd Hoffmann und einige Vorstandsmitglieder der DPG seit dieser Zeit eng verbunden fühlen. Auch Józef Lipiec, der damalige Rektor der Pädagogischen Hochschule (PH) Rzeszów muss erwähnt werden, dessen Verdienst es war, gemeinsam mit Olgierd Pietrek „Resovia Saltans“ durch die schwierigen Zeiten vor und während des Kriegsrechts zu führen, in denen die Existenz des Ensembles stark gefährdet war.

Ende 1983 begrüßten wir „Resovia Saltans“ wieder in Hamburg zu einer kleinen Konzerttournee. Die Harburger Nachrichten“ berichteten am 27.08: „Im Sturm eroberten die „Resovia Saltans“ die Herzen der Neugrabener. Die 44 Musiker, Sänger und Sängerinnen sowie Tänzer und Tänzerinnen aus Polen boten in den Ladenstraßen des „Süder-Elbe Zentrums“ ein temperamentvolles, mitreißendes Gastspiel. Schon nach wenigen Minuten klatschten die Zuschauer zu den teils weltbekannten Volksmelodien begeistert mit. Aber auch melancholische Weisen, von den zehn Sängerinnen gefühlvoll interpretiert, kamen bei Neugrabener Publikum sehr gut an. Das polnische Ensemble „Resovia Saltans“ hält sich insgesamt zwei Wochen im norddeutschen Raum auf. Die Mitglieder der Folkloregruppe sind bei privaten Familien untergebracht. Neben ihrem Gastspiel in Neugraben besichtigen die Künstlerinnen und Künstler heute ein Schulzentrum und machen außerdem eine Hafenrundfahrt. In ihren bunten Volkstrachten werden sie sicherlich noch so manchem Hamburger auffallen.“

1984 präsentierte das Hamburger Ensemble „Zugvogel“ sein Programm deutscher und internationaler Folkloretänze erstmals in Rzeszów. 1985 nahmen Klaus Nethling vom Zugvogel und Gerd Hoffmann an dem 10-jährigen Jubiläum von „Resovia Saltans“ teil, das im Rahmen einer internationalen Konferenz über die Bedeutung der Folklore für die Völkerverständigung stattfand. Von diesem Zeitpunkt an war die DPG Hamburg bis heute bei allen Jubiläen vertreten, die ab 1990 in der Philharmonie gefeiert wurden. Besonders erwähnenswert ist, dass wir Mitte der 80er-Jahre gemeinsam mit „Resovia Saltans“ eine Langspielplatte produzierten. Das in der Philharmonie Rzeszów aufgenommene Masterband wurde von einem Hamburger Studio bearbeitet und für die Pressung von 1.000 LP vorbereitet. Vorfinanziert wurde dieses einmalige Projekt durch den Warschauer Freund Maciej Mazur, der als Ingenieur in den 70er-Jahren durch Vermittlung unserer Gesellschaft in der Hamburger Baubehörde ein bezahltes Praktikum absolvierte.

Seit Ende der 80er-Jahre wurden die Konzerttourneen durch Norddeutschland nur noch alle zwei Jahre durchgeführt. Neben den traditionellen Konzerten im Volkshaus Berne, die vom „Zugvogel“ und der DPG Hamburg gemeinsam organisiert wurden, präsentierte sich „Resovia Saltans“ in den vergangenen 30 Jahren in Bad Segeberg, Buchholz, Kiel, Lübeck, Norderstedt, Scheersberg (Region Schleswig), Schneverdingen und Tostedt. Besonders hervorzuheben und anzuerkennen ist, dass das Ensemble dabei immer wieder in Alten- und Pflegeheimen, Seniorenresidenzen und Krankenhäusern auftrat und dabei mit seinen Kurzkonzerten und der besonderen Zuwendung sehr viel Freude in den Alltag dieser Menschen brachte.

Einer der Höhepunkte in der Zusammenarbeit zwischen „Resovia Saltans“ und der DPG Hamburg war die Teilnahme am 25. Jahrestag der Gründung unserer Gesellschaft im August 1997 in Hamburg. Durch die seit 1983 praktizierte Unterbringung der Ensemblemitglieder in den Familien der Mitglieder und Freunde der DPG Hamburg entstanden vielfach sehr enge Beziehungen zwischen den Hamburger Familien und den polnischen Familien in der gesamten Woiwodschaft Podkarpackie. Gegenseitige Einladungen zu Hochzeiten, Taufen, Jubiläen und ausgewählten Geburtstagen waren und sind bis heute keine Seltenheit und zeigen, wie nahe sich Deutsche und Polen durch diese Kontakte gekommen sind.

„Resovia Saltans“ und die DPG Hamburg können auf eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit zurückblicken. Die in ihren Liedern und Tänzen reichhaltige polnische Volkskunst öffnete durch die hervorragende Präsentation junger Polinnen und Polen aus dem Vorkarpatenland die Herzen und Sinne vieler Hamburger. Damit trugen sie dazu bei, dass weit über die Volkskunst hinaus auf beiden Seiten eine Vielzahl von Möglichkeiten eröffnet und genutzt wurden, dauerhaft eine Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Polen auf vielen Gebieten in dieser Region zu entwickeln.

Viele Menschen auf beiden Seiten nahmen an dieser erfolgreichen Zusammenarbeit teil. So ist es sehr wichtig, einige der Partnerinnen und Partner besonders zu erwähnen. Für die DPG ist die völkerverbindende Arbeit von „Resovia Saltans“ untrennbar mit dem Namen von Olgierd Pietrek, Germanistikdozent der PH Rzeszów, verbunden, der das Ensemble 1975 zusammen mit dem damaligen Verwaltungsleiter der PH Jerzy Czarność gegründet hat. Aus seiner eigenen persönlichen Geschichte fühlte er ebenso wie seine Frau Janina, Germanistikdozentin an der TH Rzeszów, die Verpflichtung, die Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschen auf eine dauerhafte Grundlage zu stellen. Beide Persönlichkeiten stellten eine Vielzahl von Kontakten zwischen Rzeszów und Hamburg her, gaben Anstöße und begleiteten viele der gemeinsam entwickelten Projekte. Leider sind beide verstorben und können die Früchte ihres Handelns nicht mehr selbst ernten. Aber ihr Engagement war Beispiel für viele unserer Freundinnen und Freunde, die sich in der Vergangenheit für die Zusammenarbeit zwischen Rzeszów und Hamburg einsetzten und diese überwiegend noch heute aktiv in unterschiedlichsten Positionen und Funktionen begleiten, als Mitglieder der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Rzeszów ebenso wie als Partnerinnen und Partner in vielen Organisationen und Institutionen.

Die durch Vermittlung von Hans-Joachim und Ingrid Seeler sowie der Stiftung F.V.S. von Alfred C. Töpfer zustande gekommene Verbindung mit Resovia Saltans, der Volkstanzgruppe der Pädagogischen Hochschule Rzeszow wäre ohne das nichtendende Engagement von Gerd Hoffmann nicht möglich gewesen. Durch seinen unermüdlichen Einsatz war die Beziehung all die Jahre erfolgreich, aber auch, weil die Menschen in dieser östlichen Stadt Polens sich wohl immer ihrer Lage an der Peripherie ihres Landes bewusst waren. (Gerd Hoffmann)

4.9 Gründung des Bundesverbandes und der Zeitschrift „DIALOG“

Am Rande einer Konferenz 1986 in der Evangelischen Akademie Loccum kamen die anwesenden Vorsitzenden der norddeutschen Gesellschaften zu dem Ergebnis, dass man das Feld der deutsch-polnischen Beziehungen publizistisch nicht allein der in Düsseldorf beheimateten Gesellschaft überlassen dürfte. Zwar hatten sich die bestimmenden kommunistischen Kader mit dem Aufkommen der „Solidarität“ zunächst zurückgezogen, weil es ihnen zunehmend an weltanschaulichen Argumenten fehlte. Nun jedoch waren neue Personen aufgetaucht, die die Fragen zwischen Polen und Deutschland in einer für die Deutsch-Polnischen Gesellschaften unerträglichen Weise interpretierten. Weil sie die einzigen waren, die eine Zeitschrift herausgaben, wurden natürlich nur sie zitiert, was die Mitglieder zunehmend irritierte. Die anwesenden Vertreter der norddeutschen Gesellschaften kamen nach einem Gespräch mit dem Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt Berthold C. Witte überein, die juristische Grundlage für die Herausgabe einer eigenen Zeitschrift zu legen. Daraus entstand im Laufe der nächsten Monate die Arbeitsgemeinschaft Deutsch-Polnische Verständigung. Zum Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft wurde Hartmut Reichardt gewählt, der Moderator der deutsch-polnischen Konferenzen in der Evangelischen Akademie Loccum. Hanno Jochimsen wurde einer der stellvertretenden Vorsitzenden, was bewirkte, dass seine unmittelbare Arbeit für die Hamburger Gesellschaft zwangsläufig in den Hintergrund trat. Der Zusammenschluss sollte ausdrücklich keine Dachgesellschaft sein. Im Namen „Arbeitsgemeinschaft Deutsch-Polnische Verständigung“ wurde deshalb an den Segeberger Kreis angeknüpft, der auch nach wie vor zusammentreten sollte. In diesem Rahmen ist die Idee der Zeitschrift „Dialog“ entstanden, für die Günter Filter, langjähriger Vorsitzender des Jugendpresseclubs Bonn und Mitglied der Hamburger Gesellschaft, als Chefredakteur gewonnen werden konnte. Der Titel der Zeitschrift war Programm. Weil es nicht möglich war, mit polnischen Partnern auf einer gesellschaftlichen Ebene zu sprechen, wollte man den „Dialog“ mit ihnen über die Zeitschrift aufnehmen. In der ersten Ausgabe 1987 schrieb Günter Filter als Programm: „Das deutsch-polnische Magazin „Dialog versteht sich als Forum der geistigen Auseinandersetzung und der gegenseitigen Information zwischen Polen und Deutschen. Wir werden dabei der Geschichte nicht ausweichen. Schon weil wir an eine Zukunft denken, die von Vertrauen und gegenseitiger Achtung geprägt sein muss.“ (Dialog 1-2, 1987). Der Vertrieb in Polen war nicht einfach. Aber viele der DPG-Mitglieder hatten von Polinnen und Polen Visitenkarten erhalten An alle diese Anschriften versandten sie die Zeitschrift, um so das Gespräch über die Grenze einzuleiten. Für die Hamburger Gesellschaft war der regelmäßige ehrenamtliche Versand von mehreren Hundert Exemplaren der Zeitschrift eine große physische und finanzielle Anstrengung, die sich aber letztlich lohnte. Die polnische Seite begriff sehr schnell und machte uns Angebote für Gesprächsforen, die sich aufgrund der sich wandelnden politischen Großwetterlage allerdings auch ständig änderten. Am Anfang erschien der „Dialog“ nur in Deutsch, seit 1993 kommen zweisprachige, polnisch-deutsche Ausgaben heraus. Nach 1987 kamen pro Jahr 2-3 Hefte auf den Markt, seit 2005 wird er im Quartalrhythmus herausgegeben. „Dialog“ ist eine lange Erfolgsgeschichte, mittlerweile erscheint im Herbst 2012 die 100. Ausgabe. Von unseren Mitgliedern ist er sehr geschätzt und wird immer gern gelesen.

Die Arbeitsgemeinschaft Deutsch-Polnische Verständigung bekam 1995 den Namen „Deutsch-Polnische Gesellschaft Bundesverband e.V.“, dem heute 51 regionale Gesellschaften mit mehr als 3000 Mitgliedern angehören. Nach 10 Jahren übergab Angelika Schwall-Düren 2010 den Vorsitz an den Bundestagsabgeordneten Dietmar Nietan. Unser Ehrenvorsitzender Gerd Hoffmann ist als stellvertretender Vorsitzender im Bundesverband tätig. Die Bundestagspräsidentin a. d., Frau Prof. Rita Süssmuth, nimmt das Amt der Kuratoriumsvorsitzenden wahr.
5. Neue politische Situation – neue Herausforderungen, 1989-2004
5.1. Die Wende

Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion, die Demokratisierung Polens und die Wiedervereinigung Deutschlands öffneten sich für beide Nationen nach 1989 neue Perspektiven. Natürlich musste in dieser Situation des schnellen Wandels wegen der bestehenden Meinungsverschiedenheiten und historisch begründeten Ängste vieler Polen vor Deutschland, das deutsch-polnische Verhältnis rasch auf ein neues Fundament gestellt werden. Zwei Dokumente waren besonders wichtig: der Grenzbestätigungsvertrag vom 14. November 1990, der Oder und Neiße auch als Grenze zwischen dem vereinigten Deutschland und Polen bestätigte und der Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit vom 17. Juni 1991, der die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern regelt und vor allem Deutschlands Engagement für Polens europäische Bestrebungen fixiert. (Polen, Nr. 311, 63)

Auch die DPG bekam neue Impulse. Während ihre Kontakte in der Zeit bis zur Wende in Polen mehr durch offizielle Kontakte (wie z. B. zum Polnischen Außenministerium, zur Presseagentur Interpress, zum West-Institut Posen/Poznań, zur Front der Nationalen Einheit) bestimmt waren, entwickelte sich die Zusammenarbeit nach 1989 in erster Linie auf der gesellschaftlichen Ebene und mit Vereinigungen mit gleichen Zielsetzungen.

Hanno Jochimsen erlebte die Wende so: „Eine gemeinsame Tagungsstätte an der Weichselquelle hatte Michal Kołodziejczyk vorgeschlagen, der die deutsch-polnischen Gesellschaften mit einer Gruppe von oppositionellen Journalisten in dieser Zeit des Umbruchs besucht hatte. Ich meinte allerdings, dass man mehr Eisen im Feuer haben sollte. (….)Am frühen Nachmittag des 9. November machte ich mich mit unserem Vorstandsmitglied Teresa Lemke auf den Weg nach Stettin. Sie wollte dort ihre Eltern besuchen. Während der Fahrt durch die DDR hörten wir wie stets intensiv Radio. Plötzlich schoben sich Nachrichten aus Ostberlin in den Vordergrund. Sie kamen von einer Pressekonferenz, auf der die Reisefreiheit für die DDR-Bürger verkündet wurde. So erlebten wir den Fall der Mauer mitten in der DDR, und als wir an der Grenze in Pommellen ankamen, fragten wir scherzhaft, ob man denn hier jetzt frei durchfahren könne. Man hätte noch keine Order aus Berlin, hieß es.“ (Jochimsen 1997, 48)

Die Idee einer deutsch-polnischen Partnerschaft in der NATO und EU mobilisierte viele Deutsche und Polen. In beiden Ländern entstanden zahlreiche bilaterale Initiativen. Auch die DPG Hamburg profitierte von der neuen Situation. Die politische Wende hatte die positive Folge, dass auf polnischer Seite endlich gleichgesinnte Gesellschaften als Partner zur Verfügung standen, auf die wir fast 20 Jahre warten mussten. Die DPG Hamburg unterstützte insbesondere die Gründung der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Rzeszów, mit der sie seit ihrer Gründung im Jahre 1990 eine intensive Zusammenarbeit verbindet. Weitere enge Beziehungen entstanden zur Polnisch-Deutschen Gesellschaft Danzig/Gdańsk (seit 2001), zur Gesellschaft der Freunde Stettins/Szczecin, zur Universität Rzeszów (seit 1979 mit der Pädagogischen Hochschule), zur Fachhochschule Krosno – Fachbereich Germanistik in Jasło (seit 1995), zur Stadt Neustadt /Prudnik (seit 1991) und zur Fachhochschule für Umwelttechnik in Bromberg/ Bydgoszcz (seit 2000).

5.2 Zusammenarbeit mit Rzeszów und der Region Podkarpackie (Vorkarpaten)

Mit einer „Politik der kleinen Schritte“ versuchte die DPG Hamburg in der Zeit vor und während des Kriegsrechts einen bescheidenen Beitrag zur Linderung der schwierigen Versorgungssituation auch in Rzeszów zu leisten. Neben der Sendung von Paketen auf privater Ebene von Familie zu Familie wurde mit Spenden von Medikamenten und medizinischen Hilfsmitteln aus Hamburger Krankenhäusern, Apotheken und Arztpraxen insbesondere das Woiwodschafts-Krankenhaus Nr. 1 unterstützt. Über die Schwierigkeiten, insbesondere mit dem DDR-Zoll und -Grenzschutz, die sich bei vielen Transporten per PKW, VW-Bus oder Autobus ergaben, könnten alle Beteiligten auf beiden Seiten sicher ein eigenes Kapitel schreiben. Mit Unterstützung Hamburger Krankenhäuser wurde Mitte der 80er-Jahre darüber hinaus ein kleines Programm aufgebaut, das Ärzten des Rzeszower Krankenhauses ermöglichte, sich durch Praktika in den entsprechenden medizinischen Fachabteilungen in Hamburg weiter zu bilden.

Verantwortlich für den Aufbau dieser vielseitigen Kontakte mit Rzeszow war auf polnischer Seite das Ehepaar Janina und Olgierd Pietrek, die viele Wege öffneten, in schwierigen Zeiten gegen manche Widerstände zu der gemeinsam entwickelten Zusammenarbeit standen und die partnerschaftlichen Projekte jederzeit mit Rat und Tat unterstützten.

Über die umfangreichen Medikamentensendungen in den 80er Jahren hinaus wurden keine Möglichkeiten ausgelassen, neue Verbindungen herzustellen, um mit praktischen Beiträgen die vertraglichen Grundlagen zwischen den beiden Staaten mit Leben zu füllen. Schulpartnerschaften (Wirtschaftsgymnasium Schlankreye, Realschule Tostedt) wurden ebenso vermittelt wie eine Partnerschaft zwischen den Pflegeheimen Farmsen und Górno bei Rzeszów, in deren Folge vielfach Austauschprogramme von Schülern bzw. Pflegekräften und Therapeuten realisiert werden konnten. Für das Pflegeheim wurden ca. 100 Pflegebetten, medizinischer Ausstattung und Hilfsmittel wie Rollstühle und Rollatoren (Gehhilfen) bereitgestellt. Sportliche Begegnungen von Jugendmannschaften bildeten ebenso einen Schwerpunkt wie die Präsentation polnischen Weihnachtsbrauchtums und polnischen Kunsthandwerks durch die Dorfensemble von Albigowa, Brzozów, Brzoza Królewska und Nosówka. Wichtig und erfolgreich waren ebenfalls die Durchführung eines dreiwöchigen Existenzgründungsseminars gleich nach der Wende und die Bereitstellung von Holzbearbeitungsmaschinen für zwei Tischlerwerkstätten. Viele andere Projekte der Stiftung für Deutsch-Polnische Zusammenarbeit in Warschau fanden ideelle und oft auch finanzielle Unterstützung durch die DPG Hamburg.

Von großer Bedeutung war die Gründung der Polnisch-Deutscher Gesellschaft Rzeszów, einer der aktivsten Gesellschaften in Polen und die vorbildliche Zusammenarbeit mit unserer Gesellschaft. Es findet ein ständiger Informations- und Erfahrungsaustausch über Projekte beider Seiten statt. Diese Verbindung ist daher nicht nur wegen der ausgezeichneten persönlichen Kontakte als beispielhaft zu bezeichnen. Aus dem Besuch des Stadtpräsidenten von Rzeszów Dr. Mieczyslaw Janowski und des Vorsitzenden der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Rzeszów Ludwik Noworolski in Hamburg ergaben sich Anfang der 90-er Jahre neue Perspektiven der Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Rzeszów. Das Hamburger Consulting-Büro BHO International, eine Gründung von Handwerks-, Handelskammer, Arbeitgeber-verband, DGB und Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung, berät die Woiwodschafts-Hauptstadt Rzeszów bei der Verbesserung der Leitungsorganisation in den Schulen der Stadt. (Gerd Hoffmann)

5.2.1 Bericht aus Rzeszów: Aus Fremden werden Freunde

Wenn ich auf die mir viel bedeutenden Begegnungen mit Menschen aus Hamburg, mit den Mitgliedern der Deutsch-Polnischen Gesellschaft zurückblicke, fällt es mir schwer, die wichtigsten zu wählen, die schönsten Eindrücke zu beschreiben. Wen soll ich denn beim Namen nennen, welche Begegnungen haben meine Kontakte und Freundschaften am meisten geprägt?

Nach langem Zögern entscheide ich mich aber nicht für einen meiner eindrucksvollen Aufenthalte in Hamburg, sondern für die erste Reise der DPG Hamburg nach Rzeszów, in den 80-er Jahren zum ersten groß gefeierten Jubiläum von „Resovia Saltans“. Das war zu der Zeit, als wir in Polen für jedes freundliche Zeichen und jedes Geschenk aus dem Westen sehr dankbar waren und uns immer wieder entschuldigten, dass Vieles in unserem Land nicht richtig läuft und nicht funktioniert. Ich habe damals mit zwei weiteren Personen die große Gruppe aus Hamburg und Tostedt auf der Fahrt von Zielona Góra nach Rzeszów begleitet. Der Bus, der der Uni Rzeszów gehörte, war alt und hatte nicht den erforderlichen Komfort, die Straßen waren schlecht und die Verpflegung ließ sehr viel zu wünschen. Wir hatten die ganze Zeit Angst, dass unsere Gäste die Strapazen der Reise nicht mehr ertragen und letztendlich von unserem Land enttäuscht werden. Wir bemühten uns einerseits mit freundlichen Worten, mit einem Lächeln die Probleme herunterzuspielen (die erste Mahlzeit erst gegen 12.00 Uhr nach sechs Stunden Busfahrt, das Fehlen der Toiletten, Achtbettzimmer im Touristenhotel im Zentrum von Krakau), anderseits waren wir stolz auf die schönen Baudenkmäler unserer Region und auf unsere Geschichte. Das alles wollten wir zeigen und erklären, um unsere Gäste zu überzeugen, dass es sich gelohnt hat, uns zu besuchen, mit uns Kontakte zu knüpfen und vielleicht auch mitzuarbeiten.

Heute wäre das für mich unerträglich! Auch damals wäre ich darüber unglücklich gewesen, wenn nicht die vielen Menschen gewesen wären, die uns so sehr zugetan waren und mit denen mich bis heute, wenn ich das sagen darf, eine tiefe Freundschaft verbindet. Erlauben Sie mir bitte einige von ihnen doch bei Namen zu nennen, sich bei ihnen zu bedanken und alles Gute für die nächsten 40 Jahre zu wünschen.

Liebe Freunde, Ursel und Klaus Nethling, Ruth Zuther, Ursula Henrich, Gerd Hoffmann!
Vielen herzlichen Dank!
(Maria Wiecko)

5.2.2 Bericht aus Rzeszów: Gesichter der Freundschaft

Meine erste Begegnung mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg habe ich drei Menschen zu verdanken, die alle schon von uns gegangen sind. Ich kam nach Hamburg Mitte der 80-er Jahre auf die Bitte von Olgierd Pietrek, einem Rzeszower Germanisten, der sich unermüdlich für polnisch-deutsche Beziehungen einsetzte und viele andere damit angesteckt hat. Diese Menschengruppe, zu der dann auch ich zählte, hat einige Jahre später die Polnisch Deutsche Gesellschaft Rzeszów gegründet. Die DPG Hamburg wurde zu unserem ersten deutschen Partner, mit dem wir viele Projekte in die Wege geleitet haben. Bei diesem ersten Besuch begleitete ich als Dolmetscherin die Volkstanzgruppe der Pädagogischen Hochschule Rzeszów (heute Universität Rzeszow) Resovia Saltans, die mit viel Elan und Jugend-Charme die Rolle unseres Botschafters spielte und es bis heute noch tut. Mit der Gruppe kam damals auch der Rektor unserer Hochschule Professor Marian Bobran nach Hamburg. Untergebracht waren wir beide bei Friedhelm und Helga Sauerland, die uns sehr herzlich empfangen haben.

Polen war damals noch ein anderes Land. Die Zeit der Wende sollte erst einige Jahre später kommen. Ich kann mich erinnern, dass Professor Bobran (Anm. d. Red.: Rektor der PH Rzeszow), der geplant hat, Partnerbeziehungen mit der Universität Hamburg anzuknüpfen, einfach nicht fassen konnte, dass der deutsche Rektor sich geweigert hat, es selbst zu entscheiden, sondern es der Initiative der einzelnen Fakultäten überlassen wollte. Der polnische Rektor empfand es als eine große Schwäche dieses Amtes in Deutschland. Demokratie war bei uns eben noch wenig praktiziert. Es war auch der Höhepunkt der Mangelwirtschaft in Polen. Friedhelm Sauerland, der uns nach diesem ersten Treffen in Hamburg immer wieder in Polen besuchte (bis er als Rentner ganz nach Rzeszow übersiedelt ist), brachte immer als Gastge-schenk neben Wein, Kaffee und verschiedenen ausgefallenen Käsesorten auch duftendes farbiges Toilettenpapier mit, das im grauen Polen wie eine Luxusware aussah.

Seit der Zeit ist viel Wasser den Fluss Wisłok und die Alster hinabgeflossen. Es gibt die gleichen Waren in den Läden, junges buntes Volk auf den Rzeszower Straßen sieht genauso aus wie in Hamburg und in jeder anderen Stadt Europas, demütigende Kontrollen an den Grenzen sind in Vergessenheit geraten. Es gibt aber immer mehr Zeitdruck und Probleme mit Gastgeschenkideen…

Olek Pietrek, Marian Bobran, Friedhelm Sauerland – die drei Männer, mit denen meine älteste Erinnerung an Hamburg verbunden ist, wurden von uns nach und nach auf dem gleichen Friedhof in Rzeszow verabschiedet. Aber wenn ich an unsere gemeinsame Geschichte zurückblicke, sehe ich weniger konkrete Veranstaltungen als eben Gesichter von Menschen, die ich in dieser Zeit getroffen habe. Wenn man Erinnerungen Revue passieren lässt, sind sie alle da – die Lebenden und die Verstorbenen. Die Ausstellung „Vier Grafiker aus Rzeszow“, die ich vor Jahren in Hamburg mit veranstaltet habe, assoziiere ich, u.a. mit dem Gesicht von Dr. Hanno Jochimsen, der eine sehr schöne, einfühlsame Einführung gemacht hat und mit dem damaligen Rzeszower Woiwoden Kazimierz Ferenc, einem der wenigen mir bekannten Politiker, der wirklich Ahnung von der Kunst hatte. In all den Jahren bin ich vielen Menschen aus Hamburg begegnet, deren Gesichter in mir warme Gefühle erwecken – Ola Jeszke-Zillmer, ihr Ehemann Hatschi, Waltraud Hoffmann, in der letzten Zeit Viola Krizak, die mit großem Talent das Werk ihrer Vorgänger weiterführt.

Es gibt aber ein Gesicht, das praktisch in jeder Erinnerung an Hamburg auftaucht- das von Gerd Hoffmann. Gerd – spiritus movens aller Kontakte und Projekte – ist für mich ein Mensch, von dem jeder, der sich für deutsch-polnische Freundschaft einsetzt, lernen sollte, wie man es richtig macht. Lieber Gerd, ich gratuliere Dir zu Deinem Lebenswerk.

Liebe Freunde aus Hamburg, ich gratuliere Euch zu diesem schönen Jubiläum.
(Marta Jakubowicz-Pisarek)

5.2.3 Bericht aus Rzeszow: Glücksfälle

Ich gehöre einer Generation an, für die nur die Sowjetunion Ausland bedeutete. Ich nutzte gern die Möglichkeit, in dieses Land zu reisen und deshalb glaube ich auch, dass ich bis heute Russland gut verstehen kann. Edward Gierek hat uns dann Reisepässe verschafft und erlaubt, in den Westen zu fahren. Ab dann besuchte ich England. Erst im Frühling 1980 kam ich zum ersten Mal nach Hamburg und somit nach Westdeutschland. Damals war ich Journalist der polnischen Jugendpresse und bildete mir ein, etwas von der Welt zu verstehen. In Hamburg wurde mir klar, wie wenig ich wusste. Ich war glücklich, die bestmöglichen Gesprächspartner zu bekommen: Gerd Hoffmann, Alexandra Jeszke-Zillmer, Dr. Hanno Jochimsen. Erstaunt hörte ich über Tage der polnischen Kultur in Hamburg und über die Deutsch-Polnische Gesellschaft.

Dann wurde in Polen der Kriegszustand verhängt. Mitte der 80er Jahre konnten wir in Rzeszów den ganzen Bus voller Mitglieder der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg begrüßen, die Spenden für Rzeszower Krankenhäuser mitgebracht haben. Dieser Besuch war für uns wie ein Licht in dunklen Tagen. Ich war sehr berührt, als ich damals Gerd Hoffman zum zweiten Mal begegnete.

Die demokratische Wende in Polen ermöglichte die Gründung einer Polnisch-Deutschen Gesellschaft. Wir konnten in Rzeszów viele Leute finden, die bereits positive Erfahrungen und gute Kontakte zu den Deutschen hatten. Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg war für uns ein Vorbild und unser erster Partner. Es ist kaum möglich, alle Besuche und unvergessliche Eindrücke aufzuzählen.

Ich persönlich habe auch allen Grund, dankbar zu sein. Als ich Anfang der 90er Jahre in meinem beruflichen Weg eine Wende erlebt hatte, verhalf mir Gerd Hoffman, das damalige Vorstandsmitglied der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, zu einem Praktikum beim „Hamburger Abendblatt“. Diese drei Monate in Hamburg werde ich nie vergessen, weil ich viel gelernt habe, auch unseren westlichen Nachbarn besser zu verstehen.

Heute haben wir ein gemeinsames Europa und zahlreiche Stipendienprogramme. Wir sehen aber immer wieder, wie nötig die persönlichen Kontakte sind, die von unseren Gesellschaften in unseren beiden Ländern gefördert und gepflegt werden. Der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, die jetzt hervorragend von Dr. Viola Krizak geleitet wird, wünschen wir weiterhin viel Erfolg und freuen uns auf unsere weitere Zusammenarbeit.
(Wojciech Furman)

5.3 Germanistikstudenten aus Jasło/Krosno in Hamburg

Auf Initiative der engagierten Rzeszower Germanisten Janina und Olgierd Pietrek lud die DPG Hamburg mit Unterstützung Hamburger Familien seit 1995 jedes Jahr Studentinnen und Studenten des Fachbereichs Germanistik der Fachhochschule Krosno in Jasło zu einem jeweils einwöchigen Studienaufenthalt nach Hamburg ein. Über 400 junge Menschen aus der Woiwodschaft Podkarpackie hatten damit die Chance, das Land ein wenig kennen zu lernen, dessen Sprache sie an polnischen Schulen unterrichten werden. Wie wir meinen, ein sehr sinnvolles, aber in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit wohl auch in dieser Kontinuität einmaliges Projekt, das auch im Jubiläumsjahr 2012 fortgesetzt wurde.

5.3.1 Bericht von Germanistik-Dozenten der Fachhochschule Krosno

Aus Anlass des diesjährigen 40. Jubiläums der Entstehung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Hamburg denken wir mit Rührung an die langjährige Geschichte unserer Freundschaft und Zusammenarbeit mit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Hamburg zurück. Wir meinen hier die Gesellschaft sowohl als die Organisation an sich als auch ihre einzelnen Mitglieder. Von beiden Seiten haben wir ihre Freundschaft erfahren, die sich während der 18 Jahre bewährt hat, während deren unsere Germanistikstudenten in ihrem Lehrerwerdegang von der DPG unterstützt und alljährlich nach Hamburg eingeladen werden.
Im Frühling 1995 hat ein Dozent des Fremdsprachenlehrerkollegs (Nauczycielskie Kolegium Języków Obcych) aus Jasło, Magister Olgierd Pietrek, durch die Vermittlung der Polnisch-Deutschen Gesellschaft in Rzeszów den Kontakt mit Gerd Hoffmann, dem damaligen Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, geknüpft. Dank den Bemühungen der beiden Aktivisten konnte die erste Reise der Kollegstudenten, der künftigen Deutschlehrer, nach Hamburg zustande kommen. Seitdem sind die Reisen der Studenten aus Jasło nach Hamburg zur Tradition unserer Lehranstalt geworden, die bis heute fortgesetzt wird. Inzwischen wurde das Fremdsprachenlehrerkolleg in die Abteilung für Germanistik verwandelt und seit 1999 der Staatlichen Fachhochschule Krosno einverleibt.

Die Studienaufenthalte unserer Studierenden in Hamburg werden bis heute fortgesetzt, was sowohl uns, Lehrer, als auch die Studenten, immer sehr erfreut und in dem ganzen didaktischen Verfahren eine unschätzbare Rolle spielt. Im Durchschnitt nehmen an einer Studienreise nach Hamburg etwa 20 bis 30 Studenten/innen (wie üblich an den philologischen Fachrichtungen, sind auch bei uns die Studentinnen in der Mehrheit) des 2. Studienjahres teil. Meistens betreuen die Gruppe von der polnischen Seite zwei Dozenten aus der Germanistikabteilung, in Hamburg bekommen die Studenten immer eine ausgezeichnete Führung von den Mitgliedern der Deutsch-Polnischen Gesellschaft. So war es auch in diesem Jahr, als vor knapp einem Monat unsere Germanistikstudenten aus Hamburg zurückkehrten – begeistert und voll von den schönen Erlebnissen und neuen Erfahrungen. Mit großer Dankbarkeit betonen wir hier immer die wohlwollende und engagierte Anwesenheit des ehemaligen Vorsitzenden der Gesellschaft Gerd Hoffmann, wie auch seiner Nachfolgerin, Frau Dr. Viola Krizak.

Die Studenten haben in Hamburg Gelegenheit nicht nur die Sprache zu üben, sondern bekommen auch jedes Mal ein großes kulturelles und landeskundliches Informationsangebot an dem Wissen, das für einen Germanisten und Deutschlehrer unentbehrlich ist. Meistens werden die Studienreisen im März oder April veranstaltet, nur einmal, im Jahre 1995, konnten die angehenden Deutschlehrer Hamburg in den Herbstfarben bewundern. Jedes Mal wird das Programm des Aufenthalts von unseren Freunden aus der Deutsch-Polnischen Gesellschaft organisiert, jedes Mal haben polnische Studenten eine einmalige Chance während einiger Aufenthaltstage in Hamburg das Familienleben der sie empfangenden deutschen Gastfamilien „von innen“ kennen zu lernen.

Immer wird die Gruppe aus Jasło in Hamburg von den empfangenden Familien und den Mitgliedern der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, sehr herzlich begrüßt und betreut. Für die Suche nach den Familien, die bereit sind, junge Menschen aus Polen für einige Tage bei sich aufzunehmen, möchten wir den Mitgliedern der Deutsch-Polnischen Gesellschaften einen besonderen Dank äußern. Die Studierenden wissen es richtig einzuschätzen und betonen immer die Gastfreundschaft wie auch die Bemühungen der Gastfamilien, damit die angehenden Deutschlehrer bei ihnen sowohl die deutsche Sprache üben als auch sich mit der deutschen Kultur und Sitten bekannt machen können. Der erste Tag in der neuen Familie dient dem gegenseitigen Kennenlernen. Man braucht nicht zu sagen, wie stressig es für die Studierenden ist, die oft zum ersten Mal im Leben ihre Deutschkenntnisse in der Praxis prüfen können. Sie überwinden schnell innere Hemmungen im Sprechen wie auch oft unterschiedliche nationale Stereotypen. Sehr häufig verwandeln sich diese Bekanntschaften in echte Freundschaften, die Jahre lang dauern, die sich nicht nur in dem Briefwechsel äußern, sondern auch in gegenseitigen Besuchen in Polen und Deutschland. Wir wissen von vielen Kontakten unserer ehemaligen Studierenden mit den Hamburger Gastfamilien, die seit Jahren mit großer Herzlichkeit beiderseits gepflegt werden.

Das von der Deutsch-Polnischen Gesellschaft für die Studenten vorbereitete Aufenthaltsprogramm ist immer sehr interessant und abwechslungsreich. Jedes Mal werden die Studentengruppen von einigen Personen aus der DPG sorgfältig betreut und zu den Hamburger Sehenswürdigkeiten geführt. Unter den deutschen Betreuern, die wir nicht imstande sind hier alle zu nennen, waren ständig Wolfgang Madlung und Gerd Hoffmann bereit, den Studenten immer mit ihren Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft zu dienen.

Die deutschen Organisatoren ermöglichten polnischen Studierenden u.a. die Begegnungen mit den deutschen Studenten, manchmal auch mit denen, die in Hamburg die Polnische Philologie studierten. Solche Begegnungen waren immer von großem Nutzen sowohl für die Übung der Sprache als auch für interkulturelle Kontakte der jungen Vertreter von beiden Nationen, wie z. B. an der Universität oder in dem Haus der Jugend. Oftmals hatten die Studenten aus Jasło die Möglichkeit, mit den Hamburger Studenten die interessanten Stätten Hamburgs kennen zu lernen. Nicht selten beschloss man die Bekanntschaften weiter zu pflegen, was bei den Internetmöglichkeiten heutzutage eher kein Problem ist.

Zu den festen und gleichzeitig sehr attraktiven Punkten des Besichtigungsprogramms der Stadt Hamburg gehörten der Besuch im Hamburger Rathaus mit immer perfekter Führung von Gerd Hoffmann, der uns in die Geheimnisse des politischen Lebens Hamburgs und seiner Parlamentsvertretung einweihte, eine Schiff-Hafenrundfahrt sowie Betrachtung der imponierenden Hamburger Speicherstadt oder der Besuch im Generalkonsulat der Republik Polen. Immer war für die Studenten sehr interessant der Aufenthalt in Lübeck mit der Besichtigung der Sehenswürdigkeiten der Stadt und das Treffen mit den Mitarbeitern der Academia Baltica, wie auch der spannende Besuch beim Norddeutschen Rundfunk in Kiel. Die Beobachtung der Moderatoren in den Radio- und Fernsehstudios bei der Arbeit liefert immer unvergessliche Eindrücke.

Zu den wertvollen Erfahrungen gehören auch immer die Besichtigung von Beiersdorf und Tchibo in Hamburg. Sicherlich wurden unsere Studierenden treue Kunden von diesen Kosmetika- und Kaffeemarken, nachdem sie Augenzeugen der perfekt organisierten Produktionsprozesse in beiden Werken gewesen waren. Um diese Besuche werden unsere Studierenden bei ihren Studienkollegen aus anderen Fachrichtungen an ihrer Fachhochschule echt beneidet. Aber natürlich nicht nur darum – um viel mehr, was sie während ihrer Aufenthalte in Hamburg zur Verfügung gestellt und angeboten bekommen haben.

Für viele Studierende aus der südlichen Provinz Polens, die aus eher nicht so wohlhabenden Familien kamen, ist die Reise nach Hamburg samt dem Spaziergang entlang der Ostseeküste, was immer ein wichtiger Punkt auf der Reiseroute Lübeck –Travemünde–Kiel ist, die erste Begegnung mit dem Meer und ein unvergessliches Erlebnis. Genauso ist es mit den Theater – und Opernbesuchen.

Als eine einmalige und außerordentliche Erfahrung gelten für die polnischen Studierenden immer die Hospitationen an Hamburger Schulen (Vor-, Grund-, Real-, Gesamt-, Berufsschulen und Gymnasien), in Kindergärten wie auch kirchlichen, staatlichen und betrieblichen Ausbildungseinrichtungen. Auf diese Weise können die Studenten den Bildungsprozess direkt beobachten und häufig auch daran aktiv als Unterstützung der unterrichtenden Lehrer teilnehmen. Obwohl solche Situationen für die Studenten stressig sein können, bedeuten sie immer eine erbauende Erfahrung, wenn sie ihre Deutschkenntnisse und die methodische Vorbereitung als Lehrer praktisch verwenden konnten. Nicht zu überschätzen ist das Gespräch der Studenten mit den Lehrern in den hospitierten Schulen. Polnische Studenten bekommen da viele Informationen über das Funktionieren des Schulwesens in Deutschland, die Rolle des Lehrers und Vor- sowie Nachteile dieses Berufes. Sie haben also eine gute Chance die deutschen mit den polnischen Verhältnissen im Schulwesen zu vergleichen. Diese Hospitationen helfen den werdenden Lehrern sicher in der künftigen Arbeit und werden ihnen teilweise als Pflichtpraktika von dem Methodik-Dozenten angerechnet. Immer betonen die Studenten die Freundlichkeit, mit der sie in den Schulen empfangen und betreut werden. Die Vergleiche der polnischen und deutschen Bildungssysteme und Schulwesen führen auch zu den gleichzeitig belehrenden wie auch pessimistischen Schlussfolgerungen. Die sozialen Stellungen der Lehrer in Polen und in Deutschland, wo die Lehrer als Staatsbeamte gemäß ihrer wichtigen Rolle eingeschätzt und bezahlt werden, sind sehr unterschiedlich. Leider ist es in Polen noch nicht der Fall.

Zu den vielen interessanten Programmpunkten des Aufenthalts in Hamburg gehört auch der Besuch im Altonaer Museum, wo die Studenten erfahren, wie man den Schülern die Toleranz und Verständnis für die interkulturellen Unterschiede praktisch beibringen kann.

Wir möchten auch dabei mit Freude und Stolz betonen, dass unsere freundschaftlichen Beziehungen mit den deutschen Partnern sich auch in der Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Ost-West-Kreis äußern, dem auch viele DPG-Mitglieder angehören. Zusammen führen wir seit neun Jahren Konferenzen zu den Themen aus dem Bereich der deutsch-polnischen Beziehungen durch. Für diese Möglichkeit sind wir auch sehr dankbar.

Bei der Studienreise werden außer Hamburg auch andere interessante Städte in Deutschland besichtigt, wie Berlin und Potsdam auf der Hinreise und Dresden auf der Rückreise. Auch dort werden die Studierenden aus Jasło/Krosno von den dortigen Vertretern der Deutsch-Polnischen Gesellschaft empfangen und zu den Sehenswürdigkeiten dieser Städte geführt. In Berlin wird immer u.a. der Bundestag, das Gebäude des deutschen Parlaments besichtigt, in Dresden die Altstadt mit dem Zwinger. Dank der fachmännischen Führung werden die historischen Kenntnisse der Studenten aufgefrischt und die historischen deutsch-polnischen Zusammenhänge und Verbindungen hervorgehoben.

So möchten wir aus dem feierlichen Anlass des Jubiläums der Gesellschaft, nochmals unsere Dankbarkeit dem ehemaligen Vorsitzenden der DPG, Herrn Gerd Hoffmann, der jetzigen Vorsitzenden Frau Dr. Viola Krizak, dem ganzen Vorstand und allen mit Ihnen verbundenen Personen, die unsere Studenten und uns Dozenten mit so großem Wohlwollen und Engagement immer in Hamburg empfangen haben, aussprechen.

Wir wünschen Ihnen allen viel Gesundheit und Erfolg in Ihrer weiteren edlen Tätigkeit für die freundschaftliche Koexistenz Polens und Deutschlands.
(Maria Grasela und Krystyna Szayna-Dec)

5.3.2 Bericht einer Studentin

Seid ihr irgendwann in der Oper gewesen? Gut, vielleicht seid ihr es. Vielleicht gehört ihr sogar zu dieser seltenen Gattung Mensch, die sich dieses Vergnügen mehrmals gegönnt hat. Aber habt ihr kurz davor einen Betrieb besichtigt, in dem die „Nummer 1“ eines bekannten Kosmetikums hergestellt wird? Ich denke, dass sich jetzt wenige finden werden, die mit „ja“ antworten. Falls das aber doch der Fall ist, wende ich mich an diese Personen mit einer sehr privaten Frage: Seid ihr zwei Tage vor dem Opernbesuch in einem großen Rundfunkhaus gewesen, in dem ihr live das Entstehen einer Nachrichtensendung miterleben durftet (bereichert durch eure schweigende Anwesenheit)? Nicht? Ganz bestimmt nicht. Aber wir! Wir waren in der Oper! Wir konnten live die berühmte Oper buffa von Gianachino Rossini, „Der Barbier von Sevilla (Il Barbiere di Siviglia, The Barber of Seville, Cyrulik Sewilski) hören. Wenn ihr nicht zu den musikalischen Ignoranten gehört, müsste euch mindestens einer der Titel bekannt sein. Es war auch nicht irgendwo, sondern in der Staatsoper in Hamburg, darauf könnt ihr neidisch sein! Diese Erfahrung ist beispiellos, un-schätzbar – und das wichtigste – sie bringt den frischen Atem der großen Welt.

Natürlich sind wir nicht nur dort gewesen. Wir konnten sehen, wie die Produkte der bekannten Kosmetikserie (und auch weniger bekannten) bei Beiersdorf hergestellt werden. Wir sahen den Tanz der Halbfertig- und Fertigprodukte auf dem Fließband sowie die eintönige, schnelle Arbeit der hochspezialisierten Maschinen. Zum Schluss waren wir enttäuscht zu sehen, wie klein die Maschine ist, die das wichtigste Produkt der Firma – die „Nivea- Creme“ – produziert.

Wir haben auch dem Landesfunkhaus Schleswig-Holstein mit unserer Anwesenheit die Ehre erwiesen. Wie sahen rote Lämpchen, die in dem Moment angingen, als das Programm gerade gesendet wurde. Hinter der Scheibe haben wir auch die Moderatorin gesehen, die die Nachrichten gelesen hat – so ist das Wort zum Leib geworden! Sehr interessant war auch der Besuch im Fernsehfunk, wo wir sehen konnten, wie viele Menschen bei der Entstehung der Nachrichten beteiligt sind. Zusätzlich, wie vorher im Rundfunk, haben wir mit der unsichtbaren Anwesenheit zu den Nachrichten des Tages beigetragen.

Mir ist es bewusst, dass der Leser dieses Berichtes – falls er nicht zu uns, den Glücklichen gehört – einen Neidanfall bekommen muss. Dazu kommen auch noch die Besichtigungen in Berlin, in der Freien und Hansestadt Hamburg, in der Hansestadt Lübeck und in Dresden. Ich werde so gnädig sein, dass ich weder das Treffen im polnischen Konsulat, den Kinobesuch mit dem Film von Roman Polanski „Ghostreiter“ sowie den untypischen Besuch im Museum erwähne. (Ihr müsst zugeben, dass man im Museum nicht oft die Möglichkeit hat, zu laufen und zu springen, um empirisch die altdeutschen Tänze kennenzulernen).
Also ich verliere darüber kein Wort.
(Katarzyna Tumidajewicz, Übersetzung Viola Krizak)

5.4 Jubiläumsjahr 1997, 25 Jahre der DPG Hamburg

5.4.1 Die Festschrift

Im Jubiläumsjahr 1997 erschien eine Jubiläumsschrift, die von den Vorstandsmitgliedern geschrieben und herausgegeben wurde. Während der Arbeit an der Festschrift starb der Pastor i.R. Hans Mohn, der 1972 – 73 Vorsitzender des Gründungsvorstandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaft war. Nach seiner Amtszeit als Gemeindepastor auf Sylt hatte er sich wieder intensiv in der Arbeit der Gesellschaft engagiert. So wird die Festschrift auch als bleibendes Vermächtnis für die DPG an Hans Mohn gesehen.

In dem Geleitwort zu der Jubiläumsschrift schrieb Herbert Dau, ehemaliger Präsident der Bürgerschaft und Ehrenbürger der Freien und Hansestadt Hamburg: „Wer vor fünfundzwanzig Jahren zum Frieden mit Polen aufrief, konnte sich wahrlich nicht im politischen Wohlwollen der Mehrheiten sonnen. Es gehörte schon Entschlossenheit dazu, den eingeschlagenen friedenstiftenden Kurs beharrlich zu verfolgen. Diese Festschrift berichtet von den vielfältigen Bemühungen der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg in den letzten fünfundzwanzig Jahren, Brücken nach Polen zu schlagen, trotz der in den zwei Jahrhunderten zuvor geschlagenen tiefen Wunden. Wir brauchen den Frieden mit Polen unseres eigenen moralischen Selbstverständnisses wegen, hieß es in dem Aufruf, den ich damals ebenfalls unterschrieb. Diese Forderung gilt noch heute und kann nicht oft genug in den Vordergrund gestellt werden.

Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. hat im vergangenen Vierteljahrhundert auf vielfältige Weise die Voraussetzungen geschaffen, dass sich Menschen aus beiden Ländern begegnen konnten. Sie hat damit geholfen, den Grund für die nach der politischen Wende im Jahre 1989 zwischen beiden Ländern geschlossenen Vertragswerke und für das seitdem entstehende freundschaftliche und gut-nachbarliche Verhältnis vorbereitet. In dieser Festschrift wird von den Mühen um die menschlichen Begegnungen als der Grundlage für den Frieden zwischen Polen und Deutschen und für den Abbau der bestehenden Vorurteile berichtet. Eine ehrenamtliche Arbeit, die häufig Opfer und Entsagen forderte. Weitere Abschnitte beschäftigen sich schließlich mit dem Wandel in der Hamburger Deutsch-Polnischen Gesellschaft selbst, aber auch mit den von ihr inspirierten Aktivitäten einzelner Mitglieder in ihren beruflichen Sphären oder an anderen Orten außerhalb Hamburgs. Sie zeigen, wie groß die Ausstrahlungskraft der Hamburger Gesellschaft war und ist.

Der zweite Weltkrieg begann in Polen; der Frieden in Europa wird schließlich nur Wirklichkeit werden, wenn er mit Polen gewonnen wird“, hieß es im Aufruf vor fünfundzwanzig Jahren – Sätze, die noch heute gültig sind und es künftig bleiben werden. Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. erwartet deshalb auch in der Zukunft viel Arbeit. Für das nächste Vierteljahrhundert wünsche ich ihr dabei viel Glück, Erfolg und Zufriedenheit beim Brückenschlag zu den Menschen im Nachbarland.“

Es folgten Aufsätze von den Vorstandsmitgliedern über ihre Arbeit, die Erfahrungen und die Erlebnisse während der letzten 25 Jahre. Hanno Jochimsen berichtete vor allem über die politische Situation und Probleme mit den Verhandlungen mit den polnischen Regierungsvertretern. Gerd Hoffmann konzentrierte sich auf die Gründungsphase, Großveranstaltungen, Polnischen Tage in Hamburg und Hamburger Tage in Danzig/Gdańsk, die ein sehr wichtiger Aspekt der DPG Arbeit darstellt. Er erörterte auch die Geschichte der Zusammenarbeit mit Rzeszów und Resovia Saltans.

Hans Mohn stellte einige Projekte vor, z.B. die Hilfstransporte nach Oberschlesien und Fahrten ins polnische Ostpreußen und war davon überzeugt, dass „Freundschaft Grenzen überwindet“. Eine besonders herzliche Verbindung ergab sich mit der Evangelischen Gemeinde Sorquitten/Sorkwity. Nach einem gemeinsamen Gottesdienst schloss Pastor Mutschmann aus dem kleinen masurischen Ort seine Predigt mit einem Dank an die deutschen Gäste, ohne deren Hilfe die forsche Entwicklung der Gemeinde nicht möglich gewesen wäre.

Jan Dolny stellte seine Arbeit mit Jugendlichen, Sportbegegnungen und die Reisen nach Polen dar. Sein Fazit: „Zahlreiche Jugendbegegnungen hat die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg durchgeführt bzw. auf den Weg gebracht. Es wechselten die Programmpunkte, die Jugendlichen sowie die Vereine und Organisationen, mit denen wir zusammengearbeitet haben. Prinz Charles, den wir in Krakau im Wawel trafen, folgten andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die den Jugendlichen aufmunternde Worte sagten. Viele Menschen und vor allem das Deutsch-Polnische Jugendwerk haben diese Begegnungen gefördert. Ich selber erinnere mich dankbar an diese aufregenden Jahre. Es hat sich gelohnt, sich für den deutsch-polnischen Jugendaustausch einzusetzen.“

Die aus Dierschau/Tczew stammende Aleksandra Jeszke- Zillmer hatte sich mit den Gründen ihrer Mitgliedschaft in der DPG auseinandergesetzt und endete mit der Feststellung, dass die Mitgliedschaft in der DPG ihre Integration in Hamburg wesentlich erleichtert hat. Ihre aus Stettin stammende Vorstandskollegin Teresa Lemke hatte die Arbeit der DPG in ihrer Heimatstadt bekannt gemacht und viele wertvolle Kontakte ermöglicht.

Den Abschluss der Festschrift stellte ein Gastkommentar im Berliner „Tagesspiegel“ vom 1. Juli 1996 von Wojciech Pomianowski, damals der Berliner Korrespondent der Tageszeitung „Rzeczpospolita“ dar: (…) „Persönliche Initiativen haben das deutsch-polnische Verhältnis nach dem Krieg geprägt. Ende der 50er Jahre kamen Lothar Kreysig und Günter Särchen mit der „Aktion Sühnezeichen“ (ostdeutscher Christen) nach Polen, knüpften engen Kontakt zu katholischen Kreisen, etwa um die Krakauer Wochenzeitung „Tygodnik Powszechny“, darunter auch zu Anna Morawska, die den Polen schon direkt nach dem Krieg am Beispiel Dietrich Bonhoeffers beschrieben hatte, dass es in den schlimmen Jahren auch gute Deutsche gegeben hatte. Und da war Mieczyslaw Pszoń, ein Pionier der Versöhnung, der später Bevollmächtigter der ersten nicht-kommunistischen Regierung für die Beziehungen zu Deutschland wurde. Es waren diese Kontakte, die den Boden sowohl für die ostdeutsche Wende im Herbst 1989 bereiteten als auch für die Überzeugung in Polen, dass die Vereinigung Deutschlands im polnischen Interesse liege, wie nicht zuletzt auch für die deutsche Unterstützung einer Einbindung Polens in die europäischen Strukturen.

In der alten Bundesrepublik wurden in den 70er Jahren nach dem Warschauer Vertrag in vielen Städten Deutsch-Polnische Gesellschaften (DPG) gegründet. In Polen hatten sie lange nur ein zentralistisches Gegenüber. In den jüngsten Jahren aber sind vergleichbare Gesellschaften von unten entstanden. Auf diesem Weg lernten sich Tausende kennen, entwickelten sich Städtepartnerschaften, vertieften sich persönliche Freundschaften. Gerd Hoffmann von der DPG Hamburg verschlug es bis in das südostpolnische Städtchen Lubaczów; bald besuchten Polen von der ukrainischen Grenzregion Deutschland, 150 Familien lernten sich kennen, ein unvergessliches und prägendes Erlebnis, wie Witold Kopa meint, der prompt eine Polnisch-Deutsche Gesellschaft in Lubaczów gründete.

So entstand nach dem Krieg aus vorsichtigen ersten Begegnungen nach und nach ein dichtes Netz von Bekanntschaften, das auf seine Art durchaus bei der Lösung praktischer Probleme im deutschpolnischen Verhältnis dienen könnte; diese „Lobby“ von unten bietet sich auch als Stütze für die gute Nachbarschaft an, zu der sich Deutschland und Polen in einem detaillierten Vertrag vom 17. Juni 1991 bekannt haben, dessen Unterzeichnung sich in wenigen Tagen zum fünften Mal jährt. In der Bundesrepublik ist diese „Lobby“ noch schwach organisiert. Und so streben Markus Meckel (SPD), Vorsitzender des Polen-Arbeitskreises des Deutschen Bundestages, und Friedbert Pflüger (CDU) danach, dass die lokalen DPGn sich unter dem Dach einer landesweiten Gesellschaft zusammenfinden.

In Polen gibt es zwar mittlerweile auch eine ganze Reihe von engagierten Initiativen und Einzelpersonen, aber eine organisierte „Lobby“ stellen sie zum Bedauern des Deutschland-Kenners Adam Krzemiński nicht dar. Die Orientierung nach Deutschland hin ist in Gesellschaft und politischer Elite noch nicht tief verwurzelt. Zumal in der Parteipolitik herrscht der Primat der Innenpolitik. Medien und Schulen kümmern sich noch sehr wenig um gute Nachbarschaft, auch an beachtenswerten Initiativen der Kirche mangelt es; und je größer die Entfernung zur Grenze, desto geringer das Interesse. Die Bundesrepublik wird weit häufiger als Vermittler auf dem Weg in die europäischen Strukturen wahrgenommen, denn als strategischer Partner. Die Europa-Option ist nach wie vor mehr Ausdruck der polnischen Angst vor einer Isolation und vor einer Verständigung der Nachbarn „über unsere Köpfe hinweg“ als ein historischer Wechsel der Orientierung in Richtung Europäisierung und Verwestlichung. Dieser psychologische Umbruch muss sich erst noch vollenden. Die sogenannten einfachen Leute wie in Neukölln und Lubaczów tragen ihren Teil dazu bei – als unverzichtbare ´Lobby von unten`“.

5.4.2 Die Festveranstaltung

Die Festveranstaltung fand am 28. August.1997 im Hamburg-Haus Eimsbüttel am Doormannsweg statt. Die Grußworte sprachen die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, Frau Ute Pape, und der damalige Gesandte der Republik Polen, Dr. Marek Prawda, der seit 2006 Botschafter der Republik Polen in Berlin ist. Die Festansprache hielt der Ehrenvorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, Dr. Hanno Jochimsen. „Resovia Saltans“ erfreute das Publikum mit polnischen, russischen und moldawischen Tänzen sowie polnischen Volkslieder. Maria Orawiec am Flügel mit Musik von Frederic Chopin sorgte für feierliche Stimmung. Als Rahmen der Veranstaltung diente eine kleine Ausstellung „25 Jahre Deutsch-Polnische Gesellschaft“, die die Etappen der geschichtlichen Entwicklung darstellte.

Leider hat die Hamburger Presse das Ereignis wieder nicht wahrgenommen. Der Vorsitzende der DPG, Gerd Hoffmann, hat sich an die Redaktionen der Hamburger Zeitungen mit einem Schreiben gewandt, um die Enttäuschung auszudrücken. „Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg, die in diesen Tagen ihr 25-jähriges Bestehen feiern konnte, bedankt sich für die „große Aufmerksamkeit“, die unser Jubiläum in der Berichtserstattung des „Hamburger Abendblattes“ (der Bildzeitung, der Welt, der taz und des NDR‘s) gefunden hat. Um es deutlich zu sagen: Wir sind im hohen Masse enttäuscht von der Ignoranz, die leider ein weiteres Mal in Ihrer Zeitung festzustellen ist, obwohl Ihre Leserinnen und Leser unserer Meinung nach einen Anspruch haben, gerade über völkerverbindende Aktivitäten in unserer Stadt unterrichtet zu werden. (…) Nach unserer Auffassung wird die Bedeutung der vielen Institutionen, Organisationen und Initiativen, die sich für die Völkerverständigung in Hamburg einsetzen, unterschätzt, nicht ernst genommen, geschweige denn von den Hamburger Medien in ihrem positiven Wirken unterstützt. Hinweise auf und eine Berichterstattung über viele gute Veranstaltungen finden leider auch in Ihrer Zeitung kein entsprechendes Echo. (…) Wenn wir nicht durch unsere jahrelange Arbeit auf einem schwierigen Feld „Kummer gewohnt“ wären, könnte man an den Medien „verzweifeln“. Aber was soll´s.“

5. 5 Eine besondere Hilfsaktion – Oderflut 1997

Die Wettermeldungen im polnischen Rundfunk am Freitag, dem 4. Juli 1997, sagten starke Regenfälle für die kommenden Tage voraus. Den nüchternen Informationen des Rundfunksprechers entnahm ich jedoch mit größter Sorge, dass sich, vor allem in den tschechischen und polnischen Grenzregionen, etwas zusammenbraut, das auf eine ziemlich bedrohliche Wetterlage hindeutete. Da ich in wenigen Tagen mit dem Pkw nach Krakau reisen wollte, um dort den von der Deutsch–Polnischen Gesellschaft Göttingen eingerichteten Polnischkurs zu betreuen, rief ich umgehend meinen Freund Kazimierz Porczak in meiner ehemaligen, an der tschechischen Grenze gelegenen Heimatstadt Neustadt/Prudnik an, um mich nach der Lage vor Ort zu erkundigen. Dorthin wollte ich zunächst fahren und mich über den Fortschritt der Renovierungsarbeiten im Heim für schwerbehinderte Kinder und Jugendliche zu informieren. Kazimierz war dessen Leiter, und zu dem Heim bestanden seitens der Hamburger DPG gute Beziehungen.

Noch etwas außer Atem teilte mir mein Freund damals mit, dass er gerade von einer Sitzung des Stadtrates käme. Er berichtete dann mit Besorgnis, dass es im Neustädter Kreis wie in anderen bedrohten Gebieten, Hochwasserwarnungen gegeben hätte und ein Krisenstab eingerichtet werden sollte. Der beschaulich aus dem Gebirge herabplätschernde, sich in der Stadt mit dem Prudnik-Fluss vereinende Goldbach sollte eine Gefahr für die Einwohner bedeuten? Für mich damals ein unvorstellbarer Gedanke! Der Regen hörte 28 Tage lang nicht auf. Die Folgen der später in Polen zur „Flut des Jahrtausends“ erklärten Hochwasserkatastrophe können wir heute, mehr als dreißig Jahre danach, mit nüchternen Zahlen kurz darstellen:

54 Menschen verloren in den reißenden Fluten der Oder ihr Leben.
106.000 hilflose Einwohner der überfluteten Gebiete mussten evakuiert werden.
47.000 Wohn – und Wirtschaftsgebäude wurden total überflutet.
465.000 Hektar Nutzfläche standen unter Wasser, davon 147.000 ha Grünfläche.
Über 2.000 km Straßen- und Bahnstrecken mit insgesamt 1.700 Brücken und
Verkehrsdurchlässen wurden total zerstört.

In Neustadt/Prudnik konnte ich mich von der Zerstörungskraft der reißenden Fluten ehemals so beschaulicher Flüsse und Bäche persönlich überzeugen.

Ich animierte die Hamburger Rundfunkjournalistin Ingrid Heinisch zu einer Reportage aus den Hochwassergebieten. Nach Abschluss des Sprachkurses in Krakau bereisten wir gemeinsam die überfluteten Gebiete im Oppelner Land und sprachen mit Menschen, die ihr gesamtes Hab und Gut verloren hatten. Der Bericht gehörte zu den ersten Reportagen aus den polnischen Hochwassergebieten.

In der DPG Hamburg entstand eine ähnliche Welle der Verbundenheit mit den leidgeprüften Menschen, wie wir sie schon 1981 bei der Aktion „Pakete der Solidarität“ erlebt hatten. In Deutschland riefen viele Organisationen zu Geld- und Sachspenden für unsere polnischen Nachbarn auf, auch in Hamburg. Hier möchte ich besonders den Aufruf „Hilfe für die Flutopfer in Polen“ des NDR nennen. Der ehemalige Hamburger Schulsenator Joist Grolle regte einen Spendenaufruf an, mit dem alle aktiven und pensionierten Pädagogen und Mitarbeiter der Hamburger Schulen und Ämter gebeten wurden, den hochwassergeschädigten Schulen in Polen und deren Schülern, Eltern und Lehrern mit einem persönlichen Beitrag zu helfen. Diesen Aufruf „Nachbarn in Not – Schulen in Not“, gemeinsam unterzeichnete vom Landeschulrat Peter Daschner sowie der Landesvorsitzenden Anna Ammon (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft), Peter Braasch (Deutscher Lehrerverband) und Gerd Hoffmann (Deutsch–Polnische Gesellschaft), fand in Hamburg aber auch in Polen selbst große Beachtung. Aus dem Spendenaufkommen des NDR „Hilfe für die Flutopfer in Polen“ erhielt die Hamburger Aktion „Nachbarn in Not – Schulen in Not“ 600.000 DM mit der Auflage, diesen Betrag zweckmäßig und sinnvoll zu verwenden.

Einem polnischen Komitee unter der Leitung des Vizepräses des Lehrerverbands (ZNP) Sławomir Broniarz oblag die Auswahl der zu unterstützenden Bildungseinrichtungen. Insgesamt blieb die Hamburger Kommission für die Durchführung verantwortlich, besonders gegenüber den Spendern und vor allem dem NDR.

Am 11. Oktober 1997 reiste ich mit meinem Vorstandskollegen Peter Krup, der seit vielen Jahren als „Beauftragter für die pädagogischen Beziehungen des Amtes für Schule mit Polen“ und im Vorstand der DPG mit ähnlichem Schwerpunkt tätig war, auf Einladung des polnischen Komitees nach Polen. Unsere erste Station auf der über 2.000 km langen Reise von Hamburg durch die vom Hochwasser betroffenen Gebiete war Neustadt/Prudnik. Wir konnten erreichen, dass hier zwei kleine, von den Fluten beschädigte Dorfschulen und das Heim für schwerbehinderte Jugendliche eine finanzielle Unterstützung für die notwendigen Reparaturarbeiten erhielten, obwohl mein Heimatkreis nicht zu den Prioritätsgebieten der Spendengelder gehörte. Damals galt: Hilfe statt Bürokratie! Schon in Breslau/Wrocław sahen wir die unglaublichen Schäden, die die über die Stadt hereinbrechenden Fluten der Oder anrichteten. Unsere polnischen Freunde, mit denen wir in einem Pkw (Marke Polonez) fast ganz Ober- und Niederschlesien bereisten, zeigten uns alle Schulen, die mit den Hamburger Spendengeldern weitgehend saniert werden konnten: Grundschulen, Berufsschulen, Gymnasien, Kindergärten und Waisenhäuser. Dank der Hamburger Hilfe, davon konnten wir uns vor Ort überzeugen, würden schon bald wieder Tausende Schüler in den neuen Schulbänken sitzen und Hunderte Lehrer das Wissen an die Schuljugend vermitteln.

Wir baten alle polnischen Freunde, uns nicht als kontrollierende „Visitatoren“ zu betrachten. Vielmehr wollten wir den Menschen in Hamburg berichten, mit wie viel Anstrengung die Menschen in Polen daran arbeiteten, um die unglaublich schlimmen Schäden der Überschwemmung zu beseitigen. Und das mit einem Erfolg, dem wir nur unseren Respekt zollen konnten. Und ich muss gestehen, dass mein Glückgefühl noch lange anhielt

Durch den Bericht über unsere Reise angeregt, setzten unsere Mitglieder die Sach- und Geldspendenaktion fort. Unser Büro in Saling 9 war zwei Tage lang mit gebrauchter und neuwertiger Bekleidung bis auf das letzte Fleckchen vollgefüllt. Diese Kleiderspenden, die ich mit meinen Freunden vom Prudniker Heim für schwerbehinderte Jugendliche von Spendern in fast allen Hamburger Stadtteilen abholen durfte, waren von sehr hoher Qualität und so überaus zahlreich, dass nicht nur die von Kazimierz Porczak betreuten Kinder und Jugendlichen, sondern auch viele notleidende Menschen in Prudnik sich darüber freuen konnten.

Welche freudige Überraschung war für meine Freunde aus Prudnik der Besuch des Gymnasiums Dörpsweg. Es war der 12. Dezember, ein Sonntag. Die Schüler und das Lehrerkollegium überreichten den zu Tränen gerührten polnischen Gästen einen „erlaufenen“ Betrag in Höhe von 7.003,11 DM! Über fünf Stunden hatten die Schüler aller Klassen des Gymnasiums mit selbstgebastelten Staffelhölzern Runde um Runde auf dem Sportplatz „gedreht“ und sich jeden gelaufenen Kilometer von einem selbst gesuchten Sponsor bezahlen lassen.

Auch 1998 vergaß Hamburg die unter besonders strengem Winter leidende Bevölkerung der Hochwassergebiete nicht. In einem gemeinsam von der Gemeinde der Christuskirche Wandsbek, der Neuen Gesellschaft und der DPG organisierten Benefiz-Konzert erlebten 350 Hamburger in der vollbesetzten Wandsbeker Christuskirche ein einmaliges Konzert, bei dem Hamburger Chöre unter der Leitung des bekannten Dirigenten Kazuo Kanemaki und viele internationale, in Hamburg lebende Künstler die begeisterten Zuhörer mehrere Stunden an die Kirchenbänke fesselten. Gespendet wurden über 4.000,00 DM.

Nur wenige Tage später wurde ich mit einer weiteren „Spende“ für die – wie Kirsten, eine Freundin unserer Kinder, es ausdrückte – „Gute Sache“ konfrontiert: Ihre Firma hätte einige gebrauchte, aber sehr gut erhaltene Personal Computer abzugeben. Diese könnte man doch den vom Hochwasser geschädigten Schulen in Polen anbieten. Deren Computer hätten bestimmt Totalschäden erlitten. Ich nahm das Angebot sofort an und begab mich aber zugleich in eine Zwickmühle. Aus „einigen Computern“ wurden nämlich etwa hundert komplette „PC- Anlagen“. Unser Büro in Saling 9 war viel zu klein, um diese Menge aufzunehmen. Also nicht annehmen? Auf keinen Fall! Gerd Hoffmann bat unser Mitglied Maximilian Klumpp, Inhaber einer Werkzeugfirma, um Hilfe. Einen Großteil der „Sachspende“ konnten wir für einige Tage in dessen Fabrikräumen lagern, doch ich stand nun vor der Frage: „Wie kann ich die Computer in Richtung Polen „loswerden“? Meine ganze Hoffnung lag jetzt bei unseren Freunden in der Polnischen Lehrergewerkschaft ZNP. Der inzwischen zum Vorsitzenden gewählte Sławomir Broniarz war über meinen Anruf nicht nur erfreut, sondern zeigte sich unglaublich kooperativ. Innerhalb weniger Tage wollte er persönlich mit einigen „Experten“ nach Hamburg kommen, um die Geräte auf deren „Schultauglichkeit“ zu prüfen. Im Februar 1998 trafen vier Freunde aus Polen ein, unter ihnen Krzysztof Tracz, der sich bescheiden als „ Mensch für die Computer“ vorstellte. Doch gerade von seinem Urteil hing es ab: Fahren die über hundert Geräte nach Polen, oder muss ich mich um deren Entsorgung kümmern? Krzysztof Tracz entschied auf den ersten Blick: „Ab nach Polen!“ Wir alle lagen uns voller Freude in den Armen!

Vermutlich werden auch einige von Ihnen Erinnerungen an die Oderflut des Jahres 1997 haben. Diese mögen weitaus dramatischer und detaillierter sein. Ich habe meine Erinnerungen aufgeschrieben, weil es mir wichtig erschien, fünfzehn Jahre danach noch einmal an die Ereignisse zu erinnern: Das darf nicht in Vergessenheit geraten, um allen Menschen zu danken, die damals spontan gemeinsam mit der Deutsch–Polnischen Gesellschaft – ihre Solidarität zu unseren polnischen Nachbarn bewiesen haben. Danke!
(Jan Dolny)

5.6 Umwelt und Ökologie

Einen besonderen Schwerpunkt bildete die DPG Hamburg mit ihrem Arbeitskreis „Ökologie und Umwelt“ Anfang der 90er Jahre, den von Anfang an Hartwig Zillmer leitet und gestaltet. Dieser Arbeitskreis organisierte federführend die drei Deutsch-Polnischen Umweltkongresse in Hamburg (1996), Szczecin/Stettin (1998) und Bromberg/Bydgoszcz (2001). Der Arbeitskreis ist als Partner im deutsch-polnischen Umweltdialog und in der Planung und Durchführung von konkreten Umweltprojekten sowohl in Polen als auch in Deutschland anerkannt. Beispiele für diese Tätigkeit waren die Aktion „Sauberer See Sudomnie“ in der Kaschubischen Schweiz, Mitte der 90er-Jahre, ein Umwelt-Kommunikationsprojekt mit ca. 150 Schulen in der Region Lodz/Łódź (als Kooperationspartner der Deutschen Bundesstiftung Umwelt) oder das Umweltzentrum Schloss Schwarzbach/Czarne bei Hirschberg/Jelenia Góra, das seit der Gründung 1990 unterstützt wird.

Vierzig Jahre Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg – das sind vierzig Jahre Bemühungen, Auseinandersetzungen und Kämpfe um eine deutsch-polnische Aussöhnung, Verständigung und Suche nach einer gemeinsamen Zukunft nach dem Motto: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ und dem Ziel, individuell, aber auch gemeinsam einen Beitrag für Toleranz, Pluralismus und eine gesicherte, friedliche Entwicklung in einem sozialen und gerechten Europa der Regionen zu leisten. Vor diesem Hintergrund wuchsen seit 1990 verstärkt die Bemühungen um einen deutsch-polnischen Dialog, der die Umweltfragen und die ökologischen Zusammenhänge zum Themenschwerpunkt im Verhältnis zwischen Polen und Deutschland, zwischen Polen und Deutschen machte. Das Bedürfnis kam gleichzeitig von beiden Seiten.

Schon 1983 sorgten die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Umwelt und Ökologie der DPG Hamburg durch Unterstützung einer der ersten Bürgerinitiativen in Polen seit dem Verbot der „Solidarnosc“ in 1981 dafür, dass inmitten des riesigen Obstanbaugebietes südlich von Warschau eine permanent brennende und stinkende Müllkippe nach einem Jahr Kampf geschlossen wurde.

Vor der Wende 1989 gab es vielfältige, aber auch kontroverse Debatten mit Freundinnen und Freunden über „die“ Umweltbewegung im Westen im Vergleich zu der damaligen Umwelt-Situation in Polen. Zum Jahreswechsel 1989/90 waren Hartwig Zillmer und seine Frau Aleksandra zu dem ersten (und einzigen) deutsch(west)-deutsch(ost)-polnischen Umwelttreffen in Schreiberhau/Szklarska Poręba (Sudeten) eingeladen, mitten im Zentrum des „Schwarzen Dreiecks“ von Polen, Tschechien und Deutschland (in der heutigen Euroregion Neiße), einem Gebiet in der Mitte Europas mit einer fehlgeleiteten industriellen Entwicklung, die mit ihrem zerstörerischen Potential überall sichtbar war. Seitdem gibt es eine Arbeitsgemeinschaft Umwelt und Ökologie in der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg – und eine herzliche, dauerhafte Freundschaft mit dem „Zentrum für ökologische Kultur“ im Schloss Schwarzbach/Czarne.

Es war ein glücklicher Umstand, dass es ab 1992 die gemeinsamen Kongresse der Deutsch-Polnischen und Polnisch-Deutschen Gesellschaften gab. Für die deutschen und polnischen Aktivisten war es unbestritten, dass „Umwelt und Ökologie“ Thema einer Arbeitsgruppe sein müsste. Und so haben sie sich an allen Kongressen aktiv mit einem jeweiligen Umweltthema beteiligt. Anfangs wenig beachtet, manchmal belächelt, wegen der praktischen, projektorientierten, sowie verlässlichen und kontinuierlichen Arbeit aber auch beneidet. Nicht alle waren froh darüber, dass es diese Aktivitäten innerhalb der Deutsch-Polnischen und Polnisch-Deutschen Gesellschaften gab bzw. noch gibt. Es wird nichts geschenkt, die Themen müssen durchgesetzt, die Anderen müssen davon überzeugt und begeistert werden. Das ist in Polen nicht anders als in Deutschland.

Der von uns mitorganisierte erste (von dreien) Deutsch-Polnische Umweltkongress in Stettin/ Szczecin im Oktober 1995 stand unter dem Motto „Polen und Deutsche gemeinsam auf dem Weg zur ökologischen Erneuerung. Regionale und kommunale Umsetzung der AGENDA 21″. Im Bewusstsein, dass in beiden Ländern – unter verschiedenen historischen und ökonomischen Bedingungen – Fragen der Umwelt und Ökologie bisher nachrangig behandelt wurden und es schwere Sünden wie auch positive Ansätze gab und gibt, geht es seit diesem Kongress in unserer Arbeit nicht primär darum, die ökologische Situation des jeweiligen Landes genau zu analysieren, sondern um eine konstruktive Diskussion über gemeinsame Ziele und Projekte sowie die zukünftige Zusammenarbeit der Menschen beider Ländern. Unsere Bemühungen gingen dahin, den Stellenwert ökologischen Handelns und Denkens in der Arbeit zu vermitteln und bestehende Ansätze zu verstärken. Dabei waren globale Leitlinien wie die AGENDA 21 der Welt-Umwelt-Konferenz von 1992 in Rio de Janeiro ebenso zu berücksichtigen, wie die zwischenstaatlichen und heute europäischen Umweltvereinbarungen mit Leben zu füllen. Auch sind regionale Bedürfnisse wie z.B. in der Umwelterziehung zu fördern. Seit Polen 2004 Mitglied in der EU wurde, erhielt der bilaterale deutsch-polnische Umweltdialog eine europäische Dimension, insbesondere bei Energiefragen.

Über die Arbeitsgemeinschaft, die AG Umwelt und Ökologie (komisja ekologiczna), hieß es im Abschlussbericht des Stettiner Kongresses: „Die AG machte Probleme deutlich, die von regierungsamtlichen Seiten zum Teil bagatellisiert oder geleugnet werden. Die AG-Arbeit verkörpert daher das ökologische Gewissen beider Länder, weil unbequeme Fragen in das Licht der Öffentlichkeit kommen. Die Arbeit ist daher nicht nur für die Rettung der Natur, sondern auch für Erhaltung und Entwicklung demokratischer Verhältnisse in Deutschland und Polen notwendig.“ Das gilt bis heute. Wir hatten und haben viele Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in fast allen Städten und Regionen in beiden Ländern. Aus der kleinen Hamburger Arbeitsgruppe ist eine überregional arbeitende und vernetzte Arbeitsgemeinschaft für alle Deutsch-Polnischen und Polnisch-Deutschen Gesellschaften (und andere Organisationen) geworden!

Zwischen 1991 und 2012 nahm die AG an vielen verschiedenen Kongressen, Konferenzen, Seminaren und anderen Aktivitäten mit Umweltthemen und wirtschaftlichen Fragen teil. Aus dieser Vielzahl von Aktivitäten haben sich aktuell „betreute“, langfristig angelegte Projekte ergeben. Dazu gehören: u.a. die Energiepolitik, Sicherung der Energieressourcen, europäische Klimapolitik und Erziehung zur Nachhaltigkeit. Die aktuellen Themen sind schwerwiegend und kontrovers: Deutschland beschließt z. B, aus der Atomenergie auszusteigen und setzt auf die „Erneuerbaren Energien“ und nachwachsende Rohstoffe; Polen plant dagegen, in 20 Jahren ein Atomkraftwerk zu bauen und ist von der Kohle abhängig. Beide Regierungen sind den gesetzlichen Vorgaben und politischen Zielen der EU und Weltgemeinschaft zur CO2 –Reduzierung verpflichtet. In dieser Situation ist es gelungen, dass das Bundesministerium für Forschung und Bildung seit dem 1.Juni 2012 die erste Phase eines von der DPG Hamburg eingereichten Projekts mit dem Titel „Deutsch-Polnische Bioenergiepartnerschaft auf kommunaler Ebene“ finanziert. Es hat das Ziel, eine deutsche Gemeinde, Lassan, in Mecklenburg-Vorpommern, und eine polnische, Schloppe/Człopa, in Westpommern/Zachodniopomorskie, jeweils zu Bioenergiegemeinden zu entwickeln. Die Universitäten Rostock und Stettin/Szczecin und weitere Institute werden diesen Prozess wissenschaftlich begleiten. Als Nebeneffekt ergab sich eine enge Zusammenarbeit mit der DPG Mecklenburg-Vorpommern. Dieses Vorhaben kann zu einem Modellprojekt im Sinne des EU-Klima – und Energiekonzeptes werden und den von der EU geförderten wachstumsorientierten Investitionen wertvolle Impulse in Polen und Deutschland geben. Diese Prozesse aktiv zu unterstützen ist eine Herausforderung für die Deutsch-Polnischen und Polnisch-Deutschen Gesellschaften und entspricht ihren Aufgaben und gesetzten Zielen. (Hartwig Zillmer)

5.7 Zusammenarbeit mit den Hamburger Institutionen und Organisationen

Schon von Beginn ihrer Tätigkeit an hat die DPG Hamburg für ihre Verständigungsarbeit die Zusammenarbeit mit Hamburger Institutionen und Organisationen gesucht. Besonders intensiv war bzw. ist die Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie Hamburg, der Evangelischen Akademie Hamburg (leider nicht mehr existent), der Neuen Gesellschaft Hamburg, der Landeszentrale für politische Bildung, der Senatskanzlei, der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Carl-Töpfer-Stiftung, der Behörde für Bildung und Sport, der Kulturbehörde, dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge, dem Förderkreis Rettet die Nikolaikirche (heute Förderkreis Mahnmal St. Nikolai), der Handelskammer Hamburg und der Handwerkskammer sowie nicht zu vergessen Schulen und Hochschulen.

Zusammenarbeit mit dem Generalkonsulat der Republik Polen in Hamburg
Die nach dem Ersten Weltkrieg wieder begründete Republik Polen unterhielt seit dem 1. Februar 1921 ein Generalkonsulat in Hamburg. Die Schließung erfolgte in den ersten Kriegstagen im September 1939. Nach der Befreiung 1945 wurde für kurze Zeit erneut ein Konsulat eröffnet, das aber wegen der Ost-West-Spannungen 1950 geschlossen wurde. Erst 1991 unter neuen außenpolitischen Bedingungen entstand wieder polnisches ein Generalkonsulat mit Sitz in Winterhude. (M. Joho, 2011, 11f) Das „Hamburger Abendblatt“ vermerkte das Ereignis am 19.06.1991: „ Einen Tag nach der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags in Bonn hat Hamburgs neuer Generalkonsul Marek Rzeszotarski seinen Antrittsbesuch im Rathaus gemacht. Bürgermeister Henning Voscherau überreichte ihm das Exequatur, die Bestätigungsurkunde. Der 43 Jahr alte Germanist war der erste polnische Generalkonsul nach dem Zweiten Weltkrieg (…).“

Sein Nachfolger im Amt war von 1995 bis 2001 Mieczysław Sokołowski. Von 2001 bis 2005 hat die Funktion des Generalkonsuls der gebürtige Krakauer und promovierter Jurist Andrzej Kremer (1961-2010) ausgeübt, der nach der Rückkehr in das Außenministerium zum stellvertretenden Außenminister aufstieg. Kremer gehört zu den Opfern des tragischen Unglücks am 10. April 2010, als eine hochrangige Delegation unter Leitung des polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski auf dem Weg zu einer Gedenkveranstaltung bei Smolensk mit dem Flugzeug abstürzte. Zu den kulturellen Höhepunkten in seiner Amtszeit gehörte Ende April 2004 ein Konzert der „Hamburger Camerata“ anlässlich des unmittelbar bevorstehenden Beitritts Polens in die EU. Unter den über 700 Gästen in der Jacobikirche befanden sich auch zahlreiche Mitglieder der DPG. (M. Joho, 2011, 112)

Sein Nachfolger, Jan Granat erfreute sich trotz kurzer Amtsdauer großer Beliebtheit in der Stadt. Das Generalkonsulat hatte das Polnische Jahr unterstützt, das von Mai 2005 bis Mai 2006 in der Zusammenarbeit zwischen der polnischen und der deutschen Regierung organisiert wurde. Die Hamburger hatten die Möglichkeit, verschiedene Lesungen, Konzerte und Ausstellungen zu besuchen. Das Ziel der Veranstaltungen war, wie die beiden Schirmherren, Bundespräsident Horst Köhler und Staatspräsident Aleksander Kwasniewski, betonten: „Polen und Deutsche besser mit Kultur, Geschichte und Gegenwart des jeweils anderen Landes vertraut zu machen und sich für den anderen zu interessieren und einzunehmen“ (Broschüre zum Deutsch-Polnischen Jahr 2005,3). Auch die DPG beteiligte sich an den zahlreichen Veranstaltungen.

Jan Granat folgte im August 2008 Andrzej Osiak, der das neue, junge Polen repräsentiert. Viel Aufmerksamkeit fand die von ihm konzipierte Ausstellung „Größte Härte -Verbrechen der Wehrmacht in Polen September/Oktober 1939“ am 1. September 2009, genau 70 Jahre nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen, am Mahnmal Nikolaikirche. Zu seinem großen Verdienst gehört auch die Herausgabe des Buches „Polnisches Leben in Hamburg – Śladami Polaków w Hamburgu“, die in der Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung 2011 entstand und in dem der Autor in einem Kapitel auch die Arbeit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg ausführlich beschreibt.

Den Autor Michael Joho unterstützten unsere Vorstandsmitglieder Aleksandra Jeszke-Zillmer, Hartwig Zillmer und unser Ehrenmitglied Jan Dolny. Die Idee für dieses Buch stammt bereits von Dr. Andrzej Kremer. (M. Joho, 2011,7) Als Ergebnis der Zusammenarbeit mit der Ehefrau des Konsuls Frau Agnieszka Kościelniak-Osiak entstand eine ausgezeichnete polnische Übersetzung.

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Generalkonsulat der Republik Polen und unserer Gesell-schaft war und ist, unabhängig von der personellen Besetzung im Generalkonsulat, von gegenseitiger Wert-schätzung geprägt. Es findet ein ständiger Informationsaustausch zwischen dem Generalkonsulat und dem Vorstand der Gesellschaft statt. Veranstaltungen werden nach gegenseitiger Absprache organisiert bzw. es wird wechselseitig der jeweilige Empfängerkreis von Informationen über Veranstaltungen informiert.

6. Polen in der EU – neue Chancen im deutsch-polnischen Dialog

Ein Traum ist für Polen am 1. Mai 2004 Realität geworden, der Staat fand den Platz, den es für sich selbst immer gesehen hat, nämlich als Land im Zentrum Europas. Mit den anderen Beitrittsländern begann für Polen, für Deutschland und für Europa nun eine neue Zeit, in der alle Menschen in Europa vor neue Herausforderungen gestellt wurden. Mit der Aufnahme Polens in die EU begann auch eine neue Phase der bilateralen Beziehungen. Die geänderte Situation brachte durchaus auch noch manche Probleme, die gemeinsam bewältigt werden mussten. Es galt einige Stolpersteine zu beseitigen, wenn die deutsch-polnische Nachbarschaft sich weiter entwickeln soll.

Deutschland und Polen wurden Partner in der EU. Beide Länder versprachen sich eine Vertiefung der Zusammenarbeit im politischen, wirtschaftlichen, kulturellen, ökologischen und zivilgesellschaftlichen Bereich. Mit der Aufnahme in die EU waren die Voraussetzungen geschaffen, die angespannten deutsch-polnischen Beziehungen zu verbessern, denn „die Deutschen verstehen die Polen nicht mehr, und die Polen vertrauen den Deutschen nicht mehr“, wie es Janusz Reiter im DIALOG 65/2004 formulierte. Er setzte fort: „Auf der deutschen Seite herrschte in den letzten Jahren eine gewisse Selbstzufriedenheit. Das polnische Thema schien abgehakt zu sein. Daran war auch etwas Wahres, denn wir haben schließlich einen gemeinsamen Erfolg errungen: die Aufnahme Polens in die NATO und EU ist ja beachtenswert. Doch es war schon seit längerem zu beobachten, dass die Schwäche unserer Beziehungen nach Erreichen dieses gemeinsamen Ziels offenbar werden würde.“

Trotz der pessimistischen Einschätzung von Janusz Reiter ist das Interesse an Polen als Mitglied der Europäischen Union ohne Zweifel stärker geworden, das lässt sich nicht nur ganz allgemein feststellen, sondern wurde auch bei Aktivitäten der DPG Hamburg deutlich. So fanden beispielsweise die von der Gesellschaft organisierten Studienfahrten seit mehreren Jahren wieder ein steigendes Interesse. (Gerd Hoffmann)

6.1 Jahreskongresse der DPG Bundesverband und 2007 in Hamburg

Da nach der Wende 1989 ein Dialogbedürfnis mit Polen und seinen Menschen besonders ausgeprägt war, wurde von dem damaligen Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für deutsch-polnische Verständigung (ab 1995 Deutsch-Polnische Gesellschaft Bundesverband) und Vorsitzenden der DPG Hamburg Dr. Hanno Jochimsen vorgeschlagen, gemeinsame deutsch-polnische Kongresse zu veranstalten, auf denen sich die Menschen treffen könnten, die im Brückenbau zwischen beiden Ländern engagiert und guten Willens sind. Dabei sollte die Zusammenarbeit über das deutsch-polnische Magazin DIALOG hinaus, weiter entwickelt werden. Beginnend mit dem ersten Kongress, der im Sommer 1992 in Berlin stattfand, wurden gemeinsam jedes Jahr ein deutsch-polnischer Kongress unter dem Motto „Deutsche und Polen gemeinsam in Europa“, jeweils wechselnd in einer deutschen oder polnischen Stadt, durchgeführt, und zwar in Stettin/Szczecin 1993, Wolfsburg 1994, Bielsko-Biała 1995, Görlitz/Zgorzelec 1996, Danzig/Gdańsk 1997, Suhl 1998, Rzeszów 1999, Bremen 2000, Lissa/Leszno 2001, Frankfurt/Main 2002, und Krakau/Kraków 2003.

Obwohl das Interesse und die Teilnehmerzahlen an diesen Kongressen ständig zunahm, sahen sich die Organisatoren auf beiden Seiten aus finanziellen Gründen gezwungen, das bewährte Organisationsmuster zu ändern, da die notwendige Förderung aus öffentlichen und privaten Mitteln nicht mehr sichergestellt werden konnte. Fortan fanden die bisherigen gemeinsamen Kongresse als Arbeitstagungen des deutschen Bundes- und des polnischen Landesverbandes bei gegenseitigen Einladungen jeweils in Deutschland (Hannover 2004, Zinnowitz 2005,Berlin 2006, Hamburg 2007, Magdeburg 2008, Versmold 2009, Kiel 2010, Frankfurt/Oder 2011) und in Polen (u.a. Posen/Poznań, Bromberg/Bydgoszcz, Danzig/Gdańsk) statt. Der nächste Kongress findet Anfang November 2012 im Hambacher Schloss bei Neustadt/Weinstraße statt.

Während der Kongresse wird seit 2005 der „DIALOG-Preis“ verliehen. Der Preis ist nicht dotiert und besteht aus einem Kunstobjekt und einer Urkunde. Mit dem Preis wurden Personen, Institutionen, Initiativen, Medienprojekte und Redaktionen ausgezeichnet, die sich für die Vertiefung der deutsch-polnischen Beziehungen engagiert haben.

Die Jahrestagung des Bundesverbandes 2007 fand in Hamburg statt. Die Grußworte auf der Eröffnungsveranstaltung im Festsaal des Hamburger Rathauses sprachen u.a. der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, Ole von Beust und der Präsident der Stadt Danzig/Gdańsk, Paweł Adamowicz als Ehrengast der Jahrestagung. Als Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Bundesverband begrüßte Dr. Angelika Schwall-Düren die Gäste. Während der feierlichen Eröffnung wurde der DIALOG-Preis durch die Vorsitzende des Kuratoriums der DPG Bundesverband, Prof. Rita Süssmuth verliehen. Die Preisträger waren das Deutsch-Polnische Jugendwerk und die „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Schüler, Christliche Bildungsinitiative“.

Das Ereignis wurde am 14. November im Hamburger Abendblatt nur in einem kurzen Beitrag gewürdigt. „Die Jahrestagung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft, die erstmals in Hamburg stattgefunden hat, ist erfolgreich zu Ende gegangen. Die Teilnehmer sprachen sich nachdrücklich für ein breites Austauschprogramm zwischen deutschen und polnischen Jugendlichen aus. Die veränderte politische Situation in Polen nach der stattgefundenen Neuwahl müsse genützt werden, um die Zusammenarbeit beider Länder weiter zu stärken – die DPG sieht sich dabei besonders in der Pflicht (…).“

In Rahmen dieser Kongresse und Arbeitstagungen fanden und finden sich viele Menschen zusammen, um über gemeinsam interessierende Fragen und Probleme zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und Zukunftspläne zu schmieden, Die Jahrestreffen dienten immer als wichtige Kontaktbörse und boten die Möglichkeit, zum deutsch-polnischen Dialog beizutragen und damit gleichzeitig an die Öffentlichkeit zu treten. (Gerd Hoffmann)

6.2 Praktikantenprogramme – Initiative zum praktischen Erfahrungsaustausch

Schon zu Beginn der 70-er Jahre wurde gemeinsam mit der Deutschen Beamtenbund-Jugend Hamburg und mit Unterstützung der Hamburger Baubehörde ein Praktikantenprogramm für Ingenieure und Mitarbeiter der Warschauer Stadtverwaltung entwickelt, an dem über acht Jahre Mitarbeiter aus den technischen Bereichen teilgenommen haben. Ende der 80-er Jahre bot die DPG einigen Ärztinnen und Ärzten aus Krankenhäusern in Rzeszów die Möglichkeit, an den Allgemeinen Krankenhäusern Barmbek, St. Georg und Eilbek medizinische Erfahrungen zu sammeln. Aus diesen Praktikumsaufenthalten haben sich intensive freundschaftliche Beziehungen entwickelt, die bis heute fortdauern.

Seit 2007 wird in Zusammenarbeit mit der Universität Rzeszów Studentinnen und Studenten der Germanistik-Fakultät aber auch aus anderen Fachbereichen im Rahmen des Erasmus-Programms der Europäischen Union die Möglichkeit angeboten, Praktika von jeweils drei Monaten in unserem Büro in Farmsen zu absolvieren. In den letzten Jahren nahmen acht Studentinnen und Studenten an diesem Programm teil. Sie unterstützen den Vorstand bei seiner ehrenamtlichen Arbeit. Sie bereiten die Veranstaltungen vor, versenden die Einladungen und nehmen daran teil. Anschließend schreiben sie Berichte über die besuchten Veranstaltungen. Da wir das Büro in der Volkshochschule Farmsen haben, nehmen einige von ihnen an den Kursen teil, die ihren Interessen entsprechen, z.B. Polnischunterricht, Deutschunterricht, etc. Bei der Betreuung der Praktikantinnen/Praktikanten entwickelte sich die Zusammenarbeit mit dem polnischen Konsulat sehr erfolgreich. Sie absolvieren ein Kurzpraktikum im Konsulat, das ihnen ermöglicht, die Besonderheiten der konsularischen Arbeit kennenzulernen. Einige von ihnen unternehmen Ausflüge in sehenswerte Städte in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Alle Studenten sammelten entweder Unterlagen für ihre Magisterarbeiten oder schrieben Teile der Arbeit und nahmen dabei unsere Hilfe in Anspruch. Die jungen Menschen wohnen bei Hamburger Familien, wo sie in allen täglichen Situationen deutsch sprechen müssen. In dieser Hinsicht sind wir auf Hilfe unserer Mitglieder angewiesen, von denen die Familie Hella Hinrichsen und Christof Bohlen besonders hervorzuheben ist. Seit vielen Jahren nehmen sie in ihrem Haus eine Praktikantin oder einen Praktikanten auf. Die Berichte unserer Gäste sind immer positiv, die Gastfreundschaft und die interessanten Begegnungen mit der Familie wurden immer wieder betont.

Unser Angebot kommt bei den jungen Menschen gut an. Ihre Berichte geben es wieder: 2008 schrieb Maciej Świderski: „(…) Es war für mich eine riesengroße Ehre mit Ihnen zu arbeiten. „Danke“ ist zu wenig, aber sowohl auf Deutsch als auch auf Polnisch finde ich keine Worte, die meine Dankbarkeit äußern können. Ich hoffe, wir sehen uns noch irgendwann.“

Małgorzata Tenus, die Praktikantin 2009, schreibt in ihren Abschlussbericht: (…) Ich habe eine Möglichkeit in verschiedenen Veranstaltungen, Konzerten und Treffen teilzunehmen gehabt. Ich habe viele nette und interessante Leute kennengelernt. Jeden Tag konnte ich meine Sprachkenntnisse verbessern und neue Erfahrungen sammeln. Ich habe drei Monate in einer schönen Stadt verbracht und ich habe mit prächtigen Leuten gearbeitet. Ich möchte allen Mitgliedern und besonders dem Vorstand von der Deutsch-Polnischen Gesellschaft für alles danken. Sie machen sehr viel für die Leute, die sowohl aus Deutschland als auch aus Polen kommen und sich für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen interessieren. Was sie für mich getan haben, werde ich nie vergessen. Also noch einmal: Bardzo dziekuję za wszystko!“

Karolina Jandzińska, die bei der Vorbereitung des Kongresses des Deutsch-Polnische Gesellschaft Bundesverband 2010 in Kiel unsere Kollegen unterstützte, berichtete nach dem Praktikum: „Während des Aufenthalts in Deutschland habe ich nicht nur Hamburg und Kiel kennen gelernt, sondern hatte auch die Gelegenheit, weitere Städte wie Lübeck, Uelzen, Wismar zu besichtigen.(…) Ich möchte mich recht herzlich für die Möglichkeit bedanken, das Praktikum bei der Deutsch- Polnischen Gesellschaft Hamburg, der DPG Kiel und dem Kreisjugendring Plön ableisten zu dürfen. Dieses Praktikum war für mich sehr wichtig, weil ich ständig mein Wissen vertiefen und mich fortbilden konnte. Nach diesem dreimonatigen Aufenthalt in Deutschland stelle ich fest, dass dieses Praktikum eines der wichtigsten Schritten in meiner Ausbildung und zukünftigen beruflichen Karriere gewesen ist. Ich habe viele interessante Menschen kennen gelernt und von jeder dieser Personen immer etwas Neues gelernt, was sowohl die Sprachkenntnisse als auch allgemeines Wissen betrifft. Ich glaube außerdem, dass die hier geknüpften Kontakte auch in der Zukunft fortgesetzt werden können.“

Martyna Wójcik, die ebenfalls 2010 in Hamburg war, schrieb: (…)Ich konnte beobachten, wie ich mich selbst verändere. Ich bin nach Deutschland gekommen, um meine Deutschkenntnisse zu verbessern. Aber solche Erfahrungen, wie ich hier erlebe, sind auch für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig. Ich habe mich mit verschiedenen Leuten im unterschiedlichen Alter getroffen. Ich habe die Möglichkeit gehabt, ihre Meinung zu erfahren und dadurch auch mein eigenes Bild von unterschiedlichen Sachen zu machen. Jetzt habe ich einem breiteren Blick auf die Welt. Ich weiß, wie unterschiedlich Menschen sind und im Leben, in der zukünftigen Arbeit muss man mit allen umgehen können. Ich habe hier auch meine Diplomarbeit geschrieben.“

Der Praktikant des Jahres 2012, Jan Hala, konnte sich auch nicht über mangelnde Aktivitäten beklagen. In den drei Monaten seiner Tätigkeit in unserer Gesellschaft nahm er an 33 Veranstaltungen teil bzw. beteiligte sich an ihrer Vorbereitung und Durchführung.

In allen Berichten unserer Praktikanten wurde immer wieder betont, wie wichtig für sie der Aufenthalt in Hamburg war. Sie konnten ihre Sprachkenntnisse verbessern und viele Erfahrung sammeln, die zu ihrer „Persönlichkeitsentwicklung“ beitrugen.

6.3 Die Stellungnahme zur Frage eines Zentrums gegen Vertreibung

Nach der Wende 1989 befanden sich Deutsche und Polen bis Anfang unseres Jahrtausends in einer historischen Situation, die sich nach den teilweise von Konfrontation überschatteten Zeiten immer stärker in eine von mehr und mehr Vertrauen geprägte Zusammenarbeit entwickelte, die insbesondere unsere Gesellschaft mit Freude erfüllte. Die starke Unterstützung des Beitritts Polens zur NATO und in die Europäische Union waren dafür eindeutige Beweise. Anfang 2000 war allerdings beiderseits der Oder und Neiße ein wachsendes Unbehagen mit zunehmenden Misstrauen und sogar Ängsten zu spüren. Die Ursache lag zum einen in der Diskussion in den Kreisen der Heimatvertriebenen, die planten in Berlin ein Zentrum gegen Vertreibungen zu errichten. Auch die Forderungen einer s.g. „Preußischen Treuhand“ nach Entschädigung stießen in Polen auf Unverständnis und massive Ablehnung. Diese Situation trug dazu bei, dass sich in Polen die Stimmung gegenüber Deutschland mehr und mehr verschlechterte.

Die politische Diskussion mit den Mitgliedern der Gesellschaft wurde in den Jahren 2004-2009 von diesen Themen stark beeinflusst. Das wurde sowohl allgemein bei unseren Veranstaltungen, aber insbesondere bei einem Mitgliedergespräch zum Thema „Zentrum gegen Vertreibungen“ im März 2004 deutlich. Viele Mitglieder empfanden die Aktivitäten aus Kreisen der Vertriebenen als unerträgliche Provokation, die das deutsch-polnische Verhältnis stark belastete. Die Menschen, die sich seit Jahrzehnten für die Aussöhnung und Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Polen einsetzten, trafen diese zweifelhaften Initiativen besonders schmerzlich. Die Arbeit der Vertriebenenverbände wurde als gezielte Provokation von Seiten der Funktionäre empfunden, die die Entwicklung des deutsch-polnischen Verhältnisses in einem vereinten Europa beeinträchtigen könnten.

Im März 2009 erreichte uns ein Brief unseres Mitglieds, und ehemaligen Vorstandsmitglieds Christof Leidner, der u.a. schrieb: „Köpfe sind wichtig, nicht Parteizugehörigkeit. Zudem ist man in Polen sehr empfänglich für Gesten und Symbole. Ob zu Recht oder Unrecht: in Polen gilt die Person Erika Steinbach heute als Symbol für deutschen Revanchismus und Polenfeindlichkeit. Wer jetzt glaubt, dass sich dieses verfestigte Bild in kurzer Zeit revidieren oder gar ins Gegenteil verkehren ließe, verkennt die Realität. Insbesondere muss sich die CDU von der Illusion verabschieden, man könne kurzfristig beides haben: das Wohlwollen und Verständnis Polens für das „sichtbare Zeichen“ und ihr Fraktionsmitglied Erika Steinbach im Stiftungsrat.“

Auch andere Mitglieder wandten sich an den Vorstand mit der Aufforderung, Stellung zu beziehen. Corinna Makowski schrieb am 9.03.2009: „(…) Die polnische Seite müsste einfach kompromissloser vertreten werden. Mir ist vollkommen klar, dass das für uns nur im kleinen Rahmen geht. Und ich bin hinsichtlich eines möglichen Engagements nur ein kleines Licht, da beruflich täglich bis spät abends eingebunden. (…) Eine Idee wäre zum Beispiel, häufiger mal Position in Form besagter Leserbriefe zu beziehen, um zumindest so einen Kontrapunkt zu setzen. (…)“.

Aus Erfahrung wussten wir, dass es über Lesebriefe in der Hamburger Presse kaum möglich war, unsere Meinung zu vertreten. So wurde ein „Aufruf zur Arbeit der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ entworfen, der von der Mitgliederversammlung im April 2009 nach intensiver Diskussion angenommen wurde. Neben der Erläuterung der historischen Besonderheiten der deutsch-polnischen Geschichte wurden Forderungen gestellt: „(…) Wir fordern daher, dass die Arbeit der Stiftung und das beabsichtigte „sichtbare Zeichen“ stark von der Kenntnis der polnischen Geschichte und Kultur geleitet wird. Deutschland ist dabei klug beraten, wenn es beim Gedenken an die eigenen Kriegsopfer den offenen und ehrlichen Dialog mit Polen sucht. Die Diskussion über Polens Einstellung hierzu darf keine Diskussion über Polen ohne polnische Beteiligung sein. (…)“ ( Volltext: Anhang 2)

Um den Wirkungsgrad zu erweitern, haben wir unseren Aufruf nicht nur in die Mitgliederversammlung des Bundesverbandes eingebracht und mit positiven Votum verabschieden lassen, sondern uns auch an die Mitglieder des Stiftungsbeirats gewandt: „Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg, die sich seit fast vierzig Jahren für die Versöhnung, Verständigung, Zusammenarbeit und Freundschaft mit unserem Nachbarland Polen einsetzt, sieht mit großer Sorge, dass die Arbeit der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ durch die öffentliche Auseinandersetzung um die Besetzung des Stiftungsbeirates die eigentliche Arbeit schon vor ihrem Beginn total in den Hintergrund drängt. Darüber hinaus droht dieser Streit die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen in unerträglicher Weise zu belasten und damit die nach der Wende erreichten Fortschritte in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit zu gefährden. Wir wenden uns daher mit dem beigefügten Aufruf an Sie, als Mitglied des Stiftungsbeirats, die wichtige Arbeit der Stiftung nun endlich beginnen zu lassen; dabei muss diese Arbeit aus den parteipolitischen Auseinandersetzungen heraus gehalten werden und darf vor allen Dingen nicht als Wahlkampfthema missbraucht werden. Wir hoffen sehr, dass Sie den von unserer Mitgliederversammlung 2009 beschlossenen Aufruf unterstützen werden. Gleichzeitig wenden wir uns mit der Bitte um Unterstützung unseres Anliegens an alle in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit tätigen Verantwortlichen und an die Öffentlichkeit.“

Die Resonanz war sehr positiv. Unter anderen schrieb der Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke am 2. September 2009: „(…) Sie können sicher sein, dass ich die von Ihnen formulierten Ansichten in jeder Hinsicht teile. (…) Unsere Stiftung steht noch ganz am Anfang. Unser Kuratorium ist so zusammengesetzt, dass es keinen Grund zu Befürchtungen geben muss. Wir suchen den Dialog mit Polen und wissen alle, dass es keinen Weg zur Versöhnung geben kann, wenn Polen und Deutsche ihn nicht gemeinsam gehen.“ Auch der der Bevollmächtigte der Freien und Hansestadt Hamburg beim Bund, Staatsrat Carsten-Ludwig Lüdemann schrieb in der Antwort zu unserem Aufruf: „Hamburg hat ein großes Interesse daran, mit seinem Nachbarn in der EU – und besonders mit dem unmittelbaren Nachbarn Polen – in engem, freundschaftlichem Kontakt und in einem lebendigen Austausch zu stehen.“

Als Höhepunkt unserer Veranstaltungen 2010 betrachten wir die Podiumsdiskussion zum Thema „Zwangsmigrationen im Kontext des Zweiten Weltkrieges“, zu der wir in der Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie und dem polnischen Generalkonsulat einluden. An der Diskussion nahmen Prof. Manfred Kittel (Direktor der Stiftung „Flucht, Vertreibung und Versöhnung“), Weihbischof Hans-Jochen Jaschke (Mitglied im Stiftungsrat) und Dr. Robert Zurek (Polnische Akademie der Wissenschaften Berlin) teil. Mit großer Sensibilität moderierte Frau Alice Bota (Redakteurin DIE ZEIT ) das Gespräch. Drei unterschiedliche Meinungen wurden vertreten. Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der als kleines Kind seinen Geburtsort mit seiner Mutter verlassen musste und die Flüchtlingsodyssee noch in der Erinnerung hatte, warb um Verständnis für das Leiden und den Verlust der Menschen. Prof. Manfred Kittel lieferte eine wissenschaftliche Grundlage für die verwendeten Begriffe, vor allem für den Begriff „Vertreibung“, Er wies auch auf die Probleme der Geschichtsschreibung nach dem Krieg und die Schwierigkeiten bei der Gestaltung des Zentrums „Flucht, Vertreibung und Versöhnung“ hin. Dr. Robert Zurek erläuterte die polnische Position zu diesem Thema und äußerte gegenüber dem Projekt große Skepsis. Die Diskussion rief bei den Zuschauern sehr unterschiedliche Reaktionen hervor, von Zorn, Skepsis bis zur Hilfestellung bei den Recherchen nach den Berichten von Zeitzeugen. Nach der Veranstaltung wurde weiter intensiv diskutiert, wobei ein Großteil der Teilnehmer/innen die Meinung vertrat, dass es notwendig war, dieses wichtige Thema erneut zur Diskussion zu stellen.

6.4 Studienreisen

Schon seit Mitte der 70-er Jahre gehörten Studienfahrten zum Arbeitsprogramm der DPG Hamburg, die als Bildungsreisen von der Landeszentrale für politische Bildung anerkannt wurden. Durch diese Anerkennung war es möglich, Sonderurlaub nach dem Hamburgischen Bildungsurlaubsgesetz zu beantragen. Die Reisen dauerten zwischen vier und zwölf Tagen und boten Mitgliedern und Freunden neben touristischen Zielen und Betriebsbesichtigungen Informationsgespräche und Diskussionen mit polnischen Gesprächspartnern.

Die erste Studienfahrt der Gesellschaft fand bereits 1973 statt; ihr folgten Reisen in den Jahren 1975 und 1977. Nach Verhängung des Kriegsrechts in Polen im Dezember 1981 haben wir auf die Durchführung verzichtet und erst 1986 unsere nächste Studienfahrt organisiert, die nach Krakau und in die Region Rzeszów führte. Ende der 80-er bis Anfang der 90-er veranstalteten wir unter dem Motto „Kultur in Polen“ mehrere Kurz-Studienreisen, die Poznań/Posen, Wrocław/Breslau, Warschau und Stettin/Szczecin als Ziel hatten.

Das damalige Vorstandsmitglied, Jan Dolny, organisierte ebenfalls einige Reisen nach Polen. Seine erste Studienreise unter dem Motto, „Warschau: Vergangenheit – Gegenwart und Zukunft“ fand im Oktober 1991 statt. 29 „polenbegeisterte“ Menschen nahmen an einem anspruchsvollen Programm mit vielen Highlights teil, das mit Unterstützung der Freunde im Bezirksamt Warschau-Mitte zusammengestellt wurde. Für viele Hamburger war es überhaupt die erste Reise nach Polen. Jan Dolny berichtete: „Wir trafen unsere Freunde aus Warschau-Mitte, die vor wenigen Monaten noch unsere Gäste in der Hansestadt waren, und mit denen wir damals auf eine Partnerschaft hofften. Die Bemühungen unserer Gesellschaft um eine enge Zusammenarbeit mit der polnischen Hauptstadt hatten sich herumgesprochen. Der für die deutsch-polnischen Sendungen im polnischen Rundfunk zuständige Abteilungsleiter Aleksander Opalski und die Redakteurin Inka Jasiczek nahmen die Gelegenheit wahr und führten mit uns Gespräche, die noch am selben Abend im Rundfunk gesendet wurden. (…) Unsere „Warschauer“ hatten sich mit der Auswahl an Besichtigungsorten und Gesprächspartnern wahrlich „übertroffen“! Die wieder ihren historischen Glanz erlangte Altstadt mit dem rekonstruierten Warschauer Königsschloss, deren totale Zerstörung während der Kriegshandlungen wir im Historischen Museum nacherleben konnten, übten einen unglaublichen Zauber auf uns aus. Beim Abendessen gesellte sich der Sekretär der Polnisch-Deutschen Gesellschaft in Warszawa, Herr Marek Prawda zu uns. Es war die erste und überaus erfolgreiche Begegnung mit dem heutigen Botschafter der Republik Polen. Die Gespräche mit den Bürgermeistern von Warschau-Mitte Jan Rutkiewicz und Marcin Sobocki sowie dem Vorsitzenden des Parlaments Dr. Kazimierz May, wurden ehrlich und offen geführt. Aus jedem Satz konnten wir entnehmen, wie sehr es den Warschauern um gute Beziehungen zu Hamburg gelegen war. Im Warschauer Lyzeum „Stefan Batory“, wo vor wenigen Monaten eine Delegation unserer Gesellschaft den Freundschaftsvertrag zum Gymnasium Hamm unterschrieben hatte, wurden wir wie gute Freunde begrüßt.“

Nachdem das Interesse in den 90-er Jahren ein wenig zurückgegangen war, wurde im Jahre 2000 erneut begonnen, regelmäßig Studienfahrten nach Polen für die Mitglieder und andere Interessierte zu organisieren. Die Leitung übernahm der Vorsitzende der Gesellschaft Gerd Hoffmann, der bis 2010 jedes Jahr die Teilnehmer/innen in unterschiedliche Regionen Polens führte. Seine letzten zwei Reisen nach Südostpolen organisierte er unter dem Motto: „Unter polnischen Gipfeln“. Die letzte Reise fand im September 2010 statt. Er berichtet: „Vom 24. August bis 7. September waren die polnischen Beskiden (Szczyrk), die Hohe Tatra (Zakopane) und das Bieszczady-Gebirge (Czarna) im Drei-Länder-Eck Polen, Ukraine und Slowakei sowie ein kleiner Abstecher in die Slowakei (Bardejov) unser Ziel. 39 Mitglieder und Freunde unserer Gesellschaft haben an dieser Fahrt teilgenommen, für die auf unseren Antrag hin auch Bildungsurlaub gewährt werden konnte. Schwerpunkt unserer Reise war die Wojewodschaft Podkarpackie/Vorkarpaten, zu der unsere Gesellschaft seit 30 Jahren intensive Beziehungen pflegt. Unter der Betreuung der mit uns eng befreundeten Polnisch-Deutschen Gesellschaft Rzeszów (PDG) wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Gelegenheit geboten, sich in Gesprächen mit dem EU-Abgeordneten Dr. Mieczysław Janowski, mit dem stellvertretenden Stadtpräsidenten von Rzeszów Henryk Wolicki und dem deutschen Honorarkonsul Adam Gajdek über vielfältige, gemeinsam interessierende Fragen zu informieren. Ein Informationsgespräch mit dem Kanzler der Fachhochschule Krosno Franciszek Tereszkiewicz, ein Abend mit Mitgliedern der PDG Rzeszów auf dem historischen Gutshof von Kazimierz und Dominika Obodyński in Targowiska bei Krosno und eine Einladung zu einem Abend in Rzeszower Familien rundeten das vielseitige Programm ab. Die europäische Kulturmetropole Krakau stand als krönender Abschluss die letzten beiden Tage auf dem Programm, bevor von dort aus die Bahnrückreise angetreten wurde. Besonders hervorgehoben werden muss, dass wir uns mit der Familie von Frau Maria Załubska treffen konnten, deren Haus im Juni dieses Jahres durch die katastrophalen Regenfälle in Südostpolen völlig zerstört wurde. Die Teilnehmer/Innen unserer Studienfahrt sammelten im Bus spontan über 1000 Euro, die wir Frau Załubska zu ihrer großen Überraschung und Freude bei unserem Treffen am 29. August überreichen konnten.“

Die im Rahmen unseres Aufrufs eingegangenen Spenden wurden der allein erziehenden Mutter von drei Söhnen, deren Vater sich vor zwei Jahren das Leben nahm, bei unserem Besuch in Rzeszów zwei Monate später, im November 2010 übergeben.“

Die Reise 2011 organisierte die Nachfolgerin von Gerd Hoffmann, Viola Krizak. Sie führte die Gruppe 2011 nach Warschau und Südostpolen. Die 17 Teilnehmer kamen begeistert und beeindruckt von der Reise zurück. In den Mitteilungen der DPG erschien darüber ein Bericht von Viola Krizak: „Die 11. Reise in der Reihe „Unser Nachbar Polen“ führte nach Lublin, Zamość, Sandomierz, Kazimierz Dolny und Warschau. In Lublin hat uns besonders die Altstadt mit der Burg und der wunderbaren gotischen Dreifaltigkeitskapelle mit den altrussischen – byzantinischen Fresken aus dem Ende des 14. Jahrhunderts beeindruckt. Wichtig war auch die Fahrt auf den Spuren der Juden dieser Region, die mit dem Besuch des KZ Majdanek abgeschlossen wurde. Der Besuch der barocken Schlossanlage in Kozłówka (1735-42) und des „sozrealistischen“ Museums mit den Werken aus der Nachkriegszeit, hatte einen Seltenheitswert. Danach folgte Zamość, eine Stadt, die im 16. Jahrhundert als eine „ideale“ Renaissancestadt von Jan Zamojski erbaut wurde. Die weiteren Etappen der Reise waren das barocke Schloss in Baranów Sandomierski, Klimontów mit der interessanten Kirche mir ovalem Grundriss, Opatów mit dem kunsthistorisch herausragenden Grabmal und besonders die Grabplatte der Familie Szydłowiecki, s.g. opatover Lamentio und die beeindruckende Ruine des im 17. Jh. von Krzysztof Osoliński erbauten Schlosses Krzyżtopór, damals einer größten Schlossanlage dieser Art in Europa. Auch die Zungenbrecher-Stadt „Szczebrzeszyn“ haben wir besichtigt. Die Höhepunkte unserer Reise haben uns aber in Warschau erwartet. Zuerst war es das schöne Stadtbild mit der Altstadt, Königspalast und dem Palast der Kultur mit dem atemberaubenden Ausblick auf die ganze Stadt. Am Sonntag hörten wir im Łazienki-Park unter dem ausdrucksstarken expressionistischen Denkmal von Frederic Chopin ein wunderbares Chopin-Konzert. Die besondere Musikqualität, der Sonnenschein und die vielen Zuschauer haben zu einer wunderbaren Stimmung beigetragen. Abends hörten wir im Königsschloss „im schönsten Saal“ Warschaus ein Konzert der Gruppe „Dekameron“ die auf alten Instrumenten mittelalterliche Musik vorgeführt und der Gruppe „Subtilior“ die á capella Renaissance- und Barockmusik gesungen hat. In der Konzertpause hatten wir auch die Möglichkeit mit dem deutschen Botschafter in Warschau, Rüdiger Freiherr von Fritsch ein Gespräch zu führen.

An den zwei folgenden Abenden trafen wir Anna Mieszkowska, Autorin der Biographie der Irena Sendler, deren Namen die Stadtteilschule in Wellingsbüttel trägt. Lutger Kazmierczak, der deutsche Korrespondent in Warschau war der zweite Gast, der uns über die Besonderheiten seines Berufs und das Leben in Warschau berichtete.“

Das Besondere der DPG Reisen sind interessante Begegnungen mit den Menschen vor Ort, die ein Kennenlernen und einen Gedankenaustausch erlauben. Wie Hanno Jochimsen sagte: „Am wichtigsten, dass man sich trifft.“ Wir werden auch die Reisen fortsetzen, im Jahr 2012 fahren wir nach Danzig, Marienburg, Thorn und nach Masuren. Bisher nutzten über die Jahre fast 1000 Teilnehmer/innen die Studienangebote unserer Gesellschaft.

An dieser Stelle ist es mehr als angebracht, unseren langjährigen Partner und Berater bei der Vorbereitung und Durchführung unserer Studienfahrten nach Polen, Zygmunt Witowski, herzlich Dank zu sagen. Als polnischer Verantwortlicher hat er schon die ersten Studienfahrten der DBB (Deutscher Beamtenbund)-Jugend Hamburg und die kommunalkundlichen Studienreisen der Verwaltungsschule Hamburg gemeinsam mit Gerd Hoffmann Ende der 60-/Anfang der 70-er Jahre begleitet. Seit über zehn Jahren (seit 2000) organisiert er unsere erfolgreichen Studienreisen, die außer nach Polen auch in die Ukraine und die Slowakei sowie nach Litauen führten.

6.5 Neues aus Polen

Die Nachrichten-Links über Polen, die ich im fast wöchentlichen Rhythmus verschicke, sind eigentlich eher zufällig entstanden. Lange Zeit hatte ich gezögert, mir einen privaten Rechner anzuschaffen, sitze ich doch beruflich häufig und lange vor so einem „Zeiträuber“. Mittlerweile gilt jedoch der klassische handgeschriebene Brief – Gott sei’s geklagt – als Anachronismus, sodass auch ich mich irgendwann gezwungen sah, mir einen PC mit Internetanschluss auf den häuslichen Schreibtisch zu stellen. Von da an stand das Fenster zur Welt weit offen. Suchmaschinen und später dann der DSL-Anschluss taten ihr Übriges.

War es für mich bis dahin nur durch aufmerksames Verfolgen von Zeitung, Radio und Fernsehen möglich, mir einen guten Überblick über das Geschehen in Polen zu verschaffen, taten sich nun ungeahnte Perspektiven auf. Mit dem Betreff „Neues aus Polen“ schickte ich per E-Mail das eine oder andere besonders Interessante an Verwandte und Bekannte, von denen ich wusste, dass sie sich auch für Polen interessierten. Im Laufe der Zeit wurden die Listen der Links und der Empfänger immer länger, die Abstände zwischen den Mails kürzer. Nach ihrer Wahl zur DPG-Vorsitzenden fragte mich Viola Krizak, ob sie „Neues aus Polen“ auch an die Mitglieder weiterleiten dürfte. Natürlich hatte ich nichts gegen diese Form der „Zweitverwertung“, zeigte dies doch, dass ich auf Interesse gestoßen war.

Wer einmal die Gelegenheit hatte am selben Tag die polnische und die deutsche Hauptausgabe der Fernsehnachrichten hintereinander zu sehen, weiß, dass man manchmal meinen könnte, die beiden Länder lägen auf unterschiedlichen Planeten. Wenn wir ein gutes Miteinander mit unseren polnischen Nachbarn leben wollen, müssen wir aber wissen, was die Menschen jenseits der Oder umtreibt, und auch was eben nicht. Je besser wir den Partner kennen, desto besser können wir auf ihn eingehen. Das ist für mich eines der Hauptmotive dieses privaten „E-Mail-Service“. Daher möchte ich vor allem diejenigen Themen vorstellen, über die man in Polen spricht, und gleichzeitig bewusst machen, dass sich diese oft von dem unterscheiden, was in Deutschland über Polen geredet und geschrieben wird.

Mittlerweile lasse ich auch persönliche Kommentare einfließen oder steuere eigene Erlebnisse und Eindrücke bei, die die Berichte aus den Internetportalen ergänzen bzw. veranschaulichen sollen. Ein Extremfall in dieser Hinsicht, war der Absturz des Präsidentenflugzeugs bei Smolensk im April 2010. Da mir – wie sicher auch vielen anderen – dieses Ereignis persönlich nahe ging, verzichtete ich damals gänzlich auf Links zu deutschen Internetportalen und beließ es bei einem längeren Kommentar. Besonders freue ich mich immer über Reaktionen der Empfänger von „Neues aus Polen“. Lob wie Kritik (z. B. an meinen Kommentaren) verstehe ich als Würdigung des zeitlichen Einsatzes von durchschnittlich einer Stunde pro Woche und sind für mich Ansporn. Und mittlerweile gibt es in der DPG-HH mit Rainer Krizak sogar eine „Ur¬laubsvertretung“ – dafür an dieser Stelle herzlichen Dank.

Alles hat seine Zeit und so lasse ich lieber offen, wie lange ich „Neues aus Polen“ noch betreibe. In Zeiten von Twitter, Facebook, ACTA-Diskussion und einer sich ständig wandelnden Medienlandschaft kann niemand vorhersagen, wie lange dieser Service in seiner jetzigen Form aufrecht zu erhalten ist. Solange er aber unkompliziert zu betreiben ist und allen Beteiligten Spaß macht, geht’s weiter. Bis zum nächsten Mal.

Einige Kommentare:

11.04.2010
(…) Ich habe in den letzten 24 Stunden vorwiegend polnische Medien verfolgt und am Abend auch einige private Mails aus Polen erhalten. Danach befindet sich das Land in einer Art Schock-Starre – Politiker, die vor laufender Kamera in Tränen ausbrechen, Journalisten, die offen bekennen, dass sie ihren Interviewpartnern keine sinnvolle Frage stellen können … Das ist alles nur zu verständlich, kannten doch die beteiligten Kommentatoren viele der Opfer persönlich.

Dadurch dass in der deutschen Berichterstattung der Tod des Präsidenten Lech Kaczyński im Vordergrund steht, gerät die tatsächliche Tragweite des Unglücks für Polen leider etwas aus dem Blick. Das Land verliert neben seinem Staatsoberhaupt zahlreiche wichtige Personen des öffentlichen Lebens und der Verwaltung. Auf der Passagierliste standen neben dem Präsidenten, dem Begleitpersonal, sowie kirchlichen Vertretern auch fast die gesamte militärische Führung, drei stellvertretende Parlamentspräsidenten (darunter der Präsidentschaftskandidat der Linksallianz), der nationale Sicherheitschef, der Chef der Präsidialkanzlei, der stv. Außenminister und langjährige polnische Generalkonsul in Hamburg, Andrzej Kremer, der Nationalbankchef, der Leiter der polnischen Stasi-Unterlagenbehörde, der Bürgerrechtsbeauftragte, der Vorsitzende des Nationalen Olympischen Komitees, eine Reihe von bekannten Parlamentariern (darunter ehemalige Regierungsmitglieder und die Fraktionsvorsitzende der größten Oppositionspartei), der letzte polnische Exilpräsident, die Solidarność-Legende Anna Walentynowicz, eine Reihe von hochrangigen Ministerialbeamten (der Chef des protokollarischen Dienstes im Außenministerium, sowie Staatssekretäre des Verteidigungs- und des Kulturministeriums, des Präsidialamtes) und viele andere. Das ist neben dem menschlichen Schicksal vor allem ein großer Kompetenzverlust, wie es Janusz Reiter gestern zutreffend formulierte.

Es ist also keineswegs der Tod des Präsidenten allein, der die Menschen in Polen so schockiert. Es ist die große Zahl prominenter Gesichter, die im politischen und gesellschaftlichen Leben wichtige Rollen gespielt haben und bis zuletzt in der Öffentlichkeit standen. Für mich am verständlichsten ausgedrückt hat es ein polnischer Freund, der mir gestern schrieb: „Die meisten von ihnen waren bekannt und man verband sie mit etwas Bestimmtem. Es ist also so, als wenn plötzlich alle Nachbarn aus der Straße gestorben wären.“

Daneben ist es vor allem der historische Kontext des Unglücks, der Polen in den emotionalen Ausnahmezustand versetzt hat. Obwohl das Land in Friedenszeiten noch nie so viele Funktions- und Leistungsträger gleichzeitig verloren hat, wiederholt sich in gewisser Weise für viele Polen hier auf bittere Weise Geschichte. An einem Ort, an dem vor 70 Jahren wichtige Militärführer und andere Vertreter der Intelligenz des Landes ermordet wurden, verliert Polen durch ein tragisches Unglück wieder zahlreiche wichtige Menschen – ausgerechnet bei der Anreise zur Gedenkfeier für die damaligen Opfer des Stalinismus. Besonders tragisch ist dabei aber auch, dass eine Reihe von Funktionsträgern auf ihren Platz im Flugzeug verzichtet hatte, um Angehörigen der Opfer von Katyń eine Teilnahme an der Gedenkfeier zu ermöglichen. Sie kamen nun fast an der gleichen Stelle ums Leben wie ihre Lieben.

Nach diesem gesellschaftlichen und politischen Erdbeben muss das Land erst einmal wieder zu sich finden. Neben all der Trauer und den Untersuchungen zur Aufklärung des Unglücks sind die vielen plötzlich vakanten Positionen neu zu besetzen. Der Sejm-Marschall Bronisław Komorowski hat gemäß Verfassung die Amtsgeschäfte übernommen und sich in einer kurzen Fernsehansprache gestern Abend an die Polen gewendet. Die Verfassung sieht vor, dass er innerhalb von zwei Wochen Neuwahlen ausrufen muss, die innerhalb von 60 Tagen nach Ausrufung stattfinden müssen. Wie das alles im Einzelnen abläuft kann heute noch niemand sagen. Gestern angedeutete Mutmaßungen in einzelnen deutschen Medien, dass der Zwillingsbruder des getöteten Präsidenten kandidieren könnte, sind zum jetzigen Zeitpunkt wenig pietätvoll und m.E. unsinnige Spekulationen. Das ist zwar nicht auszuschließen, aber wer Jarosław Kaczyński gestern beim Besuch der Unglücksstelle gesehen hat, weiß, dass er jetzt sicherlich ganz anderes im Kopf hat.

Wenn in dieser Situation überhaupt irgendetwas hoffnungsvoll stimmen kann, so ist es die Anteilnahme und Hilfe Russlands nach dem Unglück. Hoffen wir, dass sich zumindest dies positiv auf das künftige Verhältnis der beiden Länder auswirkt und sich nicht Misstrauen oder irgendwelche Verschwörungstheorien Bahn brechen.

18.04.2010
Eine sehr bewegende Woche liegt hinter den Polen. Während sich die deutschen Medien spätestens ab Wochenmitte wieder auf die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, die Situation in Afghanistan und den Vulkanausbruch in Island konzentrierten, befasste sich Polen fast die gesamte Zeit mit dem tragischen Unfall von Smolensk. Die eindringlichen und nachdenklichen Bilder werden – zumindest für die Polen – sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben: die langen Schlangen, in denen die Menschen vor dem Präsidentenpalast z.T. weit über zehn Stunden anstanden, um für einige wenige Sekunden vor den Särgen des toten Präsidentenpaars zu knien, die Totenwache durch sämtliche Regierungsmitglieder, die Gedenkfeier im Sejm mit dem einsamen Jarosław Kaczyński in der vordersten Bank der PiS-Fraktion (seine beiden Sitznachbarn kamen bei dem Unglück ums Leben – auf ihren Plätzen im Parlament lagen Blumen) und dem verzweifelten, tränenüberströmtem Gesicht des Linksabgeordneten Ryszard Kalisz, die Feier auf dem Warschauer Flughafen Okęcie am Donnerstag als nacheinander 34 (!) Särge aus dem Flugzeug getragen wurden. (…) Bei der Untersuchung der Unfallstelle in Smolensk wurde übrigens der nahezu unbeschädigte Kranz gefunden, den Präsident Lech Kaczynski bei der Feier in Katyń niederlegen wollte…An diesem Wochenende fanden dann die Trauerfeiern in Warschau und Krakau statt über die dann auch wieder in deutschen Medien berichtet wurde und wird. Damit ist es dann aber für Polen noch nicht vorbei, denn die Bestattungsfeiern der übrigen Passagiere werden noch in den nächsten Tagen und Wochen folgen. Dieses Ereignis wird das Land sicher noch lange über das Ende der Staatstrauer hinaus begleiten.

10.07.2010
(…)Ein denkwürdiger Tag war der vergangene Donnerstag. Die etwas komplizierte verfassungsrechtliche Konstellation sorgte in der politischen Praxis für seltsame Konsequenzen: an diesem Tag hatte Polen drei verschiedene Präsidenten! Bevor jetzt jemand meint, dass mir das Wetter zu Kopfe gestiegen sei, will ich das kurz vorrechnen: Bronisław Komorowski ist zwar seit vergangenem Sonntag gewählter Präsident („prezydent elekt“), aber er ist noch nicht ernannt, nicht vereidigt und damit auch noch nicht im Amt. Bis Donnerstagmorgen übte er allerdings als Parlamentspräsident gemäß Verfassung noch die Amtsgeschäfte aus (seit dem Flugzeugabsturz von Smolensk). Da der polnische Präsident aber keine anderen politischen Ämter ausüben darf, musste Komorowski nun am Donnerstag von seinem Posten als Vorsitzender des Sejm zunächst zurücktreten, um nach der Wahl zum Staatspräsidenten ernannt werden zu können. Nach seinem Rücktritt gingen die Amtsgeschäfte gemäß Verfassung auf Bogdan Borusewicz, den Vorsitzenden des Senats (zweite Kammer), über. Dieser übte das Amt jedoch nur für wenige Stunden aus, bis am Nachmittag der neue Sejm-Marschall, Grzegorz Schetyna, gewählt wurde. Nach seiner Wahl ist Schetyna als neuer Sejm-Marschall zzt. auch amtierender polnischer Präsident. Komorowski wird Anfang August vereidigt und ist erst dann (in Wahlen bestimmter) Präsident. Ganz schön kompliziert alles…

14.08.2010
Nicht nur in Pakistan leiden die Menschen unter den Folgen einer Hochwasserkatastrophe. Auch die polnische Stadt Bogatynia im äußersten Südwesten des Landes und ihre Umgebung kämpften immer noch mit den Verwüstungen, die der Bruch des Witka-Staudamms vor einer Woche angerichtet hat. Ungefähr 1000 Menschen sind dabei obdachlos geworden. Zwar sind mittlerweile ausreichend Lebensmittel und Trinkwasser in der Region eingetroffen, aber es werden immer noch Räumgerät, Werkzeug und Reinigungsmittel benötigt. Die Fernsehberichte, die ich gesehen habe, zeigten sehr verzweifelte Einwohner. Am Donnerstag dieser Woche trat das polnische Parlament zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, um die Flutopferhilfe aufzustocken. Die aus den Ferien zurückgekehrten Abgeordneten tagten in der provisorisch hergerichteten Lobby des Sejms, weil der Plenarsaal zzt. renoviert wird.
Die Bargteheider Partnerstadt Żmigród (40km nördlich von Breslau gelegen) hatte einen Hilfstransport ins Krisengebiet geschickt.

Weitere wichtige Themen der letzten zwei Wochen waren natürlich die Amtseinführung von Präsident Komorowski (Jarosław Kaczyński blieb der Veranstaltung fern) und der Streit um die Verlegung des provisorischen Holzkreuzes vor dem Präsidentenpalast, das Pfadfinder unter dem Eindruck der Katastrophe von Smolensk dort aufgestellt hatten. Der neue Präsident Komorowski hatte sich mit Kirche und Pfadfinderorganisationen bereits auf die Verlegung des Kreuzes in die nahe gelegene St.-Anna-Kirche verständigt. Hierüber hat sich nun eine große Diskussion zwischen Kreuz-Befürwortern und -gegnern entsponnen. Diese Ereignisse zeigen, wie tief gespalten die polnische Gesellschaft vier Monate nach der Tragödie von Smolensk immer noch bzw. schon wieder ist.

22.02.2011
Für große Aufregung in der polnischen Presse hat die Diskussion um den 5. August gesorgt, der in Deutschland als weiterer nationaler Gedenktag eingeführt werden soll. Am 5. August 1950 wurde die “Charta der Heimatvertriebenen“ unterschrieben. Leider hat die lokale Presse kaum darüber geschrieben.

16.04.2011
Nun hat Polen den ersten Jahrestag der Smolensk-Tragödie – man muss fast sagen – überstanden. Dieses Ereignis, das das Land vor einem Jahr für ein paar kurze Momente einte, spaltet es heute mehr denn je. Dies machte eben jener letzte Sonntag deutlich, an dem der 96 Toten des Unglücks gedacht wurde. Es war ein seltsames „Parallel-Gedenken“, das die polnischen Medien vermittelten. Jarosław Kaczyński und seine PiS-Anhänger tauchten zu Kranzniederlegungen und Ansprachen konsequent dort auf, wo die Vertreter des Regierungslagers gerade nicht waren – oft auch zeitnah zu anderen Gedenkveranstaltungen. Bei seinen Reden zeigte sich Kaczynski mit unversöhnlichem, dramatisch-konfrontativem Tonfall. Nach meinem persönlichen Eindruck wird Kaczynskis Verhalten jedoch nicht so sehr von berechnender Demagogie bestimmt, obwohl der bevorstehende Wahlkampf auch eine Rolle spielen mag. Ich nehme bei diesem Mann vielmehr Wut, Schmerz und Einsamkeit wahr. Auf den Punkt brachte es für mich am Montag Grzegorz Napieralski, der Sprecher der polnischen Linksallianz SLD, der fast mitleidig, wenn auch etwas nüchtern feststellte, Jarosław Kaczyński sei das 97. Opfer von Smolensk.

4.12.2011
„Aufreger der Woche“ war dieses Mal die Rede zur Euro-Krise, die Polens Außenminister in Berlin gehalten hat. Vielfach wurde sie auf das Zitat „Ich fürchte mich weniger vor Deutschlands Macht, sondern beginne mich mehr vor Deutschlands Untätigkeit zu fürchten.“ reduziert wurde. Die Aufforderung an Deutschland zu mehr Führung in Europa führte im Lager der polnischen Opposition freilich zu teils heftiger Empörung.

11.12.2011
(…) Ein wichtiges (deutsch-)polnisches Ereignis der kommenden Tage dürfte wohl der 30. Jahrestag der Einführung des Kriegsrechts in Polen am 13. Dezember sein. Erfreulich, dass dies auch einige Medien zum Anlass nehmen, um an die vielen Hilfsaktionen zu erinnern, die damals in Deutschland gestartet wurden und von einer Sympathie-Stimmung für Polen getragen waren. In den Neunziger Jahren, als Polen-Witze in Deutschland Hochkonjunktur hatten, schien das zwischenzeitlich alles fast in Vergessenheit geraten zu sein.

2.02.2012
Heute wurde bekannt, dass die große polnische Poetin Wisława Szymborska am Mittwochabend im Alter von 88 Jahren gestorben ist. Szymborska war 1996 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet worden.

7.02.2012
In den letzten beiden Wochen war wieder sehr schön zu sehen, wie unterschiedlich doch die mediale Wahrnehmung ist. Eines der wichtigsten Themen in Polen war nämlich der Widerstand gegen das internationale Handelsabkommen ACTA. Ein Vertragswerk, von dem in deutschen Medien kaum die Rede war. Es kam zu energischen Protesten in Polen, die von Attacken auf Websites der Regierung und z.T. wütenden Straßen-Demonstrationen getragen waren. Manch einer war erstaunt, wie leicht Internetseiten der Behörden lahmzulegen waren. Die Proteste hatten schließlich eine derartige Wucht, dass sich die Tusk-Regierung (die das Abkommen zunächst verteidigt hatte) schließlich dazu gezwungen sah, sich das Wetter zunutze zu machen und die Ratifizierung kurzerhand buchstäblich auf Eis zu legen. Nun erst weckte das Thema auch das Interesse in den deutschen Nachrichten und schaffte es sogar ins deutsche Fernsehen. Wo wir schon beim Wetter sind – die derzeitigen Temperaturen mit bis zu 30 Grad unter null in Ostpolen sind freilich alles andere als spaßig. Das Land hat wegen des starken Frosts bereits über 50 Todesopfer zu beklagen. Wegen Rohrbrüchen mussten viele Menschen zeitweise ohne Wasser ausharren. (Christof Leidner)

Der Pressespiegel von Christof Leidner wird in dieser Form zu einem reflektierten Bericht über die aktuelle Situation in Polen.

6.6 Mein „Goldenes Buch“
(Ein persönliches Bild der Geschichte der DPG Hamburg aus Sicht unseres Ehrenmitglieds Jan Dolny)

Unser Ehrenmitglied Jan Dolny führt schon seit über vier Jahrzehnte ein „Goldenes Buch/Złota Księga“, in das sich Gäste unserer Gesellschaft und anderer Institutionen und Organisationen bei ihren Besuchen in Hamburg „verewigen“ durften. Da es viele dieser Gäste in ihrer persönlichen Entwicklung weit gebracht haben, geht Jan Dolny davon aus, dass von seinem Gästebuch eine positive, ja eine geradezu magische Wirkung ausgehen würde. Hier einige Auszüge aus seinem „Złota Księga“:
Der deutsche Dichter Jean Paul (1763-1825) schrieb „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“ Ich dagegen halte es mehr mit dem österreichischen Schauspieler Paul Hörbiger (1894-1981), der, als ob für mich bestimmt, einst zum Besten gab: „Für angenehme Erinnerungen muss man im Voraus sorgen!“

Es begab sich etwa zu der Zeit, als in Hamburg verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger eine Deutsch-Polnische Gesellschaft gründeten, dass ich auf einer Polenreise in der wunderschönen Stadt Łowicz, (Das weltweit bekannte Volksensemble „Mazowsze“, besang damals (wie heute) die wunderschönen Mädchen dieser Stadt in ihren prachtvollen Volkstrachten ) für die Erweiterung meines privaten „Heimatmuseums“ nach geschnitzten Teufeln suchte. Es gab zwar volle Regale mit Heiligen und himmlischen Gestalten, aber für einen schlichten Teufel war die Zeit damals wohl noch nicht reif. Es war wohl ein Wink des Schicksals, als ich beim Hinausgehen des kunstvoll in Kupferblech eingefassten „Goldenen Buches“, meiner „Złota Księga“ eben, ansichtig wurde.

Meine Sammlung prächtiger Holzfiguren hat sich in den Jahrzehnten beachtlich vermehrt (auch Teufel haben reichlich Einzug gehalten). Mein „Goldenes Buch“, inzwischen mit „historisch“ angereichertem Inhalt, ist für mich jedoch einzigartig geblieben. Auch für die vielen lieben Menschen, die sich mit ein paar netten Zeilen für mich zur Erinnerung an unsere Begegnung darin verewigt haben, wird es eine Besonderheit bleiben. Sie ahnen es nur nicht! Denn, wie könnten sich aber auch die weit über 1200 Menschen, verschiedenen Nationen angehörend, die sich mit einem Namenszug, meist unter einigen sehr freundlichen. Zeilen platziert, darin verewigt haben, nach fast vier Jahrzehnten glaubhaft an diesen Augenblick erinnern. An den Tag vor sehr langer Zeit, da ich der Deutsch-Polnischen Gesellschaft half, ihnen den Aufenthalt in der Hansestadt so angenehm wie möglich zu gestalten. Doch ich bin mir sicher, dass die meisten von ihnen den Augenblick, in dem sie sich in meinem „Goldenen Buch“ verewigt haben, vergessen haben. An dieser Stelle dürfen Sie schon ein wenig schmunzeln. Ja bitte! Doch gewähren Sie mir dennoch freundlicherweise den Versuch einer augenzwinkernden Begründung, warum ich, an die, leider nur von mir erkannte, „magischen Wirkung“ des „Goldenen Buches“, unbedingt glauben möchte.

Im September 1975 stellte sich in unserer Wohnung die Equipe der polnischen Radrennfahrer zum Kaffeetrinken ein. Der letzte Tag ihres Trainingsaufenthaltes in der Sportschule „Sachsenwald“ in Wentorf war gekommen, und sie meinten, es wäre an der Zeit, dem „ Polenfreund“, der sie während der zwei Wochen betreute, und seiner Familie ein Dankeschön zu sagen. Denn ihr absoluter Star in der Equipe war immerhin der Bahnradweltmeister Jan Kierzkowski. Mir fiel schon damals besonders der bescheidene und mannschaftsdienlich agierende Czeslaw Lang auf. Darf ich sein Autogramm wiederum als Vorzeichen für seine späteren Erfolge werten? Nach einer langen, von Erfolgen gekrönten Karriere als Amateur- und Profirennfahrer, organisiert er heute das größte Radsportspektakel in Polen: die „Tour de Pologne“. Auch in diesem Jahr werden die besten Radrennfahrer der Welt daran teilnehmen, und die Strecke wird durch meine Heimatstadt Neustadt/Prudnik führen. Spätestens dort werde ich Czesław Lang mit seinem „Glücksbringer“ wieder konfrontieren.

Im August 1976 hatte ich das große Glück, im Namen unserer Gesellschaft die Mannschaft und Studenten des Segelschiffes „Dar Pomorza“ eine Woche lang in Hamburg betreuen zu dürfen. Als Mitarbeiter der Werft Blohm & Voss, von dessen Helgen der Stolz der polnischen Handelsmarine als „Prinzess Eitel Friedrich“ im Frühjahr 1910 in die Elbfluten hinab glitt, für diese Zeit freigestellt, erlebte ich mit den gestandenen und angehenden Seebären gar manches denkwürdige Abenteuer. Kleine Kostprobe: Als das vorgesehene finanzielle Budget, vor allem für Getränke, in dem Restaurant auf dem Kiekeberg ausgeschöpft war, und wir immer noch Durst verspürten, stellte ich kurz entschlossen einen„ Shanty Chor“ der „Dar Pomorza“ zusammen. Offiziell gab es so einen Chor selbstverständlich (noch) nicht. Der Erfolg war ebenso überraschend wie überwältigend. Der Wirt spendierte uns diverse Runden, mit der Bitte, unser „Konzert“ doch fortzusetzen. Auch die zahlreich anwesenden Gäste baten lautstark um Zugaben, natürlich durch flüssige Naturalien bekräftigt. Die Folge war: nur im allerletzten Augenblick konnten wir uns erschöpft auf dem Rasen von „Planten und Blomen“ niederlassen, um die einmalig schönen, musikalisch unterlegten Wasserlichtspiele zu bewundern. Die Freundschaftsbeteuerungen seitens meiner Seebären, waren noch nach Wochen als blaue Flecke auf meinem Rücken auszumachen. Sie fragen sich nun, was diese Begebenheit mit den angeblichen magischen Kräften meines „Goldenen Buches“ gemeinsam hat?

Mein Freund, der damalige Ausbilder Kapitän Josef Kwiatkowski, schickte mir vor kurzem ein Buch, in welchem er sich mit Freude an die schönen Tage in Hamburg erinnert. Dass, aus dem damals so sang-trinkfreudigen Seekadettenjahrgang, allesamt tüchtige Kapitäne wurden, sei nur am Rande vermerkt. Sein Sohn Bogdan Kwiatkowski besuchte uns einige Jahre später, selbst bereit schon Kapitän und Ausbilder für den Seemannsnachwuchs auf der „Dar Młodzieży“. Nur wenige Seiten in meinem „Goldenen Buch“ trennen Vater und Sohn. Als mich Bogdan mit seiner Familie im Jahr 2008 in Hamburg erneut besuchte, wollte er sich partout wieder in das von ihm wörtlich genannte „Glücksbuch“ eintragen. Leider musste er schon mit einem „ Nachfolger“ des Glücksbringers vorlieb nehmen.

An einem frostigen Februarmorgen 1976 wurde ich von der Geschäftsstelle des HSV telefonisch gefragt, ob ich für einen Tag die sprachliche Betreuung der Fußballmannschaft von „Stal Mielec“ übernehmen könnte. Was für eine Frage! Leider hat mein Glücksbuch den Fußballern aus Mielec damals kein Glück gebracht. Sie verloren das Spiel gegen den HSV haushoch. Doch wage ich die kühne Behauptung, dass für einen Stürmer dieser Mannschaft seine Widmung in meinem Buch ein wichtiger Schritt zu einer großen Weltkarriere gewesen ist. Dieser Sportler war Grzegorz Lato. Nach dem 3. Platz 1974 bei der WM in Deutschland konnte er den Erfolg 1982 mit der polnischen Elf in Spanien wiederholen. An einem traumhaft schönen Abend am Mittelmeer durfte ich mit meiner Familie und sogar einigen spanischen Freunden den Sieg der polnischen Elf über Frankreich als Gäste des polnischen Fußballverbandes in Alicante miterleben. Wir saßen auf der Tribüne neben unserem Warschauer Freund Andrzej Bialkowski. Andrzej, seines Zeichens Chefkoch des damals bekanntesten Hotels in Warschau „Victoria“, war anlässlich der Ausstellung „Du und Deine Welt“ im Jahre 1981 von HEIN GAS (Hamburger Gaswerke) eingeladen worden, den Hamburgerinnen und Hamburgern polnische Spezialitäten schmackhaft zu machen. Da er damals von mir betreut wurde, kochte er natürlich auch für uns privat und trug sich bei dieser Gelegenheit selbstverständlich in das „Goldene Buch“ ein. Das Glück ließ nicht lange auf sich warten! Schon kurz nach seiner Rück-kehr nach Warschau schrieb er uns voller Stolz, dass man ihn zum Chefkoch der polnischen Fußballnationalmannschaft berufen hat. Und Grzegorz Lato? Nun, er bekleidet heute den Posten des Präsidenten des Polnischen Fußballverbandes und war für die Organisation der Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine mitverantwortlich.

Und wenn wir schon beim Fußball sind; so stand am 17. März 1978 ein gewisser Wojtek Lazarek vor unserer Wohnungstür und zeigte mir ein Schreiben des damaligen Nationaltrainers Jacek Gmoch. Darin las ich, dass er am 18. März 1978 (also schon am nächsten Morgen) für zwei Wochen beim HSV hospitieren sollte. Und man möge ihm in jeder Hinsicht behilflich sein. Noch heute ist mir nicht klar, wie er ausgerechnet den Weg zu mir gefunden hat. Ich durfte ihn nun fast täglich zum Rothenbaum–Stadion begleiten und hatte somit das Glück, die damaligen Stars des HSV Kevin Keegan, Iwan Buljan, aber auch den Sportchef Günther Netzer persönlich kennen zu lernen. Mit der zum Länderspiel Deutschland gegen Brasilien angereisten polnischen Delegation konnte ich das Spiel aus der Ehrenloge verfolgen. Natürlich ziert auch die Widmung meines späteren Freundes Wojtek Lazarek mein „Goldenes Buch“, und es erübrigt sich, zu betonen, das Wojtek später Cheftrainer der polnischen Fußballnationalmannschaft geworden ist.

Um bei den „Ballsportarten“ zu verweilen, bei denen sich polnische Mannschaften in Hamburg präsentierten, und ich die Gelegenheit hatte, mich um die sympathischen jungen Menschen ein wenig „kümmern“ zu dürfen. Eigentlich waren sie es damals, die „ sportlichen Vorboten“ Polens in Hamburg, an die ich gerne erinnern möchte. Denn bis dahin gab es kaum Kontakte, geschweige sportliche Begegnungen mit Sportlern aus unserem Nachbarsland hinter dem „ Eisernen Vorhang

Wie stolz schaut mich mein Konterfei auf den Seiten der Jahre 1985 und 1986 an. Nicht zu Unrecht! In der Vorweihnachtszeit beider Jahre, weilten die weltbesten Volleyballspieler zu einem hochrangigen, internationalen Volleyballturnier in Hamburg. Und die Besten waren damals die „Jungs“ aus Polen. Dass ich als deren Betreuer voll in die Mannschaft integriert wurde, muss ich nicht besonders erwähnen. Als 1985 das Turnier, mit einem Sieg gegen Kuba, souverän gewonnen wurde, musste ich mir, das für mich etwas zu groß geratene Trikot mit der Nummer 1 von Zbigniew Zielinski, des damals weltbesten Volleyballers, überstreifen, mit der Maßgabe, diesen Glücksbringer auch im nächsten Jahr zu tragen. Natürlich waren die Jungs auch im nächsten Jahr wieder erfolgreich, was sie „natürlich“ auf mein Trikot mit der Nr. 1 zurückführten. Ich bin mir dagegen jedoch sicher, dass ihre Namen in meinem „Goldenen Buch“ einen größeren Anteil an den sportlichen Erfolgen hatten.

Auf einer der Seiten meines „Goldenen Buches“ mit dem April des Jahres 1992 beginnend, drücken mir die jungen Handballer aus Rzeszow, den herzlichen Dank für meine fürsorgliche Betreuung während ihres Aufenthaltes in Hamburg, beim „ Bramfeld Cup“ aus. Als ob sich die Jungs bedanken müssten! Ich fühlte mich damals eigentlich zum Dank verpflichtet. Durch diese Begegnung begann zwischen Hamburg und Rzeszów – später ist noch Krakau/Kraków dazu gekommen – der Jugendaustausch, welcher viele Jahre andauerte und hunderte (!) von jungen Menschen aus Polen und Hamburg zusammengebracht hat. Mit meinem Freund Marian Sikora als Rzeszower Partner haben wir damals Neuland beschritten und dadurch unverwischbare Spuren hinterlassen! Bereits im Herbst desselben Jahres durfte ich die netten Jungs aus Krakau/Kraków und Rzeszow wieder durch unser Hamburg führen. Diverse Hamburger Vereine hatten damals meine Telefonnummer fest eingespeichert; denn für eine Jugendhandballmannschaft aus Polen war ich für sie stets der richtige Ansprechpartner. Doch über die noch bestehende Einbahnstraße von Polen nach Hamburg waren sowohl Marian Sikora als auch ich nicht besonders glücklich.

Man kann sich daher unsere Freude vorstellen, als wir im Mai 1993 mit je einer Mädchen – und Jungenmannschaft des HT16 zu einem Turnier nach Rzeszów und Krakau/Kraków fahren konnten. Es war eine ebenso abenteuerliche wie spannende Reise, die wir in zwei Minibussen eines polnischen Reiseunternehmens angetreten haben. Nicht zu glauben, aber wahr: damals weigerten sich deutsche Autovermieter Fahrzeuge für eine Fahrt nach Polen zu vermieten! Dank der Unbekümmertheit und Lebensfreude der jungen Hamburger und ihrem Interesse an Land und Leuten, vor allem aber durch die Hilfe meiner Familie: unsere Tochter Alexandra hat als Trainerin der Hamburger Jungen und der Mädchen diese Fahrt nicht nur mitgemacht, sondern auch für gute Laune gesorgt; Sohn Sven war mir als Co- Trainer und Spieler unentbehrlich, hat diese „Sportreise“ erheblich zur Erweiterung des „Europahorizonts“ meiner Schützlinge beigetragen. Denn niemand von ihnen hatte jemals zuvor Polen besucht. Doch was wären meine Erinnerungen, wenn ich nicht an dieser Stelle die einmalige Gastfreundschaft unserer polnischen Freunde in Kraków und Rzeszów erwähnen würde. Ob in den mit Schülern vollbesetzten Sporthallen in Kraków und Rzeszów, bei den durch die polnische Presse und in der Bevölkerung viel beachteten Turnieren oder während der gemeinsamen Freizeiten, überall verspürte ich den Funken für ein künftiges, gemeinsames Zusammenleben in einem vereinigten Europa. Dieser Jugendaustausch hatte die Folge, dass die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg im Oktober 1994 ein internationales Handballturnier veranstaltete, bei dem unsere bewährten Sportfreunde aus Rzeszów und Kraków natürlich nicht fehlen durften, um mit gleichaltrigen Hamburger Mannschaften um einen von unserer Gesellschaft gestifteten Pokal zu wetteifern. Wie gerne hätte ich den tüchtigen Polen den Sieg gegönnt. Leider brachten ihnen ihre bereits seit dem vergangenen Jahr in meinem „Goldenen Buch“ existierenden Widmungen nicht den erhofften Erfolg.

Doch halt… die jungen polnischen Gäste und ihre Betreuer – auch unser Rzeszower Freund Wojtek Furman hat die weite Sportreise mitgemacht- verlebten in der Hansestadt eine wunderbare Zeit, zu der viele Menschen beigetragen haben. Stellvertretend für alle möchte ich an dieser Stelle meinen verstorbenen Freund Wilhelm Bartels erwähnen. Für mich persönlich war es ein besonderer Glückfall Willi Bartels bei der Betreuung polnischer Gäste stets an meiner Seite zu wissen. Er hat die Jugendlichen nicht nur durch seine bescheidene Art und große Persönlichkeit fasziniert. Und wenn ich schon meine damaligen „Mitstreiter“ in Sachen Polen erwähne, so darf ich die verantwortlichen Herren des Hamburger Marinestützpunktes nicht unerwähnt lassen. Nicht nur die „preiswerte“ Unterbringung während ihres Aufenthaltes war der Grund dafür, dass sich „meine“ Polen in Hamburg ausgesprochen wohl gefühlt haben. Die menschliche Wärme, die ihnen vom einfachen Marinesoldaten bis zum Kommandanten des Marinestützpunktes entgegengebracht wurde, war der Hauptgrund dafür. Als „flankierende Unterstützung“ für meine Unternehmungen wusste ich immer das polnische Generalkonsulat in Hamburg an meiner Seite. Gern denke ich an die tolle Zusammenarbeit mit Konsul Stanisław Cieśla.

Dem von unserer Gesellschaft so aktiv betriebenen Jugendaustausch wollten sich schon bald auch andere Hamburger Sportvereine anschließen. Bereits in den Hamburger Herbstferien 1995 reiste ich daher wiederum mit Mädchen und Jungen der Handballabteilung der SG Eidelstedt/Niendorf, alle im Alter von 13 – 15 Jahren zu unseren polnischen Freunden. Diesmal begleitet von unseren Freunden Gisela und Willi Bartels und Kurt Schubert, fuhren wir auf direktem Weg mit der Bundesbahn nach Krakau/Kraków. Auch einige Mütter der Jugendlichen hatten sich als Betreuer – unter ihnen unsere spätere Schatzmeisterin Rosi Beeck – auf diese Reise begeben. Seitens unseres Vorstandes stand mir Alexander Wolf Kuspiel hilfreich zur Seite. Ich denke auch diese Begegnungen sind allen Beteiligten noch lange in guter Erinnerung geblieben. Wohl auch aus dem Grund dass unser Handballturnier die „Woche der deutschen Kultur„ in Rzeszów einläutete! Unsere polnischen Freunde, allen voran Jacek Wzorek und Andrzej Giemza aus Krakau/Kraków, haben uns einen unvergesslichen Aufenthalt beschert. Gemeinsame Streifzüge der „gemischten“ deutsch-polnischen Gruppe durch beide Städte, ein Ausflug nach Leżajsk und Łancut sowie der Besuch einer Schule, in der die großartige Volkskünstlerin Władysława Prucnal uns an ihrem Unterricht bei der plastischen Erdtonverarbeitung teilnehmen ließ, haben gewiss dazu beigetragen, die Menschen in Polen als wahre Freunde zu sehen. Und als „schönes Nebenprodukt“ dieser sportlichen Begegnungen dürfen wir den Beginn der Schulpartnerschaft zwischen dem Gymnasium Finkenwerder und dem Lyzeum No. 2 in Krakau/Kraków sehen.

Mit dem Besuch der jungen Sportler aus Polen im Herbst des Jahres 1996 zum Gegenbesuch in Hamburg verlasse ich das Terrain der sportlichen deutsch–polnischen Jugendbegegnungen. Beim Sportfest des Polnischen Generalkonsulates im Hammer Park konnten einige der jungen Polen aus den Händen von Generalkonsul Mieczysław Sokołowski sogar Siegerpokale in der Leichtathletik entgegennehmen. Und eigentlich waren weitere Begegnungen für das Jahr 1997 fest eingeplant…, doch die „Große Flut“ die als Jahrhundert-Katastrophe insbesondere den Süden und Südwesten Polens betroffen hat, hatte sich nicht auf den Seiten meines „Goldenen Buches“ angekündigt…

Es ist für mich ein ganz besonderes Vergnügen die Seiten aufzuschlagen, auf denen sich meine kernigen Segler-Freunde mit netten Sprüchen verewigt haben. Diesem Ereignis, ging die Ankunft des im Segelsport zur Berühmtheit gelangten Kapitän Kazimierz „Kuba“ Jaworski in Hamburg voraus. Nach seinem zweiten Platz in der Transatlantikregatta der Einhandsegler im Jahr 1976 bereiteten ihm seine Stettiner Seglerfreunde in Hamburg einen herzlichen Empfang. Ich durfte seitens der DPG Hamburg viele angenehme Stunden mit der Crew an Bord der an der Überseebrücke liegenden Segelyacht „TRIGLAW“ verbringen. Eine langjährige Freundschaft begann. Wo sind aber die Einflüsse meines Glücksbringers für die Zukunft meiner segelnden Freunde? Im Jahr 1979 erhielt ich eine Ansichtskarte von der Isle of Wright in Süden Englands. Überglücklich schrieben mir damals meine Freunde, dass sie und ihre „TRIGLAW“, den in diesem Jahr so „mörderischen Fastnet Race“ vor Cowes, zum Glück heil überstanden hätten. Zahlreiche Segelyachten gingen unter und 20 Menschen verloren damals in der stürmischen See ihr Leben.

Sehr glücklich bin ich über die herzlichen Worte, mit denen sich Danuta Dworakowska und ihr Mann Wojciech Jędrzejczak in mein „Goldenes Buch“, zugleich auch in meinem Herzen verewigt haben. Es war der 5. Dezember 1981. Nur wenige Tage vor dem Beginn des Kriegszustandes in Polen. Auf meine Initiative hin, die vor allem dank der Unterstützung von Dr. Hanno Jochimsen Erfolg hatte, lud unsere Gesellschaft, die polnische Pianistin als Gast im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „Polnischer Herbst 81“ ein. Zwei Tage zuvor, holte ich bei strömendem Regen die polnischen Gäste am Hamburger Hauptbahnhof ab. Nach einem, noch am gleichen Abend in der Kaufmannsdiele des Museum für Hamburgische Geschichte stattgefundenen, viel umjubelten Konzert, teilte mir die Künstlerin jedoch bekümmert mit, dass ihr erst seit einigen Tagen angetrauter Ehemann während der hastigen Verladung ihrer zahlreichen Koffer in meinen Wagen seinen Ehering verloren hatte. Wahrlich kein glücklicher Start in einen neuen Lebensabschnitt! Denn beide wollten damals ihre Heimat Polen für immer verlassen. An diesem für alle Beteiligten denkwürdigen Tag, als ich Danuta und Wojciech nach ihrem Besuch bei uns, wo natürlich die obligatorische Eintragung in mein Buch erfolgte, wieder in ihre vorläufige Hamburger Bleibe bei Juliane und Amitabha Chakrabarti, der Tochter und dem Schwiegersohn, der für unsere Hamburger Gesellschaft so verdienstvollen Rosemarie und Wolfgang Ziółkowski gebracht hatte, ließ mich die Trauer der Beiden über den Verlust des goldenen Reifs nicht ruhen. Noch am selben Abend untersuchte ich den Kofferraum meines Wagens noch einmal aufs Penibelste. Ich habe selten so glückliche Menschen gesehen wie damals Danuta und Wojciech, als ich ihnen den Ehering zurückgeben konnte.

Der „Wettergott“ meinte es zunächst nicht gut mit uns, als Gerd Hoffmann und ich an einem Freitagnachmittag Ende Februar 1986 bei bitterster Kälte mit einem von der Firma Raffay kostenlos zur Verfügung gestellten VW-Bus – vollgeladen mit Medikamenten für das Krankenhaus Nr. 1 in Rzeszów – nach Zielona Góra/Grünberg aufbrachen, um dort Kunsthandwerker aus der Region Rzeszów für eine wunderbare Ausstellung polnischer Volkskunst abzuholen und dabei gleichzeitig die Medikamentenspende zu übergeben. Es verblieben uns nur wenige Stunden, um uns von der anstrengenden Fahrt über vereiste polnische Landstraßen zu erholen. Noch im Morgengrauen erblickten wir durch das Hotelzimmerfenster eine kleine Gruppe, die vor unserem VW-Bus wartete. Es waren, wie eine Hamburger Zeitung am 8. März 1986 schrieb: „Sieben namhafte polnische Volkskünstler, die ihre Arbeiten im Kundenzentrum von „HEIN GAS“ (Hamburger Gaswerke) in der Spitalerstrasse präsentieren sollten. Und der Redakteur schrieb weiter, was Gerd und ich während der ganzen Rückreise nach Hamburg hautnah erleben durften. „Die sieben Polinnen und Polen sind einfache, liebenswerte Menschen. Ihre Hände sind verarbeitet, haben Schwielen. Tagein, tagaus leisten sie schwerste Arbeit auf dem Feld, in der Werkstatt, auf dem Hof.“ Am Feierabend wurden diese Hände jedoch schöpferisch und Czesława Drewniak, Stanisława Prucnal, Salomea Misztal, Maria Stelczyk, Andrzej Gombos und Grzegorz Buciak brachten mit Keramik, Kupferblech, bemalten Eiern, Stoffen und Holzschnitzereien wundervolle Unikate zustande. Jeder hatte seinen persönlichen Stil entwickelt. Ihre Lehrmeister waren harte Arbeit, Lebenserfahrung und eine besondere Liebe zur der regionalen Tradition der Volkskunst. Betreut wurden sie von der Germanistikdozentin Janina Pietrek, mit der wir über 20 Jahre engagiert zusammengearbeitet haben. Gemeinsam mit dem Kulturattaché der Botschaft der Volksrepublik Polen Ryszard Król eröffnete die damalige Kultursenatorin Helga Schuchardt diese großartige Ausstellung.

Was wäre mein „Goldenes Buch“, wenn sich darin nicht Widmungen von zauberhaften Damen und temperamentvollen Herren zahlreicher polnischen Folkloreensembles befänden, welche im Laufe von Jahrzehnten, die Bürger der Hansestadt zu wahren Begeisterungsstürmen haben hinreißen lassen. Aus jeder Seite meines „Goldenen Buches“ höre ich die großartigen Stimmen heraus, mit denen die Schätze des polnischen Liedgutes den Ohren des Hamburger Publikums schmeichelten, und die fast schon akrobatisch anmutenden Bewegungen der in wunderschöne Trachten gewandeten Tanzpaare die Augen verklärten. Es ist gewiss keine künstlerische Wertung meinerseits, wenn ich meinen bunten Reigen mit unserem Lieblingsensemble „Resovia Saltans“ eröffne. Auch erlaube ich mir, den Rzeszower Freunden, die unsere Gesellschaft fast seit Anbeginn unserer Arbeit aktiv und freundschaftlich begleiten, für ihre Treue an dieser Stelle ganz herzlich zu danken. Ob im Rathaus oder bei Volksfesten in fast allen Hamburger Stadtteilen, haben unsere Freunde von Resovia Saltans unzählige Menschen „so richtig glücklich gemacht!“ (diese Worte einer älteren Hamburgerin auf einem in den 80-er Jahren stattgefundenen Volksfest im Eichtalpark klingen mir noch heute im Ohr, als sie mich damals bat, ihren Dank den jungen Künstlern zu übermitteln). Unvergessen bleibt zwar ihr Auftritt im Rathaus anlässlich des „ Polnischen Herbstes“ im November 1981, doch geradezu sensationell „heizten“ sie uns während ihres Auftrittes zum 25 jährigen Jubiläum unserer Gesellschaft am 28. August 1997 ein. Allein dieser Gäste wegen lohnt es sich in diesem Jahr das „40 Jährige“ zu feiern!

Wie ein bunter Reigen zieht sich die polnische Folklore durch die Seiten meines „Goldenen Buches“. Mit dem weltberühmten Tanz- und Gesangsensemble „Mazowsze“ sind auch die absoluten Stars der polnischen Folklore in meinem Gästebuch vertreten. Noch vor ihrem Galaauftritt in der Musikhalle, präsentierte sich das Ensemble am 20. März 2003 mit einem Kurzprogramm im Hamburger Rathaus. Ein langjähriger Weggefährte in der Bezirksversammlung und damals Fraktionsvorsitzender der PRO–Partei in der Bürgerschaft Norbert Frühauf erinnerte sich meiner vielfältigen Kontakte nach Polen und bat mich um Unterstützung. Mit dem Erfolg, dass ich nicht nur zu diesem Kurzauftritt im Festsaal des Rathauses beitragen konnte, sondern auch die Begrüßungsrede für die damalige Kultursenatorin Dana Horakova, einer gebürtigen Tschechin, in Polnisch formulierte, welche sie mit Bravour vortrug und damit die großartigen Künstler zu einem wahren Feuerwerk polnischer Folklore animierte. Bei dieser Gelegenheit genehmigte ich mir einige Drinks gemeinsam mit dem “legendären Fuhrmann“, Stasiu Jopek, was zu einer langen Freundschaft werden sollte. Noch heute bewundere ich ihn dafür, dass man ihm unser „Aufwärmtraining“ bei der Galavorstellung nur einige Stunden später in der Musikhalle absolut nicht anmerkte. Mit dem im Dezember 1988 in Hamburg weilenden Kirchenchor „Pallotti“ aus Posen/Poznań zog ich einige Tage singend durch die Hamburger Innenstadt. Bei wahrlich winterlichen Temperaturen „heizten“ sie den Hamburgern mit ihrem internationalen Liedgut so richtig ein. Unvergessen bleiben mir die glücklichen Augen der Menschen in Altenheimen, in denen unsere polnischen Freunde auftraten. Als Botschafter der polnischen Kultur titulierten mich die Musiker und Sänger aus dem Dorf Albigowa im Jahr 1992. Ich revanchierte mich damit, dass ich sie in meinem Hamburger Stadtteil Hamm die traditionelle „Polnische Weihnacht“ in einem Kulturladen zelebrieren ließ. Die polnischen Speisen und die Weihnachtslieder begeisterten meine Mitbürger und weckten damit das Interesse für Polen. Das Tanz- und Gesangsensemble „Bielsko“ riet mir 1995 in meinem „Goldenen Buch“, alles Unwichtige zu vergessen, nur ihre schönen Mädchen nicht. Wie könnte ich!

Nicht vergessen werden meine ehemaligen Kollegen von Blohm & Voss, die bezaubernden Sängerinnen des „Wiwat“-Mädchenchores aus Warszawa. Still wurde es in der Werftkantine, als hier – nur wenige Tage vor dem Weihnachtsfest 2002 – die wunderschönen Stimmen des von unserer Freundin Alicja Mossakowska geleiteten Chores ertönten.

Die musikalische „Abteilung“ möchte ich mit zwei Künstlerinnen beenden, die mir besonders am Herzen liegen. Als mir 1990 die Auszeichnung „Die goldene Sirene (Złota Syrena)“ vom Bürgermeister von Warschau -Mitte verliehen wurde, hatte ich „einen Wunsch frei“. Ich nahm die Gelegenheit wahr, mir meinen langjährigen Wunsch, die Begegnung mit meiner Lieblingssängerin Sława Przybylska, endlich in Erfüllung gehen zu lassen. Mit zwei Duzend roter Rosen im Arm, stand ich mit klopfendem Herzen vor ihrer Wohnungstür. Es war eine so unvergessliche Begegnung, die zu einer, bis zum heutigen Tage andauernde Freundschaft zu Sława und ihrem Mann Jan Krzyżanowski führte! Wie glücklich war ich, als wir die beiden anlässlich ihres begeisternden Konzertes in Hamburg in unserer Wohnung begrüßen durften. Es war der 2. November 2001 – der Geburtstag von Sława!

Es hat lange gedauert, bis es mir gelungen ist, im Namen unserer Gesellschaft Irena Sleszyńska-Borowiec zu einem Konzert nach Hamburg einzuladen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch an den damaligen Direktor des polnischen Reisebüros ORBIS in Hamburg Mieczysław Cherek erinnern, mit dem wir dieses Konzert in der Reihe „Polnische Kunst und Kultur in Hamburg“ im Oktober 1987 gemeinsam veranstalteten. Auf einer Tournee, auf der ich Irena als ihr „Impresario“ zu einigen DPG-en im Norden Deutschlands begleiten durfte, sowie auf zahlreichen Veranstaltungen in Hamburgs Stadtteilkulturläden, konnte die Künstlerin aus Posen/Poznań das Interesse für Polen und ich für unsere Gesellschaft wecken.

1987 schrieb die bekannte Theaterregisseurin Izabella Cywińska in mein Buch: “Dem teuren Jan Dolny, der mir in der RFN (Bundesrepublik) das Gefühl vermittelte (…) endlich frei zu sein!“ Izabella hat mit ihrem Posener Theater „Nowy“ an dem Sommerfestival in der Kampnagelfabrik teilgenommen. Bei der Vernissage der Ausstellung „Hamburg in Farben“, die ich gemeinsam mit dem langjährigen Freund unserer Gesellschaft, dem Warschauer Journalisten Kazimierz Boliński, für den Hamburger Künstler und Mitglied unserer Gesellschaft Hubert Piske im Oktober 1989 organisiert hatte, begrüßte mich Izabella schon als guten Bekannten. Sie war inzwischen Ministerin für Kunst und Kultur im Kabinett von Tadeusz Mazowiecki, dem ersten frei gewählten Ministerpräsidenten nach der demokratischen Wende! Da sage noch einer, mein Glücksbuch wäre nicht „karrierefördernd“! Viele interessierte Warschauer haben den von mir übersetzten Grußworten des Ersten Bürgermeisters der Freien und Hansestadt Henning Voscherau mit größter Aufmerksamkeit und Hoffnung auf eine mögliche Partnerschaft zugehört.

Natürlich haben zahlreiche polnische Politiker und Diplomaten die Gelegenheit wahrgenommen, durch ihre Widmung auf den Seiten meines Buches für einen „ Karriereschub“ zu sorgen. Ob jedoch Dr. Marek Prawda, als er Ende August 1997 seine freundliche Widmung mit den Worten schloss: „(…) Für Janek, von dem ich erfahren habe, was es bedeutet: Mehr sein als Schein“, schon geahnt hatte, dass er bald Botschafter der Republik Polen in Deutschland sein würde?

Anlässlich des durch unsere Gesellschaft organisierten Gedenktages zur Erinnerung an den 50. Jahrestag des Kriegsbeginns am 1. September 1989 befand sich in der polnischen Delegation neben dem Danziger Weihbischof Zygmunt Pawłowicz auch Józef Borzyszkowski, damals Vorsitzender der Kaschubischen Gesellschaft. Während der Weihbischof am späten Abend seine wohlverdiente Ruhe suchte, habe ich den polnischen Gästen unser Hamburg bei Nacht gezeigt. Mit launigen Zeilen erinnert Borzyszkowski an die netten Stunden. Na und, fragen Sie. Nun, er wurde bereits ein halbes Jahr später Vizewoiwode der Region Danzig und im Jahr 1991 in den polnischen Senat gewählt. Wieder nur ein Zufall? Aber klar!

An dieser Stelle sollte ich aber die mich so bewegenden Begegnungen mit ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern erwähnen. Unvergessen bleibt mir – sicher auch unseren polnischen Gästen – die Veranstaltung im Mai 2005, die im ehemaligen Konzentrationslager Neuengamme stattfand. Beim Abschied von ihnen flossen Tränen. Auch aus den Augen derer, die so viel Leid in unserer Stadt erlebt hatten. Während der Betreuung der inzwischen erwachsenen Kinder ehemaliger KZ-Häftlinge im Jahre 2010 ist mir bewusst geworden, dass die Eltern dieser von mir nun betreuten Menschen in fast allen Teilen unserer Stadt unter grausamsten Umständen gefangen gehalten und gequält wurden. Auch in der Nähe unsrer Wohnung. Diese bittere Erkenntnis versuche ich heute meinen Enkeln zu vermitteln.

Zum Ende meiner doch sehr umfangreich gewordenen Huldigung einer nicht alltäglichen Erinnerungssammlung möchte ich noch ein Beispiel „anbringen“, das vielleicht doch für meine Marotte, das Buch sei ein „Glücksbringer“, spricht. Als sich im April 1990 eine hochrangige Delegation aus Warschau-Mitte auf Einladung unserer Gesellschaft und der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte nach Hamburg aufmachte, um für eine Partnerschaft zwischen unseren Bezirken zu werben, schien es, als würde diese sinnvolle partnerschaftliche Initiative ein Selbstgänger werden. Alles auf unserer Seite war dafür bestens vorbereitet. Die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte, der ich damals angehörte, stand ebenso geschlossen hinter dieser Idee unserer Gesellschaft wie auch die Landesdelegierten der Hamburger SPD, die meinen Antrag einstimmig gebilligt hatten. Leider entschied sich der damalige Bürgermeister Henning Voscherau gegen unsere völkerverbindende Idee, und zwar mit der Begründung, dass nur der Senat Entscheidungen über städtepartnerschaftliche Verbindungen treffen könne und er keine solchen Verbindungen von Bezirken wünsche. Vielleicht hätte ich auch ihn vorher bitten sollen, sich in mein „Goldenes Buch“ einzutragen. Mit Hilfe des Buches wäre es bestimmt gelungen! Naja…vielleicht.

Beim Betrachten der Seiten, auf denen die Namen mir lieb gewonnener Menschen zu lesen sind, kommen in mir immer neue Erinnerungen und Episoden hoch. Mit Freunden von der Deutschen Hilfsgemeinschaft in Hamburg haben wir so viele gemeinsame Jugendbegegnungen durchgeführt. Deren Geschäftsführer Günther Eggers bin ich besonders für die engagierte Zusammenarbeit mit Warschau sehr dankbar. Ebenso danke ich dem ehemaligen Geschäftsführer der Deutschen Kriegsgräberfürsorge Hamburg Rüdiger Tittel, der auch mehrere Jahre mit mir gemeinsam Vorstandsmitglied der DPG Hamburg war. In Zusammenarbeit mit unserer Gesellschaft hat die Grabpflege für die Kriegsopfer beider Weltkriege in Hamburg und Polen – durchgeführt mit internationalen Jugendcamps – eigentlich erst begonnen. Mein besonderer Dank gilt jedoch vor allem dem polnischen Generalkonsulat mit seinen Mitarbeitern, von denen mir stets alle erdenkliche Unterstützung gewährt wurde.

Weit über 1200 Namenszüge bereichern mein „Goldenes Buch“, durch welches ich mich jederzeit in die „Vergangenheit“ hineinversetzen kann. Jeder Namenszug ist mir wichtig. Ich hoffe mit meiner „Marotte“ konnte ich einigen Menschen, für die diese Namenszüge stehen, Glück bringen. Das würde ich jedenfalls heute gerne glauben wollen und „Glaube versetzt bekanntlich Berge“! Für mich ist es jedenfalls ein aufregender und interessanter Zeitabschnitt meines Lebens gewesen, für den ich vielen Menschen, vor allem der Deutsch–Polnischen Gesellschaft Hamburg ganz aufrichtig danken möchte.

Schließen möchte ich meine Erinnerungen mit dem Gedenken an zwei Menschen, denen ich mich in großer Dankbarkeit verbunden fühle. Oft und gerne erinnere ich mich an die Freundschaft zu unserem langjährigen Vorsitzenden und Ehrenvorsitzenden Dr. Hanno Jochimsen und danke ihm auf diesem Wege für die mich stets aufmunternden und aufbauenden Gespräche. Von seiner menschlichen Betrachtung gar manch kompliziert erscheinender Probleme und deren Lösung habe ich in meinem Leben sehr profitiert. Danke Hanno!

Erst in den letzten Tagen vor seinem Abschied als polnischer Generalkonsul in Hamburg hatte ich Gelegenheit, sehr persönliche Gespräche mit Dr. Andrzej Kremer führen zu können. Seine sehr einfühlsamen Zeilen in meinem „ Goldenen Buch“ enden mit einer persönlichen Einladung nach Polen: „(…) Ich hoffe, Sie besuchen mich einmal in Kraków (…).“ Das tragische Flugzeugunglück von Smolensk hat nicht nur unser beider Hoffnung jäh zerstört! Warum nur – hat uns mein vermeintlicher „Glücksbringer“ im Stich gelassen?

6.7 Besondere Ehrungen unserer Mitglieder

Am 18.12.1989 beschloss der Stadtrat der polnischen Hauptstadt Warschau, den stellvertretenden Vorsitzenden unserer Gesellschaft, Jan Dolny, als ersten Ausländer mit der Auszeichnung „Goldene Sirene“ zu ehren. Mit ihr werden die „verdienten Bürger Warschaus“ ausgezeichnet. Die Medaille bekam er für die Bemühungen um eine partnerschaftliche Verbindung zuerst zwischen Hamburg und Warschau, und als das nicht gelang war, zwischen den Innenstadtbezirken Warschaus und Hamburgs. Außerdem wurden die erfolgreichen deutsch-polnischen Schulpartnerschaften und der Jugendaustausch gewürdigt. Am 2. Juli 1990 schrieb Dr. Henning Voscherau, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, an den Preisträger: „Ich werte diese Auszeichnung nicht nur als eine Würdigung Ihrer persönlichen Verdienste in dem Bemühen um die Verständigung zwischen Deutschen und Polen, sondern auch als ein Zeichen dafür, dass in Warschau die von Hamburg schon sehr frühzeitig betriebene Politik der Öffnung nach Osten anerkannt wird.“

Die zweite wichtige Auszeichnung bekam Jan Dolny in seiner oberschlesischen Heimatstadt Neustadt/Prudnik, in der ihm der Stadtrat am 31. Januar 2001 den Ehrentitel „Verdienter für Stadt und Gemeinde“ verlieh. Die Einwohner der Stadt wählten ihn einige Jahre später zum Menschen des Jahres 2006. Am 28.September 2007 wurde dem „Hamburger aus Schlesien“, wie er sich stets bezeichnet, die von der Zeitung „Tygodnik Prudnicki“ gestiftete Skulptur des historischen Wogendrosselturmes in einer feierlichen Veranstaltung verliehen. Die Auszeichnungen bekam er vor allem für sein Engagement für schwerbehinderten Kinder und Jugendliche in Prudnik.

Jan Dolny bei der Preisverleihung in Prudnik

6.7.1 Verdienstorden der Republik Polen verliehen an Mitglieder der DPG Hamburg

In Hamburg ist es eher ungewöhnlich, für Polen aber eine aufmerksame Wertschätzung für eine langjährige und intensive Verständigungsarbeit von Hamburgerinnen und Hamburgern im deutsch-polnischen Dialog: Wir sind stolz darauf, dass neun Mitglieder unserer Gesellschaft durch polnische Staatspräsidenten für ihre Arbeit und ihr Engagement mit Verdienstorden der Republik Polen geehrt wurden und damit Respekt und Anerkennung für ihr langjähriges Engagement für die Verständigung zwischen Polen und Deutschland erhielten:

• Hanno Jochimsen (Offizierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen, 1999) für seine langjährige Arbeit als Vorsitzender der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg (1973- 1991) und seine Tätigkeit als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Deutsch-Polnische Verständigung auf Bundesebene (1991-1995).

• Gerd Hoffmann (Offizierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen, 2001) für sein jahrzehntelanges Engagement für die deutsch-polnische Verständigung vom Ende der 60er-Jahre bis ins neue Jahrtausend, insbesondere für die Initiative zur Gründung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg 1972 und seine langjährige Arbeit im Vorstand der Gesellschaft und im Vorstand des Bundesverbandes.

• Günter Filter (Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen, 1997) für seine langjährige publizistische Arbeit im Interesse der Versöhnung, Verständigung und Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Polen, insbesondere für den Aufbau des deutsch-polnischen Magazins DIALOG, deren Chefredakteur von 1987 bis 1999 gewesen ist.

• Jan Dolny (Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen, 2001) für sein langjähriges Engagement im Vorstand der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, insbesondere im Jugend- und Sportbereich.

• Heidi und Wilhelm Holzapfel (jeweils das Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen, 2003) für ihr langjähriges privates Engagement polnische und deutsche Studentinnen und Studenten zu Studienaufenthalten in Hamburg und Solec an der Weichsel einzuladen, um ihnen Gelegenheit zu geben, das Nachbarland kennen zu lernen.

• Aleksandra Jeszke-Zillmer und Hartwig Zillmer (jeweils das Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen, 2003) für ihre Arbeit im Vorstand der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg, insbesondere für ihre Initiativen im Bereich Umwelt und Ökologie sowie im Bildungsbereich.

• Robert Szecówka ROBS (Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen, 2010) für sein langjähriges, künstlerisches Schaffen und sein Engagement für die Hamburger „Polonia“. Mit seinen nachdenklichen und intelligenten Cartoons gelingt es ROBS immer wieder nicht nur Polen und Deutschen „ihren Spiegel vorzuhalten“ und damit zur Verständigung zwischen den Menschen beider Völkern beizutragen. (Gerd Hoffmann)

6.7.2 Matthiae-Mahl 2009

Bereits seit 1356 laden die Regierenden der Hansestadt am 24. Februar zum Matthiae-Mahl ein, dem ältesten noch begangenen Festmahl der Welt. Der Name geht auf den Matthiae-Tag, den 24. Februar, zurück. Der Senat lädt traditionell einmal im Jahr, einen ausländischen und einen deutschen Ehrengast, 400 Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur sowie das gesamte Konsularische Korps ins Rathaus ein. Am 27. Februar 2009 sprachen der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, und die Bundeskanzlerin Angela Merkel als Ehrengäste zum Thema: „Dynamische Ostseeregion – 20 Jahre Partner in Europa“. In seiner Begrüßungsrede betonte der Erste Bürgermeister Ole von Beust, dass „Polen und Deutschland sich heute als Nachbarn, Verbündete und Freunde im gemeinsamen Europa“ begegnen. Zu den geladenen Gästen in diesem Jahr gehörten auch einige engagierte Mitglieder der DPG Hamburg: die verdienstvollen Heidi und Wilhelm Holzapfel, der Ehrenvorsitzender Gerd Hoffmann mit Ehefrau, die Vorstandsmitglieder Aleksandra und Hartwig Zillmer und die Vorsitzende Dr. Viola Krizak mit Ehemann.

Traditionell wurde ein Tag nach dem Empfang, am 1.03.2009, im Hamburger Abendblatt über das Ereignis ausführlich berichtet: „(…) Dort wurde sie (die Bundeskanzlerin Angela Merkel) von Ole von Beust herzlich begrüßt, Minuten später küsste sie – allen Querelen zum Trotz – Polens Ministerpräsidenten Donald Tusk auf beide Wangen. Mit ihm verbindet sie eine lange Freundschaft (…).“ Auch die Vorsitzende der DPG wurde erwähnt: „Viola Krizak, Vorsitzende der deutsch-polnischen Gesellschaft, kam mit ihrem Mann Hans-Rainer: „Wir sind das erste Mal hier, für uns ist die Einladung Ehre und Anerkennung, ein wahrer Höhepunkt“.

7. Aktivitäten der DPG Hamburg

7.1 Aktivitäten im Bildungsbereich

Einer der Schwerpunkte der Arbeit der Gesellschaft in ihrer Anfangsphase bis in die Gegenwart war die Unterstützung der deutsch-polnischen Aktivitäten im Bildungsbereich, die insbesondere von Vorstandsmitgliedern getragen wurden, die als Lehrer und Elternratsmitglieder, die Kontakte nach Polen zu intensivieren suchten. Herausragendes Beispiel dieser Aktivitäten waren die Studienfahrten des Hamburger Instituts für Lehrerfortbildung, die schon Anfang der 60er Jahre von Otto Wagner durchgeführt und Anfang der 70er Jahre von Landesschulrat Wolfgang Neckel und Harri Rusch in Studienreisen auf Gegenseitigkeit weiter entwickelt wurden. Die DPG Hamburg unterstützte darüber hinaus tatkräftig die Organisation von Schülerwettbewerben, Schüleraustauschen, Lehrerseminaren und Schulpartnerschaften.

7.1.1 Schüleraustausch

Im Jahre 1978 besuchten die ersten Schülergruppen aus Tarnów und Poznań Hamburger Schulen. 1981 wurde in Lublin und Hamburg ein Schülerwettbewerb ausgeschrieben. Ein Jahr darauf reisten rund sechzig Hamburger Wettbewerbssieger mit ihren Lehrern nach Polen, etwa ebenso viele polnische Preisträger kamen zum Gegenbesuch nach Hamburg.

1997 waren rund 25 Hamburger Schulen an Kontakten mit Polen beteiligt. Sie betreuten u.a. polnische Kollegen oder Studenten bei mehrwöchigen Hospitationsbesuchen. Über zwölf Schulen hatten regelmäßigen Schüleraustausch mit polnischen Partnerschulen, vor allem in Warschau/Warszawa, aber auch in Krakau/Kraków, Rzeszów, Stettin/Szczecin und im Raum Danzig/ Gdańsk.

Aus der Zusammenarbeit mit der Bildungsverwaltung in Stettin/Szczecin ist nach einer dortigen Idee bereits 1994 eine „themenbezogene Zusammenarbeit“ zwischen dem Stettiner Gymnasium am Marienplatz und dem Friedrich-Ebert-Gymnasium in Hamburg entstanden, in der die Projekte „Bürgerrechte“ sowie „Hamburg und Stettin in der Hanse“ bearbeitet wurden.

Zu den beispielhaften Projekten gehörte der Schüleraustausch zwischen dem Gymnasium Hamm und dem Stefan-Batory-Lyzeum in Warschau. Bereits im April 1991 stellten Mitglieder unserer Gesellschaft die ersten Kontakte zwischen den Schulen her und eine Hamburger Delegation begab sich zur Vertragsunterzeichnung nach Warschau. In einer herzlichen Atmosphäre wurden die freundschaftlichen Verträge zwischen den Hamburger Schulvertretern und der Direktorin der künftigen Partnerschule unterschrieben.

Das damalige Vorstandsmitglied der DPG, Jan Dolny, der die erste Reise der Hamburger Schüler nach Warschau begleitete, berichtete: „Nein, bange war es den 30 Jungen und Mädchen im Alter von 14- 18 Jahre, Schüler des Gymnasiums Hamm, überhaupt nicht, als sie ihre erste, lange Bahnreise nach Polen antraten. Es war der 21. Oktober 1991 und in wenigen Stunden sollten sie von ihren gleichaltrigen – noch unbekannten – Schulfreunden aus dem „Liceum Ogolnokształcące im. Stefana Batorego“ in Warschau auf dem Bahnhof der polnischen Hauptstadt begrüßt werden. Nur die polnische Aussprache bereitete ihnen noch etwas Probleme. Obwohl es für sie die erste Reise nach Polen war, waren sie über ihre künftigen „polnischen Partner“ bestens informiert. Dafür hatte der sie begleitenden Lehrer und Vorstandsmitglied der DPG Hamburg Dr. Jürgen Ruben gesorgt. Er war maßgeblich an dem Zustandekommen der Schulpartnerschaft beteiligt.“

1992 wurden die Warschauer Freunde mit einem riesigen Transparent auf dem Hamburger Hauptbahnhof herzlich begrüßt. Eine Partnerschaft, deren Motto lautete: „Man darf die Vergangenheit nicht verharmlosen – aber trotzdem sollte man mehr über eine gemeinsame Zukunft reden“ nahm ihren Verlauf. Die Zusammenarbeit mit der Warschauer Schule wird im Comenius-Programm der EU fortgeführt.

Ein ehemaliger Schüler des Gymnasiums Hamm absolvierte sein freiwilliges Jahr in einer sozialen Einrichtung in der polnischen Hauptstadt. Als Anerkennung der jahrelangen Zusammenarbeit mit der polnischen Schule besuchte der polnische Generalkonsul Andrzej Osiak als Ehrengast in der Europawoche im Mai 2012 das Gymnasium Hamm. (Jan Dolny)

Wie steht es heute um die Hamburg-Polen Beziehungen? Nicht besonders gut – ehrlich gesagt. Jedenfalls was schulische Kontakte, den Schüleraustausch und Jugendkontakte mit Polen betrifft. Waren es vor etwa zehn Jahren noch fast zwei Dutzend Schulpartnerschaften, so sind es zur Zeit noch nicht einmal eine Hand voll. Es gibt viele Gründe für diese unerfreuliche Abnahme der Kontakte, doch es gibt keine Alternativen zum Jugend- und Schulaustausch und dem Kennenlernen unseres tollen und großen Nachbarn Polen.
Jeder kann und soll seinen Beitrag zu einem Neuanfang leisten:
• Wir rufen junge Kolleginnen und Kollegen auf, sich mutiger und offener dem deutsch-polnischen Dialog, der Schulpartnerschaft mit einer polnischen Schule und dem Kennenlernen Polens zu widmen
• Senat und Bürgerschaft müssen dem Thema „Austausch“ wieder eine größere, angemessene und finanziell gesicherte Bedeutung geben;
• Schulbehörde und insbesondere das Lehrerbildungsinstitut (LI) sollten Beratungs- und Fortbildungsangebote zum Thema internationale Austausche für interessierte, neugierige und motivierte Kolleginnen und Kollegen bereit halten;
• Schulleitungen sollen junge Kolleginnen/Kollegen intensiver und kontinuierlicher motivieren, sich der „interkulturellen Kompetenz“ und dem Austausch als einem Schulziel/Schulprofil stärker zuzuwenden. Dafür werden sie mit „Wochenarbeitszeiten“ bzw. Funktionsstunden honoriert und entlastet;
• Finanzielle Mittel sind dank der „Selbstbewirtschaftung“ der Schulen vorhanden.
• Stiftungen und Sponsoren aus Handel und Wirtschaft können ebenfalls einen positiven, z.B. finanziellen Beitrag zu einer notwendigen Belebung der Hamburg-Polen Beziehungen in diesem Bereich leisten.
Aber 20.000 Menschen mit polnischem Pass leben in Hamburg. Noch viel mehr Menschen sprechen polnisch. Sollte es da nicht möglich sein, in einigen Schulen in ausgewählten Stadtteilen polnisch als Muttersprache oder sogar als Fremdsprache anzubieten? Auch daran arbeiten wir gemeinsam mit dem polnischen Generalkonsulat und der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB). (Hartwig Zillmer)

7.1.2 Lehrerstudienfahrten des Instituts für Lehrerfortbildung (IfL)

Lange vor anderen Institutionen und Organisationen und noch während der Zeit des „Kalten Krieges“ fuhren von Anfang der 60-er Jahre jährlich Gruppen Hamburger Lehrer auf Einladung des polnischen Lehrerverbandes Związek Nauczycielstwa Polskiego (ZNP) nach Polen. Verantwortlich auf deutscher Seite war das Institut für Lehrerfortbildung (IfB) Hamburg; die Leitung hatte Otto Wagner (ab 1971 Harri Rusch). Von 1973 an bestand noch engere Zusammenarbeit mit Studienfahrten auf Gegenseitigkeit, die weiter vom Institut für Lehrerfortbildung und vom ZNP auf der Basis devisenfreien Austausches organisiert wurden. Programmpunkte waren Informationen über Schulwesen, Wirtschaft, Politik, Besuche in Schulen, Institutionen, Ministerien, Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen. Ausdruck der engen Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Lehrerfortbildung und der Deutsch- Polnischen Gesellschaft Hamburg waren die Empfänge, die die Gesellschaft durch all die Jahre für die polnischen Lehrergruppen ausgerichtet hat. Sie waren für die Mitglieder stets Begegnungsabende über die man noch länger sprach. Die polnischen Gäste haben sich stets über die dort geschaffenen Kontakte gefreut. Die polnischen Gruppen fuhren – immer mit eigenem Autobus – nach einer Woche in Hamburg während der zweiten über Bremen nach Bonn, durch das Rheintal, nach Rothenburg ob der Tauber, München und zurück über Hof. In Hamburg wurden sie immer von den Mitgliedern der DPG Hamburg intensiv betreut. Die Hamburger lernten bei ihrem vierzehntägigen Aufenthalt nach einigen Tagen in Warschau den südlichen oder nördlichen Teil Polens kennen (zum Beispiel Łódź, Katowice, Oświęcim, Kraków, Lublin, Rzeszów, Kielce, Radom oder Toruń, Bydgoszcz, Gdańsk, Gdynia, Sopot, Malbork, Frombork, Mrągowo).

Seit der „Wende“ 1989 in Polen sind Reisen von dort aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zustande gekommen, wohl aber einige von Hamburg aus. Der polnische Lehrerverband war sehr interessiert, diese Aktivität wieder zu beleben, allerdings ohne konkretes Ergebnis. Der Höhepunkt war allerdings die vierzehntägige Studienreise Hamburger Lehrerinnen und Lehrer durch das südliche Polen und nach Warschau während der Herbstferien 1995. Sie stand ganz im Zeichen des dreißigjährigen Jubiläums der Zusammenarbeit zwischen dem polnischen Lehrerverband und Hamburg. Die Begegnungen mit Kolleginnen und Kollegen der örtlichen Vorstände waren wie bei jedem Aufenthalt intensiv, sehr informativ und geprägt von herzlicher Gastfreundschaft. In Warschau wurde die Reisegruppe vom Präses begrüßt und besuchte, von ZNP-Abgeordneten begleitet, das Parlamentsgebäude, in dem Sejm und Senat tagte. (Peter Krup)

7.1.3 Fortbildung für Deutschlehrer

Während eines Aufenthalts des DPG-Vorstands in Stettin/Szczecin Anfang 1991 gab es ein Wiedersehen mit Frau Dr. Teresa Toby-Tereszyńska, emeritierte Lektorin für Germanistik an der dortigen Universität und durch ihre vormalige Tätigkeit an der Pädagogischen Hochschule Rzeszów gut bekannt. Ihre Frage: Könnte die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg behilflich bei einem für Juli 1991 geplanten Deutsch-Intensivkursus sein? Polnische Lehrer mit unterschiedlichen Kenntnissen der deutschen Sprache sollten in drei Gruppen mit unterschiedlichen Anforderungen zehn bis zwölf Tage vormittags im Lehrerzentrum Stettin unter fachkundiger Anleitung durch zwei oder drei schulpraktisch und methodisch erfahrene Dozenten arbeiten.

In Hamburg gelangte dieser Wunsch in das Amt für Schule. Von dort fuhren Harald Becker und Günther Mehl tatsächlich im Juli 1991 nach Stettin zum ersten Kursus in den Räumen des Weiterbildungsinstituts für Lehrer. Weitere Kurse folgten; sie dauerten jeweils fünf Tage und wurden anfangs überwiegend hauptsächlich von Kolleginnen und Kollegen besucht, die für das damals kaum noch nachgesuchte Fach Russisch ausgebildet waren. Alle kamen aus Stettin/Szczecin und entfernter gelegenen Orten an der Ostsee oder im Binnenland. Manche mussten unbequeme und stundenlange Hin- und Rückfahrtzeiten auf sich nehmen. Besonders motivierend, belebend und trotz des hohen Arbeitsaufwands beliebt waren Projekte zur Geschichte und Geographie Pommerns und der Stadt, veranschaulicht bei vielen „Lehrspaziergängen“ in Stettin oder gar beim Besuch des Pommern-Archivs.

Die Schulverwaltung der Wojewodschaft unterstützte die Veranstaltung tatkräftig – organisatorisch, materiell sowie mit audiovisuellem Gerät. Der deutsche Generalkonsul Gregor Koebel begrüßte mehrmals Kursteilnehmer und Dozenten und hospitierte in den Gruppen. Diese Sommerkurse – zuletzt mit über dreißig Teilnehmern – gingen 1996 zu Ende, jeweils betreut von vier oder sechs Hamburger Kollegen [darunter Susanne Schmidt (in Słubice), Walter Otto Schmidt (Stettin), Anneliese & Hans-Jürgen Staegemann, Harald Becker, Martina Becker, Uwe Kloevekorn, Dr. Jutta Opitz, Jürgen Thiel, Nicoline und Peter Krup].

Ab Sommer 1996 bot der Polnische Lehrerverband ZNP erstmals „Deutsch im Urlaub“ für polnische Deutschlehrerinnen und -lehrer an. Die Konzeption der auf zwei Wochen angelegten Veranstaltung wurde vom polnischen Bildungsministerium als Fortbildungsmaßnahme anerkannt: Kurssprache Deutsch, Vorkenntnisse in der deutschen Sprache erforderlich, aber kein Germanistik-Studium, täglich drei bis vier Doppelstunden Sprach-„Unterricht“ in Gruppen mit unterschiedlichen Anforderungen; fakultative Ausflüge und Abendveranstaltungen (Vortrag, Film, Gemeinschaftstanz, Diskussion, darstellendes Spiel). Hamburger Schulen steuerten überzählige Lernbücher bei; die Landeszentrale für politische Bildung sorgte regelmäßig für neueste Broschüren, Karten und Diskussionsunterlagen.

Der erste Kursus im Bieszczady-Gebirge mit einer Handvoll Teilnehmern fand unter Anleitung von Renate Meyer (Gymnasium Farmsen) und Achim Steinke (IfL) statt. Insgesamt fanden von 1996 bis 2005 unter der Leitung von Peter Krup und Achim Steinke zehn Fortbildungsveranstaltungen, davon neun in Polen und eine in Hamburg statt. Ein polnischer Teilnehmer der kombinierten Sprach- und Bildungsreisen schrieb: „Herzlichen Dank (…) für die vorbildhafte Vorbereitung unseres Aufenthalts in Hamburg, das große persönliche Engagement und die große organisatorische Mühe. Ein Dankeschön für alle deutschen Dozenten, die immer bereit waren, unsere Sprachkenntnisse zu vertiefen und unseren Aufenthalt in Hamburg auch sprachlich zu bereichern. Ein besonderes Dankeschön für unsere lieben Hamburger Gastfamilien, die nette Aufnahme und die erwiesene Gastfreundschaft. (Peter Krup)

7.1.4 Gemeinsame Lehrerseminare

Nicht zuletzt den zähen Bemühungen des damaligen Landesschulrats und Mitglieds unserer Gesellschaft Wolfgang Neckel war die Einrichtung des ersten deutsch-polnischen Lehrerseminars „Friedenserziehung“ mit je sechzehn Teilnehmern aus Warschau und Hamburg zuzuschreiben. Zwar war man auf der polnischen Seite guten Willens, doch mussten in der ersten Hälfte der achtziger Jahre zunächst politische Bedenken überwunden werden. Schließlich teilte das polnische Ministerium für Bildung und Erziehung im April 1985 mit, dass es „eine entsprechende Genehmigung“ erteilt hatte. Das Dokument trug die Unterschrift von Dr. Marek Rzeszotarski, dem späteren Generalkonsul der Republik Polen in Hamburg (1991-1995).

Das Seminar „Friedenserziehung“ wurde getragen vom Amt für Schule Hamburg und der Warschauer Bildungsverwaltung mit tatkräftiger organisatorischer Hilfe des Polnischen Lehrerverbandes, und zwar in jährlichem Wechsel jeweils eine Woche lang in Deutschland – Hamburg und Emsen – oder in Polen – Warschau, Kazimierz Dolny, Suwałki oder Augustów. Als Ergebnis der Hospitationen und der Diskussionen wurde im Januar 1989 eine zweisprachige Unterrichtsanleitung als Broschüre mit Unterrichtsbeispielen zum Thema „Friedenserziehung“ aus beiden Städten in Warschau und Hamburg vorgestellt. Beide Schulverwaltungen kamen nach der erfolgreichen Präsentation der Broschüre überein, nicht nur die gemeinsame Seminararbeit fortzusetzen, sondern auch den Schüleraustausch und die Studienfahrten weiter zu fördern. Laut Vereinbarung wurde in den weiteren gemeinsamen Lehrerseminaren eine Unterrichtsanleitung zum Thema „Umwelterziehung“ geplant. Es begann 1989 in Warschau. Danach gab es durch die „Wende“ in Polen bei den teilweise neuen Partnern kurzfristige Irritationen, nach deren Klärung die Tagungen in Hamburg (1990 und 1991) und Warschau (1992) ebenso sachlich und freundschaftlich kollegial wie vorher verliefen. Wie beim ersten Seminar wurden ausgewählte Unterrichtsbeispiele aus Warschauer und Hamburger Schulen in einer zweiten zweisprachigen Broschüre „Umwelterziehung“ zusammengefasst, die im Februar 1993 im Hamburger Rathaus vorgestellt wurde.

Das Thema des dritten gemeinsamen Lehrerseminars wurde im Mai 1993 festgelegt: „Polen und Deutschland in Europa“. In dessen Verlauf wurden gegenwarts- und zukunftsbezogene Themen mit Schülern beider Städte bearbeitet, anschließend diskutiert und für eine weitere Broschüre ausgewählt. Diese wurde hergestellt im „Zachodniopomorskie Centrum Edukacyjne“ (Westpommersches Bildungszentrum), Stettin/Szczecin, und im April 1996 in Hamburg vorgestellt. Anwesend war dabei eine neue Teilnehmergruppe aus Warschau, mit der die Arbeit unter dem bisherigen Motto fortgesetzt wurde. Nach einer weiteren (sechsten) Seminarwoche dazu (September 1996, Warschau) wurde ab 1997 ein neuer Schwerpunkt angestrebt.

Im Januar 1997 erörterten die Leiter der Schulverwaltungen Hamburgs und Warschaus die bisherige Zusammenarbeit und entschieden über weitere Pläne. Nach Vorbereitung durch Fachvertreter beider Seiten im April 1997 in Warschau begann das Seminar „Medienerziehung“ im Herbst 1997 in Warschau und wurde in Hamburg fortgesetzt. Ergebnisse des Seminars „Medienerziehung“ wurden – entgegen der Gepflogenheit – nicht in einer Broschüre zusammengefasst, sondern in aktueller Form über das Internet ausgetauscht.

Das nächste Thema griff ein aktuell diskutiertes, offensichtlich schwer zu lösendes Problem auf: „Schulqualität“. Die Seminarwochen in Hamburg (Oktober 2000) und Warschau (September 2001) wurden 2002 in einer Broschüre – leider nur fragmentarisch – dokumentiert. Auch das Thema „Evaluation als Bestandteil der Schulentwicklung“ des 2002 folgenden Seminars war in voller Absicht eher für Fachleute der Bildungsplanung als für die praktizierenden Schullehrer bestimmt (Hamburg: April, Warschau: September). – Konsequent hieß es danach „Schlüsselkompetenzen und Standards der Lehrerausbildung im Kontext zu PISA“ (Hamburg: September 2003) oder ein wenig modifiziert „Standards der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung als Weg zur Professionalisierung des Lehrerberufs“ (Warschau: April 2004).
(Peter Krup)

7.2 Sportbegegnungen

Im Rahmen der Arbeit der Gesellschaft war es für den Vorstand immer ein besonderes Anliegen, sportliche Begegnungen zwischen Hamburger und polnischen Vereinen und Verbänden aufzubauen und zu fördern. Ausgehend von den „Polnischen Tagen ’75“ in Hamburg und den „Hamburger Tagen ’77“ in Gdańsk/Danzig entstanden – unterstützt vom Hamburger Sportbund und seinen Verbänden – eine Vielzahl von sportlichen Kontakten, die teilweise bis in unsere Zeit fort dauern oder aber nur „Eintagsfliegen“ waren.

Besonders hervorzuheben ist die Zusammenarbeit zwischen dem Hamburger und Krakauer Handballverband, die in den 70-er Jahren begann und von Adolf Boremski, der bis zu seinem viel zu frühen Tod auch Mitglied unserer Gesellschaft war, in beispielhafter Weise gepflegt wurde. Im Rahmen dieser vorbildlichen Zusammenarbeit wurde im Oktober 1991 eine Sportaustauschvereinbarung für Jugendmannschaften geschlossen, in deren Rahmen 1992 zwei Krakauer Mannschaften am „Bramfeld-Cup“ teilnahmen, die von Mitgliedern unserer Gesellschaften betreut wurden.
Hier ein Auszug aus dem Bericht unseres damaligen stellvertretenden. Vorsitzenden Jan Dolny:
Im Mai 1993 begaben sich Mädchen – und Jungenmannschaften des HT 16 auf eine abenteuerliche, doch bis heute unvergessene Reise nach Krakau/Kraków und Rzeszów. Keine Hamburger Autoverleihfirma war damals bereit, für eine Polenfahrt einen Kleinbus auszuleihen. Als Grund wurde die Angst vor einem Fahrzeugdiebstahl in Polen genannt. Mit zwei Kleinbussen eines polnischen Reiseunternehmens gelangten die jungen Hamburger zum ersten Mal nach Polen. Nach einer Stadtbesichtigung brachten die polnischen Gastgeber die bereits restlos begeisterten Hamburger Mädchen und Jungen zunächst zu einem Turnier in Krakau/Kraków und anschließend nach Rzeszów. Natürlich wurde sportlich fair um die Siegerpokale gekämpft. Der Wille der Gleichaltrigen beider Länder, sich besser kennen zu lernen, und der Wunsch nach der Fortsetzung dieser Beziehungen sollten für viele Jahre nicht mehr verlöschen. Dazu trug die herzliche Betreuung durch die polnischen Sportfreunde bei.

Im Oktober 1994 erreichten die sportlichen Jugendbegegnungen mit dem Turnier um einen Pokal einen vorläufigen Höhepunkt. Außer den Handballmannschaften aus Rzeszów und Krakau/Kraków, nahmen vier Hamburger Vereine daran teil. Auch Vertreter der „Polonia“ in Hamburg waren unter den zahlreichen Zuschauern in der Jahnhalle des HT16. Den begeisternden Spielen folgte ein gemeinsames Besichtigungsprogramm in Hamburg. Auf dem Programm standen die obligatorische Hafenrundfahrt, eine Fahrt nach Lübeck und an die Ostsee sowie die Besichtigung des ehemaligen KZ´s in Neuengamme. Die jungen Polen besuchten auch das polnische Generalkonsulat.

Im Rahmen der Veranstaltung „Deutsche Kultur“ in Rzeszów kämpften die jungen Hamburgerinnen und Hamburger zunächst erfolgreich um den Pokal des Stadtpräsidenten von Rzeszów und später um den von unserer Gesellschaft gestifteten in Krakau/Kraków, um sich dann von der sprichwörtlichen polnischen Gastfreundschaft verwöhnen zu lassen. Die jungen Leute sollten auch Land und Leute kennenlernen. Sie besichtigten alle Sehenswürdigkeiten in Krakau/Kraków und Rzeszów sowie das Schloss in Łancut.

Marian Sikora aus Rzeszów und Andrzej Giemza aus Krakau/Kraków, unsere Partner und Freunde, brachten im Jahr 1996 eine Mannschaft eines kleinen Dorfvereines aus Szklary mit nach Hamburg. Die Hamburger Lokalpresse versah einen Bericht über diese Jugendbegegnung mit der aussagekräftigen Überschrift: „ Handballer gewannen neue Freunde aus Polen!“. Der Artikel endete mit den Sätzen: „Mit einem großen Abschiedsfest am Grill im Jugendpark Langenhorn wurde die deutsch-polnische Freundschaft besiegelt. Schon jetzt steht fest, dass es 1997 ein Wiedersehen in Polen geben wird.

Die Jahrtausendflut 1997 in Polen unterbrach leider die Zusammenarbeit mit Krakau. (Jan Dolny)

7. 3 Aktivitäten im Kulturbereich

Die Zahl der Veranstaltungen der DPG Hamburg in den vergangenen 38 Jahren ist Legende, wie Michael Joho in seinem Buch „Polnisches Leben in Hamburg“ vermerkt hat. Einige Hundert Mal lud die Gesellschaft zu Ausstellungen, Autorenlesungen, Konzerten, Informationsabenden und Diskussionen ein. (Michael Joho, 2011, 119) Seitdem sind noch einige dazu gekommen.

7.3.1 Ausstellungen (exemplarische Beispiele)

Da Kunst keine Sprachkenntnisse voraussetzt und keiner besonderen Worte bedarf sondern mit einer eigenen Sprache überzeugt, lud die Gesellschaft zahlreiche Künstler aus Polen ein, die ihre Arbeiten dem Hamburger Publikum zeigten und es von der vorzüglichen Qualität überzeugten. In den vier Jahrzehnten ihres erfolgreichen Wirkens für die deutsch-polnische Verständigung und Zusammenarbeit haben immer wieder Ausstellungen die öffentliche Arbeit der Gesellschaft geprägt. Schon in der Zeit vor der Gründung und bis vor wenigen Jahren wurden Ausstellungen im Hamburg-Haus Eimsbüttel organisiert, die weit über den Bezirk hinaus Beachtung fanden. Von Robert Szecówka – ROBS mit seinen Karikaturen und Bildern von Warschauer Künstler/innen über Dokumentarfotos vom Warschauer Aufstand 1944 und künstlerischen Fotos von Tadeusz Rolke bis hin zu Arbeiten von drei Rzeszower Künstlern wurde ein unterschiedliches künstlerisches und zeitgeschichtliches Spektrum präsentiert.

Schon 1967 wurde eine Initiative gegründet, die aus zahlreichen Hamburger Institutionen und Vereinen, u.a. Deutscher Freidenker-Verband, GEDOK, Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfreunde Hamburg, Hamburger Künstlerclub „die Insel“, Theater im Zimmer, bestand. In der Stadt wurden einige Ausstellungen organisiert, die die Initiatoren für typisch oder wichtig für Polen empfanden. In der Galerie UHU wurde „Naive Kunst aus Polen“ und im Haus der Jugend – Bramfeld Kinderbücher aus polnischen Verlagen und Kunsthandwerk gezeigt. Auch die Ausstellung „Neue Plakate aus Polen“ in der William-Wilkens-Werbeagentur fand eine große Beachtung beim Hamburger Publikum.

Während der polnischen Tagen 1971 wurde ein breites Spektrum an polnischen Kunstwerken präsentiert. In den „Hamburger Gaswerken“ fand eine Ausstellung polnischer Grafik, in der „Internationale Buchhandlung“ in der Johnsallee polnischer Plakate, Bücher und Schallplatten, in der Artoma-Galerie polnischer Medaillons, Gedenkmünzen und Plaketten statt. In die Inter-Galerie wurden politische Plakate aus Polen über NS-Konzentrationslager, den antifaschistischen Widerstand und die sozialistische Gesellschaft nach Hamburg geholt und so eine Konfrontation mit der Vergangenheit ermöglicht. „Die Welt“ vom 26.03.71 berichtet über eine andere Ausstellung: „Zugleich mit der offiziellen Eröffnung der Polnischen Tage wurde im Hamburg-Haus Eimsbüttel die Ausstellung „25 Jahre Polens West- und Nordgebiete“ für die Öffentlichkeit freigegeben.

Sechs Jahre später war das Spektrum der polnischen Kunst in Hamburg viel umfangreicher. In Zusammenarbeit mit einem der besten Museen in Polen, mit dem Nationalmuseum in Krakau, wurde eine Auswahl polnischer Porträts in der Hamburger Kunsthalle gezeigt. Das Kunsthaus Hamburg stellte die „Polnische Kunst der Gegenwart“ und der Kunstverein „Asinus“ „Kunst der Siebziger Jahre aus der Volksrepublik Polen“ vor. Das Angebot wurde um eine Fotoausstellung „Wiederaufbau Gdansk“ im Vestibül der Handelskammer und „Polen heute“ in der Dresdner Bank sowie eine Grafikausstellung in der Galerie L. Elisabeth Henning erweitert.

Mit großem Interesse wurde die polnische Volkskunst betrachtet: Sie „(…) spiegelt Seele und Empfindsamkeit der Nation“, wie es in der Einladung zur ersten Ausstellung 1986 hieß. Sie wurde in der Zusammenarbeit mit den Hamburger Gaswerken organisiert. Die polnische Volkskunst kennzeichnen auch heute noch Ursprünglichkeit und Empfindsamkeit. In ihr spiegeln sich liebevolle, erdverbundene Figuren und Formen sowie die tiefe Frömmigkeit und leidvolle Erfahrung des Volkes wider. Die Aussagekraft der autodidaktischen Künstler ist nicht durch Schulen oder Stilvorgaben eingeschränkt, sondern durch persönliche Lebenserfahrung und handwerklichen Umgang mit Material und Werkzeug geprägt. Bei der Eröffnung waren Helga Schuchardt, Senatorin der Freien und Hansestadt Hamburg und der Kulturattaché der Botschaft der Volksrepublik Polen anwesend.

Die Organisation der Ausstellung „Vier Grafiker aus Rzeszów“ 1991, mit den Künstlern Adolf Jakubowicz, Krzysztof Pisarek, Jadwiga Szmyd-Sikora und Zbigniew Huebsch, verwickelte unseren damaligen stellvertretenden Vorsitzenden Gerd Hoffmann in ein Zollstrafverfahren, da er die Exponate bei der Rückreise aus Rzeszów mit seinem privaten PKW ohne Anmeldung beim Zoll nach Hamburg brachte. Die Zollfahndung vernahm ihn unter Verdacht der illegalen Einführung von Kunstwerken in seinem Dienstzimmer. Nur mit Hilfe eines Anwalts und nach Rückführung unter Vorlage der Bilder mit entsprechender Liste beim Grenzzollamt in Forst/Lausitz konnte das Verfahren nach mehreren Monaten ohne Folgen beendet werden.

Auch mit der Katholischen Akademie Hamburg ergab sich über die Jahre eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit wie beispielsweise im Jahr 1981 die repräsentative Werkschau des Plakatkünstlers und Filmemachers Jan Lenica oder im Jahr 1996 die Ausstellung polnischer Kinderbücher.

1994 fand die Ausstellung „Professionelle und kindliche Kunst aus Warschau“ statt, die die Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Bildungsverwaltung (Kuratorium Oświaty) in Warschau organisierte. Neben den Gemälden von Gabriela Milowska gab die Ausstellung einen Einblick in die Arbeit der Kinder und Jugendlichen im Kulturhaus Muranów, Stadtteil von Warschau. Es war eine Dokumentation kindlicher Darstellungsfreude, vorsichtig gelenkt mit behutsamen pädagogischen Hinweisen auf handwerkliche und künstlerische Gestaltungsmöglichkeiten, vielfältig in der Thematik, jedes Bild farbenfroh, spontan oder bewusst komponiert, jedes beeindruckend, jedes ein kleines Kunstwerk, wie unser Vorstandsmitglied Peter Krup bei der Einführung feststellte.

Anlässlich des 50. Jahrestages des Warschauer Aufstandes wurde 1994 im Hamburg-Haus Eimsbüttel eine Fotoausstellung organisiert, die vom Historischen Museum in Warschau zur Verfügung gestellt wurde. Sie zeigte Originalfotos aus der Zeit des Aufstandes und ihr Ziel war, das alltägliche Leben in Warschau im August und September 1944 zu zeigen. Die Fotos wurden mit einfachsten fotografischen Apparaten unter schwersten Bedingungen, sogar Lebensgefahr schon in den ersten Okkupationstagen aufgenommen. Nordwestzeitung; Ausstellung „Kunst in Polen – eigenständig“, 1995

Die wenigen, kleinen vergilbten Fotos, die im Inferno der letzten Tage in Warschau erhalten geblieben sind, haben einen großen historischen und dokumentarischen Wert und sind in der Lage von die Sinnlosigkeit des Krieges zu zeugen.

„Suchen nach verlorener Farbe – eine Probe von Ablehnung der Distanz zur Welt. Das Gegenseitige Durchdringen der Materie und des Geistes, des Universums und der Individualität, das sind Probleme, die unser Schaffen anregen. Der moderne Mensch berauscht sich oft mit einfacher Sinnlichkeit, er verehrt die Natur, lehnt das Sacrum ab. Metaphorisch könnte man sagen: er hat die Farbe verloren. Unsere Ausstellung erzählt über Proben, in den wir versuchen, die volle geistige Einheit mit der Welt zu finden.“(Text aus der Einladung)

An der am 8. Oktober 1996 vom Konsul Dr. Stanisław Cieśla eröffneten Ausstellung konnte die Künstlerin Maria Grażyna Gdowiak nicht teilnehmen. Ein tragischer Unfall beendete wenige Wochen vor ihrer ersten Auslandsausstellung ihr so hoffnungsvolles Künstlerleben. Jolanta Czernecka, die mit dem Bruder von Grażyna Maria Gdowik, Wladyslaw, als unsere Gäste in der Hansestadt weilten, schrieb in Andenken an ihre Freundin: „Ich verdränge die schmerzhafte Abwesenheit von Maria. Wir müssen damit leben. Es bleibt mir nur noch die Freude an Ihren Bildern, und dass viele Menschen ihre Werke werden betrachten können.“ Die Ausstellung fand im Hamburg-Haus Eimsbüttel statt.
Im Februar 2002 wurden in der Finanzbehörde am Gänsemarkt einige Karikaturen deutscher und polnischer Künstler gezeigt. Anlass und Sinn der Ausstellung waren offenkundig: Vorurteile sollten in aller schonungslosen Offenheit beim Namen genannt werden, damit sie – das ist damit verbundene Hoffnung, als solche bloßgestellt – der Lächerlichkeit preisgegeben und ausgerottet werden. Wer könnte es besser als die Karikatur, die in der kritischen Überzeichnung den berühmten Nagel auf dem Brett trifft, mit dem der Kopf so manches Zeitgenossen vernagelt zu sein scheint. Ein großer Teil der Karikaturen widmet sich den ganz banalen, dabei tief verwurzelten Vorurteilen, die in den beiden Ländern gewachsen sind. Sie wollen die Ursachen untersuchen, wie die Angst der Polen vor den Folgen des EU-Beitritts und die Furcht der deutschen Nachbarn vor dem Verlust von Arbeitsplätzen. (Dieter Burkamp, Einführung)

Zwei Jahre später organisierte die DPG in den Räumen der Finanzbehörde nach dem Beitritt der zehn Länder in die Europäische Union die Ausstellung „Zehn `Neue` für Europa“. „Das Karikaturenprojekt richtet sich an alle, die neugierig sind und sich selbst ein Bild von unseren künftigen EU-Mitgliedern machen möchten. Diesmal geht es um die politische Karikatur, um ein Medium also, das keine Sprachbarriere kennt und keiner Übersetzung bedarf. (…) Viele Arbeiten enthüllen, durchaus mit Stolz, die enormen Anstrengungen, die notwendig waren, um den hohen EU-Erwartungen zu genügen und verraten gleichwohl die Sorge, dass sich all die Mühen als vergeblich erweisen könnten.“ (Günter Verheugen, Ohne Wenn und Aber, Einführung, Katalog).

Die Gesellschaft organisierte 2008 in der Handwerkskammer die Ausstellung „Danziger Bürgerhäuser“, die vom Uphagenhaus/Dom Uphagena in Zusammenarbeit mit dem Herder-Institut Marburg erstellt wurde. In der Ausstellung wurde die wechselvolle Entwicklung weitgehend zerstörter und aufwendig restaurierter bzw. rekonstruierter Danziger Bürgerhäuser vom Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts vorgestellt. Sie zeigte auch einige ausgewählte Funktionsaspekte eines Bürgerhauses, u.a. die Bebauung des Grundstücks, Durchfahrten, die eine Verkehrsverbindung mit dem Hof ermöglichen, Beischläge, Erker und Treppentürme, Terrassen und Aussichtstürme In einem gesonderten Teil der Ausstellung wurden die Innenräume der Bürgerhäuser gezeigt. Auf 60 Bild- und Texttafeln wurden mit zahlreichen unbekannten Fotografien und Bauplänen die Entwicklungsstufen der Bürgerhäuser in den verschiedenen Epochen baugeschichtlich aufgezeichnet und dokumentiert. Sie stammen aus der nie veröffentlichten Dissertationsschrift Otto Rollenhagens, die vor 1945 entstanden ist. Diese Quelle hat schon deshalb eine große Bedeutung, weil die meisten dort beschriebenen Gebäude im März 1945 völlig zerstört wurden.

2010 organisierte die DPG die Ausstellung der Künstler der Hamburger Aquarellwerkstatt in den Räumen der VHS-Hamburg Ost (Farmsen). Zum ersten Mal gelang es uns, in der VHS Farmsen Räume für eine von uns organisierte Ausstellung zu erhalten. Die 15 ausstellenden Künstler hatten über eine Woche in Masuren Bilder gemalt, die die besondere Stimmung dieser einzigartigen Landschaft wiedergeben. Der bekannte Schriftsteller und Mitglied unserer Gesellschaft Arno Surminski führte die Gäste in die Besonderheit der Landschaft ein: „Man muss lange hinschauen, um die masurischen Eigenarten auszumachen. Als erstes fällt das viele Wasser auf, die Seen und Teiche, die über das Land getupft sind, die Flüsschen, die die Landschaft gemächlich durchziehen, als wüssten sie nicht wohin. Man muss einen Sonnenaufgang und einen Sonnenuntergang erlebt haben, um zu erkennen, dass die Wolkenbildung hier eine andere ist und der Wind nicht nur mäßiger weht, sondern auch andere Gerüche über das Land trägt. Kopfweiden an Feldwegen und Dorfstraßen prägen Masuren, die Alleen nicht zu vergessen, die Schattenbänder durch den Sommer ziehen. Neben ihnen die rot-weiß-blauen Felder mit Mohn, wilder Kamille und Kornblumen.“ (Einführung zum Katalog „Hamburger Aquarellwerkstatt Masuren). Für die besondere Untermalung dieser Stimmung sorgte die Gitarren-Musik von David Kova.
7.3.2 Lesungen

Die zweite, wichtige Form der kulturellen Aktivitäten der Gesellschaft, die regelmäßig organisiert werden, sind Lesungen mit bekannten Schriftstellern, oder mit deutschsprachigen Autoren, die sich mit der deutsch-polnischen Realität oder der gemeinsamen Vergangenheit auseinandersetzen. Unsere Gesellschaft kann es sich hoch anrechnen, manchem/r polnischen Schriftsteller/-in schon ein Forum geboten zu haben, bevor er oder sie „berühmt wurden“. Dazu zählt u.a. auch Andrzej Szczypiorski, den wir schon Ende der 70-er Jahre zu einer Lesung in die Räume der Neuen Gesellschaft, unserer „Heimat“ von 1972 bis 1992 in der Rothenbaumchaussee 19, eingeladen hatten. Erst Mitte/Ende der 80-er Jahre wurde Andrzej Szczypiorski mit seinem Roman „Die schöne Frau Seidemann“ und anderen Werken einer breiteren Öffentlichkeit bei uns bekannt. Zu unseren Gästen aus diesem Genre gehörten ebenso wie aus dem Kreis von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und der Publizistik u. a. Prof. Władysław Bartoszewski, Erzbischof Alfons Nossol, Radek Sikorski (gegenwärtig Außenminister der Republik Polen), Bremer Bürgermeister a. D. Hans Koschnick, Adam Krzemiński, Helga Hirsch, Jürgen Haese, Martin Graf, Artur Becker, Friedrich-Wilhelm Kramer, Matthias Kneip, Reinhold Vetter, Mieczysław Tomala, Wilhelm Szewczyk, Arno Surminski. Auch für diese Veranstaltungen fanden wir in der Regel Partner, mit denen wir den deutsch-polnischen Dialog angeregt haben.

Einige Beispiele:
2009 las Ingelene Rodewald aus ihrem Buch „…und auf dem Schulhof stand ein Apfelbaum. Meine Zeit in Polen 1942-1944“. Ihre Briefe und Tagebuch-Aufzeichnungen spiegeln die Kriegserlebnisse wider und zeigen, wie tief der Krieg in das vorher friedliche Leben der Menschen eingegriffen hat.

2011 stellte Reinhold Vetter, der im August 1980 während des historischen Streiks auf der Danziger Lenin-Werft war, sein Buch „Polens eigensinniger Held. Wie Lech Walesa die Kommunisten überlistete“ vor. Es ist die erste, wissenschaftlich fundierte Biographie des berühmten Arbeiterführers Lech Walesa im deutschsprachigen Raum..

Artur Becker las 2011 aus seinem Buch „Der Lippenstift meiner Mutter“, in dem er seine Heimat Warmia/ Ermland und Masuren und deren Bewohnerinnen und Bewohner beschreibt. Dabei spürt er auch der Vergangenheit dieser Region nach. Während der Lesung erinnerte Artur Becker auch an den 100. Geburtstag des polnischen Nobelpreisträgers von 1980, Czeslaw Milosz (1911-2004). Dabei trug er einige der von ihm ins Deutsche übersetzten Gedichte vor. Polen widmete Milosz 2011 ein Gedenkjahr. Artur Becker ist ein Kenner Miloszs Literatur und seine Lesung war unser Beitrag für das Milosz-Jahr.

Im Jubiläumsjahr 2012 stellte Wioletta Weiß ihr Buch „Wir sind nur noch wenige – Erinnerungen aus einem Schtetl („Pozostalo nas tak niewielu – Wspomnienia z miasteczka polsko-żydowskiego“)“ vor. Der Band basiert auf Zeitzeugenberichten, die eindrucksvoll und nuanciert die polnisch-jüdische Geschichte von Zarki, einer polnischen Kleinstadt im Krakauer Jura, wiederspiegeln, die wie viele andere im besetzten Polen von der Walze des Holocaust zerstört wurde. Auf authentische Weise wird das Leben (und Sterben) in einem Städtchen aus polnischer und jüdischer Perspektive erzählt.

Die Fußball Europameisterschaft in Polen und in der Ukraine war einer der sportlichen Höhepunkte des Jahres 2012 und lenkte verstärkt das Interesse der Deutschen auf Polen. Deshalb luden wir den Osteuropa – Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung Thomas Urban ein, der aus seinem neuen Buch „Schwarzer Adler – Weißer Adler“ las. Vor allem mit dem polnischen Nachbarland verbindet Deutschland eine ganz besondere Fußballbeziehung. An spannenden Einzelfällen schilderte Thomas Urban wie die politische Geschichte beider Länder in den Fußball hineingewirkt hat. Dabei räumte er unter anderem mit dem Klischee des »Polackenclubs« Schalke 04 auf und berichtete über Ernst Willimowski, der zwischen 1934 und 1942 sowohl in der polnischen als auch deutschen Nationalmannschaft spielte. Auch die heutige Nationalmannschaft drückt diese besondere Fußballverwandtschaft aus: Zwei ihrer Stars, Miroslav Klose und Lukas Podolski, wurden in Polen geboren. Bei der Europameisterschaft 2012 traten sie in Polen für Deutschland an – eine Rückkehr, der sie auf ganz unterschiedliche Weise entgegensahen.

7.3.3 Musikveranstaltungen

Das Spektrum unserer Aktivitäten im musischen Bereich ist weit gespannt und geht von der Präsentation des Folkpop-Ensembles NO TO CO mit Piotr Janczerski noch zu Zeiten des Arbeitskreises Polen 1971 über die Jazzformation HAGAW, Folklore- und Gospelgruppen, Chören bis hin zu Kammermusikensembles und Instrumentalsolisten.

Seit 1980 besucht regelmäßig das Ensemble „Resovia Saltans“ auf Einladung unserer Gesellschaft Hamburg. Anfangs jedes Jahr, später alle zwei Jahre werden Konzerte in Hamburg und in Norddeutschland (Kiel, Bad Segeberg, Flensburg, Tostedt) organisiert. (siehe Kapitel 4.8)

Für die traditionellen Weihnachtsmärkte in der Innenstadt schlugen in 1987, 1988 und 1995 die für die verantwortlichen Ämter und Institutionen etwas besonders vor. Das Ensemble „Brzozowiacy“ aus der Rzeszower Region sang und tanzte mehrmals mit Eleganz, Grazie, Schwung und Temperament am Jungfernstieg, vor dem Rathaus und auf dem Gänsemarkt. Das Ensemble “Bielsko“ aus Bielsko-Biała beendete dann in der Weihnachtszeit des Jahres 1995 die Ära der polnischen Folklore in der Hamburger City. Es waren Vorweihnachtszeiten, an die sich gewiss noch viele Hamburger und deren unzähligen Gäste aus der Umgebung mit Freude und Wehmut erinnern.

Auch die Bewohner zahlreicher Altenheime Hamburgs betrachteten die jungen Menschen aus Polen als Vorboten der herannahenden Weihnachtszeit. Ihre abgearbeiteten Hände dankten den „polnischen Engeln“ mit stürmischem Applaus.

Die polnischen Gäste wurden immer im Inter- Rast Hotel beherbergt. Diese großzügige Geste verdankten wir dem in Hamburg bekannten Wilhelm, „Willi“ Bartels und seiner Frau Gisela. Der Gesang und Tänze der polnischen Künstler bereicherten auch oft das bunte Treiben auf dem benachbarten traditionellen „Hamburger Dom.“ (Jan Dolny)

Für den 1. September 1989, dem 50. Jahrestag des Kriegsbeginns, plante unsere Gesellschaft eine große Veranstaltung. Um von ihr eine möglichst intensive und schöne Friedensbotschaft ausgehen zu lassen, wollten wir eine Teilnahme polnischer und deutscher Kinder erreichen. Durch die guten Beziehungen nach Stettin ließ sich die Idee sehr gut und erfolgreich realisieren: Der Knabenchor „Stettiner Nachtigallen“ wurde eingeladen, an der Veranstaltung zusammen mit dem Knabenchor St. Nicolai, Hamburg, teilzunehmen. Darüber hinaus gelang es, einen Austausch zwischen den beiden Chören zu arrangieren. Der Besuch des Stettiner Knabenchores in Hamburg wurde zu einer Erfolgsreise der jungen Sänger: Sie nahmen am Ökumenischen Gedenken zum 1. September 1939 in der Hauptkirche St. Petri teil, sie haben an der westdeutschen Erstaufführung des Oratoriums „Deutsches Miserere“ von Paul Dessau und Bertold Brecht in der Musikhalle am 1. September 1989 mitgewirkt, sie haben in der Radio-Livesendung „Sonntakte“ unter dem Motto „Europa singt“ polnische Volkslieder vorgestellt.

Das Vorstandsmitglied, Teresa Lemke, brachte den Elternchor des Albert-Schweitzer Gymnasiums mit einem der Stettiner Chöre, dem „Collegium Maiorum“, zusammen. Dieser Kontakt bestand über einige Jahre, die Sänger besuchten sich gegenseitig, konzertierten gemeinsam gesungen und hatten dabei sehr viel Freude. Das letzte gemeinsame Konzert fand im Dezember 1992 in der Hauptkirche St. Nicolai statt. Der Chor „Collegium Maiorum“ wurde zuvor zur Weihnachtsfeier 1991 der Gesellschaft eingeladen. Sowohl die Mitglieder als auch das allgemeine Hamburger Publikum in den anderen Konzerten sowie die Fernsehzuschauer des Hamburger Journals waren von dem Können und dem breiten Repertoire der Stettiner begeistert. (Teresa Lemke, 1997)

2009 gastierte „Collegium Maiorum“ unter der Leitung des Dirigenten und Chorleiters Paweł Osuchowski wieder in Hamburg. Der Chor trat mit 38 Personen auf. Der junge Chorleiter und Dirigent nahm auf interessante Weise den ganzen Kirchenraum als Resonanzkörper für seine Sänger in Anspruch, was die Zuschauer mit großer Begeisterung begrüßten. Er lieferte ein Porträt der polnischen Musik im Laufe der letzten Jahrhunderte. Das Schlusswort vom Chorleiter hieß: „Wer von Ihnen mir glaubt, soll zuhören, wer zuhört, soll begeistert sein, und wer begeistert ist, soll nach Polen kommen.“ Es war eine charmante und geschickte Werbung für Polen!
Vor wenigen Jahren unternahmen wir den Versuch, das Hamburger Orchester „Hamburger Camerata“ mit der „Capella Gedanensis“ aus Danzig/Gdańsk dauerhaft zu verbinden. Außer drei Konzerten des Danziger Orchesters in Hamburg und einem Konzert der Camerata in Danzig unter Schirmherrschaft von Präsident Paweł Adamowicz und Bürgermeister Ole von Beust sowie finanzieller Unterstützung der Firmen FROSTA (Herr Ahlers) und DARBOVEN (Addi Darboven) ist es uns leider nicht gelungen, eine dauerhafte partnerschaftlichen Verbindung zwischen beiden Orchestern herzustellen. Mit unserer Hilfe ist es allerdings geglückt, die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit in Warschau zu gewinnen, der „Capella Gedanensis“ finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um in der Reihe „Musikschätze des alten Danzigs“ eine CD mit Kantaten des Barockkomponisten Johann Theodor Roemhildt herzustellen.

Sehr erfolgreich verläuft seit 2002 die Zusammenarbeit zwischen dem Warschauer Mädchenchor „Wiwat“ und unserer Gesellschaft. Über die Jahre hat uns „Wiwat“ mit seinem vielseitigen Programm bereits mit mehreren Konzerten begeistert. Leiterin und Chordirigentin ist Alicja Mossakowska, für die musikalische Begleitung sorgen Anna Cygielska und Wlodzimierz Tyl. Darüber hinaus ist es uns gelungen, eine Zusammenarbeit mit der Bramfelder Kantorei unter der Leitung von Werner Lamm und dem JONA-Jugendchor sowie der Trittauer Kantorei, beide unter der Leitung von Barbara Fischer, aufzubauen. „Wiwat“ wird Ende November 2012 wieder in Hamburg und Trittau zu Gast sein und uns mit seinem Advents- und Weihnachtsliederprogramm erfreuen.

Als unseren Beitrag zum Chopin-Jahr 2010 organisierten wir ein Konzert mit den bekannten polnischen Pianisten Michal Białk und Cezary Kwapisz, die für uns im Lichtwark-Saal der Carl-Töpfer-Stiftung in der Neustadt Werke von Chopin, Liszt und Paderewski spielten. Die technisch perfekte und mit vielen Emotionen geladene Musik hat die Zuschauer begeistert und Applauswellen ausgelöst. Die temperamentvolle Interpretation einiger Werke klang so wunderbar, dass die beiden Pianisten den Saal ohne Zugabe nicht verlassen durften. 2012 konnten wir die beiden Pianisten erneut in Hamburg begrüßen.

Mitte 2011 trat das Klezmer-Trio aus Krakau in der Irena-Sendler-Schule auf, das zu den bekanntesten Gruppen beim alljährlichen Klezmer-Festival im jüdischer Viertel seiner Heimatstadt gehört. „Die drei Musiker entfachten bei rasantem Spieltempo ein musikalisches Feuerwerk der Spitzenklasse. Sie reisen auf der Suche nach Spuren und Wurzeln des Klezmers.“ berichtete die Stadtteilzeitung „Der Markt“.

8. Im Netzwerk der DPG
8.1 Der Ost-West-Kreis

Der evangelische Arbeitskreis für Ost-West-Fragen (OWK) gratuliert der DPG Hamburg herzlich zum 40. Jahr ihrer Gründung. Er verbindet seine Gratulation mit großem Dank an die DPG Hamburg für die enge Zusammenarbeit seit nunmehr 10 Jahren. Er wünscht der DPG Hamburg weiter die großen Erfolge, die sie in der freundschaftlichen Verbindung zu Polen seit den vergangenen 40 Jahren entwickelt und erreicht hat.

Der OWK wird nächstes Jahr 60 Jahre alt. Sein auf dem Kirchentag in Hamburg 1953 gestecktes Ziel war von Anbeginn, den Kontakt zu den Menschen in der damaligen DDR nicht abreißen zu lassen. Jedes Jahr haben sich die im OWK zusammengeschlossenen Menschen aus Ost- und Westdeutschland in gemeinsamen Seminaren zu jeweils zeitaktuellen Themen hier und dort getroffen. Der OWK hat Kirchengemeinden in der DDR materiell geholfen und Familien von in der DDR inhaftierten Kirchenmitarbeitern unterstützt.

Nach der Wende – im 50-sten Jahr nach seiner Gründung – fand der OWK auf Vermittlung der DPG Hamburg neue, nunmehr gemeinsame Impulse seiner Ost-West-Arbeit in der Öffnung nach Polen. Einige Mitglieder des OWK waren und sind zugleich Mitglieder der DPG Hamburg. Deren engen Kontakt zum Germanistikbereich der Fachhochschule in Jasło/Krosno nutzt der OWK nunmehr bereits im 9. Jahr zu gemeinsamen Seminaren mit den Dozentinnen und Dozenten sowie Studierenden dieser Fachhochschule. Inzwischen verbindet den OWK auch eine enge Zusammenarbeit mit der auf Anregung der DPG Hamburg gegründeten Polnisch-Deutschen Gesellschaft in Rzeszów und mit Dozentinnen und Dozenten der dortigen Universität.

Zu Themen wie „Polen und Deutsche in der EU – beschwerte Vergangenheit – unbeschwerte Zukunft“ (2004), „Die gesellschaftliche Werteentwicklung in Polen und Deutschland in den letzten 40 Jahren“ (2007), „Die Entwicklung der Demokratie in Polen und Deutschland“ (2008) „Toleranz und Kompromiss als Wege zur Verständigung“ (2009) oder „Gemeinsamer Kulturraum links und rechts der Grenze am Stettiner Haff – Zalew Szczeciński“ (2011) haben polnische Studentinnen, Dozentinnen und Dozenten – auf Deutsch! – sowie Mitglieder des OWK Referate gehalten. In diesem Jahr (2012) steht das Seminar unter dem von polnischen Studierenden angeregten Thema „Zeugen der Kriegszeit. Erzählte Erfahrungen“. Während dieser Seminare sind Freundschaften zwischen polnischen und deutschen Teilnehmern entstanden. Sie haben unter anderem dazu geführt, dass 2 Studentinnen aus Jasło ein jeweils dreimonatiges, EU-gefördertes Praktikum in der Hamburger evangelischen Markus Kirchengemeinde Hohenhorst, Rahlstedt-Ost, absolviert und während dieser Zeit an den monatlichen Treffen der Hamburger OWK-Mitglieder teilgenommen haben.

Inzwischen nehmen eine Reihe von Gasteltern aus dieser Gemeinde polnische Studierende aus Jasło/Krosno bei sich auf, die auf Einladung der DPG Hamburg jeweils eine mit spezifischen Programmpunkten gefüllte Woche in Hamburg verbringen, um ihre Sprachkenntnisse durch den Aufenthalt in deutschen Gastfamilien zu vervollkommnen. Diese Verknüpfungen zwischen OWK, Kirchengemeinde, Gasteltern, der Fachhochschule in Jasło/Krosno, der Universität Rzeszów und den daraus entstandenen Freundschaften zwischen Polen und Deutschen sind das Ergebnis der unermüdlichen Arbeit der DPG Hamburg. Sie erfüllt als Kern solcher durch ihren Einfluss entstandenen Netzwerke vorbildlich den „Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit“ von 1991; sie lässt diesen Vertrag durch ihre nicht nachlassende und erfolgreiche Suche nach weiteren Netzwerkbeteiligten auch von andern in gleicher Weise erfüllen. Sie ist seit 40 Jahren ein wichtiger Motor, um Vorurteile abzubauen und das freundschaftliche Klima zu unseren Nachbarn im Osten immer weiter zu verbessern. Neben der Gratulation zu 40 Jahren dieser erfolgreichen Arbeit wünscht der OWK der DPG Hamburg, dass sie in vielen weiteren Jahren immer Menschen findet, die diese zwischen unseren Ländern friedenstiftende wertvolle Arbeit auf dem von der DPG Hamburg eingeschlagenen Weg fortsetzen. (Wolfgang Madlung)

8.2 „Wer seinen Nachbarn kennt, kann auf Vorurteile verzichten“

Ohne Vorurteile können Menschen offensichtlich nicht leben. Wohl auch deshalb formuliert Luther zum 1.Gebot: „Du sollst Dir kein Bildnis, noch irgendein Gleichnis machen. (…)“. Aber wir brauchen Orientierungen; haben jedoch die Fähigkeit, unsere Vorurteile zu überprüfen und können sie dann ggf. ändern!

Im Sommer 1982 hatten wir eine ungewöhnliche Begegnung mit einem jungen Studenten aus Warschau. Dort herrschte Kriegsrecht. Polen lag für uns weit weg, weit hinter dem „Eisernen Vorhang“, und jetzt auf einmal ganz nah. Wir lernten viel über dieses Land und fuhren noch im selben Jahr mit unseren Töchtern nach Warschau. Wir mussten zwei mit Soldaten, Mauern und Stacheldraht bewehrte Grenzen überschreiten – und den Versuch unternehmen, Menschen zu gewinnen, die einst im Untergrund gegen den Naziterror tätig gewesen waren. Es gelang, und es ist bis heute die tiefgehendste seelische Erfahrung, die wir je gemacht haben. Fortan fuhren wir alljährlich nach Polen und ab 1986 mit Musizierfreunden zu Konzertreisen, die uns 2007 durchs ganze Land führten. Das schafft Nähe zu Land (Mit Dank für die herzliche Gastfreundschaft) und Leuten!

Ab 1983 begannen wir Polnisch zu lernen. Von 1993 bis Ende 1995 haben wir beide in Warschau für ein Hamburger Unternehmen gearbeitet. In all diesen Jahren erfuhren wir, wie viele Vorurteile in unserem Lande gegenüber Polen bestanden, Vorurteile, die im 3. Reich ihren absurdesten Höhepunkt erreichten, aber sich schon im 18. und 19. Jahrhundert entwickelt hatten. Und es gibt auch Vorurteile in Polen gegenüber Deutschland. Das wollten wir versuchen, mit unseren Mitteln und Möglichkeiten zu ändern und gründeten ein einwöchiges Seminar unter dem Titel: „Wer seinen Nachbarn kennt, kann auf Vorurteile verzichten.“ Wir starteten mit acht polnischen Studenten im Februar 1997 und im Sommer 1997 in unserem Haus in Solec nad Wisłą (an der Weichsel) mit 8 deutschen Studenten. Wir zeigten das jeweils andere Land durch Vorträge über Geschichte, Wirtschaft, Kirche, Aufbau des Staates, Bildungsstruktur (Schule bis Universität). Dabei halfen uns namhafte Professoren, Präsidenten der Hamburger Bürgerschaft, Schulleiter und Lehrer, Bankdirektoren und Diplomaten beider Staaten.

Es gab Gespräche mit Politikern und Journalisten, Berichte von Zeitzeugen, wir besuchten Theateraufführungen in der jeweils anderen Sprache, da uns einst ein Theaterstück in Warschau so beeindruckt hatte, weil durch das mangelnde Verständnis der Sprache alle anderen Sinne herausgefordert werden, den Sinn der Darstellung zu erfassen. Und schließlich machten wir Rundreisen: Von Hamburg aus nach Stade, wo uns auf eindrucksvolle Weise die erfolgreichen Bemühungen um die Sicherung einer wirtschaftlichen Basis für die verhältnismäßig kleine Stadt und ihr Umfeld vor den Toren der Metropole Hamburg vorgestellt wurden.

In Polen fuhren wir umgekehrt, von Solec nach Warschau und Krakau, vom Dorf in die Metropolen, aber auch in die kulturell beeindruckende nähere Umgebung, nach Kazimierz Dolny und Sandomierz, nach Lublin, Zamość und Krzyżtopór.

Während des Seminars gab es Empfänge in unserem Haus in Hamburg, und in Solec, zu denen wir Menschen aus Wirtschaft. Politik, Kultur, Schulen, Kirchen, und Freunde – eine bunte Mischung – einluden. Zum Programm gehörte stets ein Abend mit „Jungen Leuten“. Die Studenten, die gerade ein Seminar bei uns besucht hatten, luden die Studenten des nächsten Seminars zu einem gemeinsamen Abend ein, also die Polen die Deutschen und die Deutschen die Polen, ohne unser Beisein. In 14 Seminaren haben wir über 200 Studenten kennenlernen können. Warum haben wir Studenten gewählt? Erstens, in diesem Stadium ist man geistig gut trainiert, zweitens, wir gehen davon aus, dass Menschen mit einem Studium zu den Meinungsträgern in der Gesellschaft zählen. Heute sind „unsere Studenten“ Lehrer, die mit ihren Schülern den deutsch-polnischen Austausch pflegen, Historiker, die sich um die bilaterale Verständigung bemühen. Ein Arzt betreut die Marinesoldaten auf ihren Seereisen. Eine polnische Künstlerin hat sich in Hamburg niedergelassen. In beiden Ländern gibt es Berater in Führungspositionen, Dozenten, Ärztinnen, die als Studenten eines unserer Seminare besucht haben.

Im Februar 2010 haben wir das 14. Seminar in Folge für polnische Studenten veranstaltet; im Sommer 2012 folgte das 14. für Deutsche in Polen. Damit endete unser langjähriges Projekt.
Es war eine wunderbare, manchmal auch anstrengende Arbeit, bei der wir viel zurückbekamen. Wir glauben, dazu beigetragen zu haben, dass für einige Menschen Deutschland und Polen ein wenig näher gerückt sind. (Heidi und Wilhelm Holzapfel)
Zwei Berichte aus 14 Jahren:
Pięć lat temu brałem udział w prywatnym seminarium Heidi i Wilhelma Holzapfel „Kto pozna swojego sąsiada, pozbędzie się uprzedzeń“ w Hamburgu. Nie byłem uprzedzony do Niemców, ale sąsiednie społeczeństwa są po prostu ciekawe, bo inne. Różnice między nami warto poznać choćby po to, żeby zobaczyć, co można robić inaczej. Na przykład że kobieta może odprawiać nabożeństwo, że parafianie mogą być bardziej niż w Polsce odpowiedzialni za wspólnotę, że można inaczej. (…) Heidi i Wilhelm prowadzili nas do niemieckich mediów – Deutsche Presse-Agentur czy Norddeutscher Rundfunk (NDR). Dziś jestem dziennikarzem. Dzięki tamtemu niemieckiemu doświadczeniu lepiej i pewniej się czuję w zawodzie. Poznałem kilka niemieckich instytucji, które działają w Warszawie i jestem z nimi w kontakcie. Mam wśród znajomych osoby, które poznałem przez Heidi i Wilhelma.

Obecnie – tak jak Heidi i Wilhelm – sam organizuję wymianę młodzieży. Jest to wymiana nie polsko-niemiecka, ale polsko-litewska. Dialog Polski z Niemcami jest rozwinięty. Umiejętności wyniesione z dialogu z Niemcami Polacy muszę teraz wykorzystać do zbliżenia z Litwą. Polacy i Litwini mają przed sobą wiele do zrobienia. Na szczęście mamy dobre wzory działania.

Vor fünf Jahren nahm ich an einem privaten Seminar, mit dem Titel: „Wer seinen Nachbarn kennt, kann auf Vorurteile verzichten“ von Heidi und Wilhelm in Hamburg teil. Ich hatte keine Vorurteile den Deutschen gegenüber, aber die Nachbarn sind einfach interessant, weil sie anders sind. Es lohnt sich die Unterschiede kennenzulernen, um zu sehen, was man anders machen könnte, z.B. dass eine Frau einen Gottesdienst abhalten darf, dass Gemeindemitglieder viel stärker für die Gemeinde verantwortlich sind als in Polen, und das es auch anders geht(…). Heidi und Wilhelm führten uns in die Landschaft der deutschen Medien – die Deutsche Presse-Agentur und der Norddeutsche Rundfunk – ein. Heute bin ich Journalist. Dank der deutschen Erfahrungen fühle ich mich in meinem Beruf sicherer. Ich habe einige deutsche Institutionen kennengelernt, mit denen ich immer noch Kontakt habe. In meinem Bekanntenkreis sind immer noch Personen, die ich bei Heidi und Wilhelm kennengelernt habe. Jetzt organisiere ich – wie Heidi und Wilhelm – einen Jugendaustausch. Es ist kein deutsch-polnischer sondern polnisch-litauischer Jugendaustausch. Der Dialog mit Deutschland ist schon sehr weit entwickelt. Die Erfahrungen aus dem deutsch-polnischen Dialog kann ich für die Annäherung mit Litauen einsetzen. Die Polen und die Litauer haben noch viel zum Nachholen. Zum Glück haben wir positive Handlungsmuster. ( Jakub Halcewicz-Pleskaczewski, geb. 1984, Journalist, wohnt und arbeitet in Warschau, Übersetzung Viola Krizak)

Sascha Wöllert aus Hamburg
Als mich im Winter 1999 Frau Prof. Barbara Vogel fragte, ob ich an einer privat organisierten Studienfahrt nach Polen teilnehmen wollte, war ich skeptisch … Polen? Da wollte „man“ eigentlich nicht unbedingt hin. Die Farben Mausgrau, Betongrau. Staubgrau waren die, die mir in den Sinn kamen (…). Aus heutiger Sicht muss ich kritisch zugeben, dass ich auch für „damalige Verhältnisse“ noch einigermaßen ungebildet war, was den Kulturreichtum und die Schönheit dieses Landes betraf. Heidi und Wilhelm Holzapfel zeigten mir dann das Polen, das ich nicht kannte – das so ganz anders war als das, was ich zu kennen glaubte! Ein Polen architektonischer, künstlerischer, intellektueller und musikalischer Pracht. Nie werde ich meine Eindrücke von Lublin, Sandomierz, Kazimierz Dolny, Krakau vergessen! Dieser Reichtum an Renaissance-Architektur! Diese Pracht der Kirchen! Dieses Bewusstsein für das eigene kulturelle Erbe! Diese Farben, Orgelklänge, Düfte deftigen Essens, diese Lebensfreude der Warschauer Studenten!

Bis heute stehe ich in engem Kontakt mit einem der Studenten, die uns damals das pulsierende junge Warschau voller Zukunftslust und Tatendrang zeigten. Heute ist Warschau längst eine DER Metropolen Europas! Voller Eindrücke und auch einer gewissen Scham bezüglich meiner Vorurteile war klar, dass ich dieses Geschenk des Ehepaares Holzapfel weitergeben muss. ….

Als Oberstudienrat an einem Gymnasium in Bad Nenndorf (GBN) konnte ich mich schnell in den Bereich der deutsch-polnischen Kontakte einbringen und heute ist die „Bednarska“ eine von 3 polnischen Partnerschulen! Das GBN und die „Bednarska“ arbeiten in einem Comenius-Projekt zum Thema „Together in Europe“ zusammen, ich werde mit meinem Seminarfach „Sport zwischen Kultur, Politik und Geschichte“ im Oktober 2012 die „Bednarska“ in Warschau besuchen. Die Schülerinnen und Schüler werden gemeinsam die Auswirkungen der Fußball-EM in Polen und der Ukraine bezüglich der deutsch-polnischen Beziehungen untersuchen und den Fragen nachgehen, ob dieses Sportereignis Vorurteile abbauen oder aufbauen hilft. Außerdem geht es dann immer noch und wieder darum, Vorurteile gegenüber Polen abzubauen: „Seminarfahrt nach Warschau? Da ist doch alles grau in grau…“
Lächelnd und erinnernd versprach ich meinen Schülerinnen und Schülern: „ Sie werden begeistert sein!“ (Sascha Wöllert)

8.3 Leben im Glas, Irena-Sendler-Schule

Weitsicht, Mut und Toleranz. Dafür steht der neue Name der ehemaligen Peter-Petersen-Gesamtschule: Die traditionsreiche Schule in Wellingsbüttel ist nun nach Irena Sendler benannt, der 2008 mit 98 Jahren verstorbenen polnischen Widerstandskämpferin, einer katholischen Sozialarbeiterin und Krankenschwester, die während der Nazi-Okkupation nicht nur unter der Verfolgung ihrer Landsleute litt, sondern tief betroffen vom Leiden der Menschen im Warschauer Ghetto war. Sie ahnte, dass deren weiteres Schicksal sie direkt in die Vernichtungslager der Nazis führen würde. Als leitende Mitarbeiterin der (polnischen) Sozialbehörde verschaffte sich die damals kaum 30 Jahre alte Tochter eines Arztes Zugang zum Ghetto – unter dem offiziellen Vorwand, die Ausbreitung von Seuchen zu verhindern. Mit ihrer Widerstandsorganisation „Zegota“ schmuggelte sie bis 1943 etwa 2500 jüdische Kinder aus dem Warschauer Ghetto heraus, brachte sie in Waisenhäusern, Klöstern und polnischen Familien unter und rettete ihnen so – täglich unter eigenem Risiko, entdeckt zu werden – das Leben. Teilweise mit Schlafmitteln ruhig gestellt, brachte sie die „Sendlerowa“ über die Kanalisation, in Särgen, Mülltonnen oder Sanitätskoffern auf die „arische“ Seite Warschaus.
Auf einem Festakt am 7. November 2010 wurde die Umbenennung vor rund vierhundert Gästen mit einem anspruchsvollen Programm würdig gefeiert. Anwesend waren die Tochter von Irena Sendler, Frau Janina Zgrzembska sowie Anna Mieszkowska, die Autorin der Irena-Sendler-Biografie „Die Mutter der Holocaust-Kinder“ und Piotr Zettinger, von Irena Sendler gerettetes Kind und somit Überlebender des Holocaust. Er war aus Stockholm angereist. In ihren Ansprachen brachten (die damalige) Schulsenatorin Christa Goetsch, Schulleiterin Ute Pape sowie der polnische Generalkonsul Andrzej Osiak ihre Anerkennung gegenüber der Lebensleistung Irena Sendlers zum Ausdruck. „Von Irena Sendler kann man vieles lernen, was zu jeder Zeit, in jeder Gesellschaft und Gemeinschaft für den Zusammenhalt unabdingbar ist: Zivilcourage, Zuversicht, Weitsicht, Mut und Toleranz. Nehmen wir uns ein Beispiel an ihr“, so die damalige Schulleiterin Ute Pape in ihrer Eröffnungsrede. Im Rahmen des Festakts wurde vor dem Haupteingang der Schule symbolisch ein Apfelbaum gepflanzt, der daran erinnern soll, dass Irena Sendler jedes gerettete Kind in Listen mit dem Geburtsnamen und -datum, der Herkunft und dem falschen Namen eintrug und diese Listen seinerzeit in Einmachgläser steckte, die sie dann unter einem Apfelbaum vergrub; so konnten auch die Identitäten der Geretteten überleben. Selbst unter schwerster Gestapo-Folter verriet sie das Versteck nicht. Außerdem wurde das Wirken Irena Sendlers für die Zuschauer durch eine Aufführung des Theaterstücks „Leben im Glas“ erlebbar gemacht: Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5 bis 13 erzeugten mit ihrem Nachspiel der dramatischen Trennungen der Kinder von ihren Eltern im Ghetto eine Atmosphäre der Betroffenheit und Ergriffenheit.

„Von 80.000 jüdischen Kindern aus dem Warschauer Ghetto haben vier- bis fünftausend überlebt. Dies ist ausnahmslos Helden zu verdanken, die ihr eigenes Leben riskierten und den Mut hatten, den zur Vernichtung verurteilten Kindern – wie mir – zu helfen“, sagte Piotr Zettinger, der von Irena Sendler im Alter von vier Jahren aus dem Ghetto befreit und versteckt wurde. Er entkam mit seiner Cousine über Abwasserkanäle aus dem Ghetto. „Wir wurden danach von Schwester Jolanta, so lautete ihr Deckname, empfangen und erst einmal gründlich abgeschrubbt. Denn wir müssen fürchterlich gestunken haben“, erinnert sich Zettinger. „Sie hat sich selbst nicht als Heldin betrachtet“, fügte er hinzu, während anschließend Janina Zgrzembska, die Tochter Irena Sendlers, sagte: „Die größte Anerkennung für Irena Sendler jedoch sind Schulen, die ihren Namen tragen.“ Dieses bedeute für eine Schule, „deren Namensgeberin Irena Sendler ist, neben der Ehre auch Verpflichtung, (…) eine Atmosphäre der besonderen Wertschätzung zu schaffen“, sagte Anna Mieszkowska, Autorin der Irena-Sendler-Biografie „Die Mutter der Holocaust-Kinder“.

Wie kam es zu dieser Umbenennung? Die Schule hatte sich entschlossen, ihren bisherigen Namen abzulegen, nachdem der Erziehungswissenschaftler Benjamin Ortmeyer Aufsätze von Petersen entdeckt hatte, die eine inakzeptable Nähe zum Nationalsozialismus aufzeigten. Von der Pädagogik Petersens habe sich die Schule ja ohnehin schon Ende der 1960er Jahre weitgehend verabschiedet, vermerkte Ute Pape in diesem Zusammenhang. Am 1.Juli 2010, war es soweit: Die Schulkonferenz beschloss einstimmig den neuen Namen für die Schule – sie soll in Zukunft nach Irena Sendler benannt sein. Der Entscheidung waren Meinungsbefragungen in der Schülerschaft, bei Eltern und Lehrerinnen und Lehrern voraus gegangen. 48 verschiedene Namen wurden vorgeschlagen. Daraus wählte die Schulkonferenz im April fünf Namen aus. Am 28. Mai wurden diese allen Schüler/innen in der Aula präsentiert. Anschließend wurden alle schriftlich gefragt, welchen Namen sie sich für die Schule wünschten. Da keiner der Vorschläge eine absolute Mehrheit erhalten hatte, gab es eine weitere Befragung zu den beiden Favoriten, an der sich knapp 1300 Personen beteiligten. Hier setzte sich Irena Sendler mit 53% durch.

Nun also heißt die Stadtteilschule in Wellingsbüttel nicht mehr Peter-Petersen-, sondern Irena-Sendler-Schule. Welch ein wunderbarer Paradigmenwechsel: Von dem Namen eines begeisterten Nationalsozialisten zum Namen einer unerschrockenen Widerständlerin. „Irena Sendler ist das beste Beispiel für Zivilcourage“, sagt der Elternratsvorsitzende Norbert Bauer. Doch anders als bei dem Deutschen Oskar Schindler, der ebenfalls viele Juden vor dem Tod bewahren konnte, ist die mutige Lebensleistung dieser Frau in Deutschland weitgehend unbekannt. Sie ist dafür in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt, eine Sinfonie in Israel wurde nach ihr benannt und Schüler in den USA haben ihr das Theaterstück „Leben im Glas“ gewidmet. „Meine Mutter wollte nie eine Heldin genannt werden“, sagt ihre Tochter Janina Zgrzembska. Es war ihr ein Bedürfnis, Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, Rasse oder Religion zu helfen. Irena Sendler sagte einmal: „Wir haben das getan, was ein jeder Mensch tun sollte. Und das ist es.“

In Hamburg trägt seit dem 7. November.2010 eine große Schule den Namen von Irena Sendler, als erste staatliche Schule in Deutschland. Darauf können wir in Hamburg stolz sein. Und dass nun eine deutsche öffentliche Schule diesen Namen trägt, das ist wohl eines der schönsten Ereignisse in den deutsch-polnischen Beziehungen. Die Gäste standen den Schülerinnen und Schülern in der Schule Rede und Antwort. Diese Stunden waren mit viel Einfühlungsvermögen, neugierigen Fragen und großer Sympathie für die Gäste angefüllt. (Hartwig Zillmer)

Seit der Umbenennung der Schule arbeitet die Gesellschaft mit ihr eng zusammen. Z.B. die Studenten aus Krosno hospitierten im Unterricht mehrerer Klassen und es wurde im Mai 2011 für die Schüler und die Eltern ein Konzert des „Klezmer Trios“ aus Krakau organisiert. Anlässlich dieser Veranstaltung sagte der stellvertretende Schulleiter Nobert Freitag, dass er in der Umbenennung der Schule eine „Wiederentdeckung der Deutsch-Polnischen Kontakte“ sieht. Der Austausch mit Polen sei ein Teil der schulischen Arbeit geworden. „Die Schüler sollen lernen, wie man in Europa zusammenlebt.“

9. Die Mitgliedschaft und die Vorstandsarbeit
9.1 Aufbauphase in den 70er Jahre

Der Gründungsvorsitzende der DPG Hamburg, Pastor Hans Mohn, wurde in der ersten ordentlichen Mitgliederversammlung 1973 von Dr. Hanno Jochimsen abgelöst. Er war von 1973-1991 Vorsitzender und von 1991-2002 Ehrenvorsitzender der DPG Hamburg, von 1991 bis 1995 Vorsitzender des Dachverbandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaften in der Bundesrepublik und 1996 bis zu seinem Tod im Juni 2002 Mitglied des Kuratoriums des Bundesverbandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaften, das unter dem Präsidium von Bundestagspräsidentin a.D. Prof. Dr. Rita Süßmuth, Bundesminister a.D. Hans-Dietrich Genscher und Bürgermeister a.D. Hans Koschnik stand. In den 70-er und Anfang der 80-er Jahre gab es häufigere Wechsel im Vorstand. Seit der Gründung einzige Konstante war über Jahrzehnte unser heutiger Ehrenvorsitzende Gerd Hoffmann in den Funktionen als Beisitzer und geschäftsführendes Vorstandsmitglied und später als Vorsitzender. Nach mehrjähriger Arbeit als stellvertretender Vorsitzender trat Oswald Beck (CDU) aus politischen Gründen zurück. Er gewann aber mit Gunnar Uldall und Martin Willich eine Reihe seiner Freunde für die Gesellschaft und mit Norbert Thurow, Rainer Blumenthal und Manfred Dahlke auch für die Vorstandsarbeit. Ursula Wagner war Dorothea Wick als Schatzmeisterin nachgefolgt und blieb dann viele Jahre bis sie ihrerseits von Helga Sturm abgelöst wurde, die ebenfalls viele Jahre im Vorstand mitarbeitete.

Was also tun, um dauerhafte Kontakte aufzubauen? Der Vorstand beschloss, möglichst viele Beziehungen zwischen Vereinen in Hamburg und in Polen zu stiften, ein Netzwerk zu schaffen. Die Mitglieder arbeiteten ebenfalls mit an einem solchen Netzwerk. Ein Beispiel war die Bitte der damals noch neuen Mitglieder Aleksandra Jeszke-Zillmer und Hartwig Zillmer (heute Vorstandsmitglieder), die Gesellschaft möge doch die Schirmherrschaft über eine im Sommer 1987 stattfindende Ausstellung eines polnischen Karikaturisten in der Galerie „Morgenland“ in Eimsbüttel übernehmen. Ergebnis dieser Schirmherrschaft war die Begegnung mit ROBS oder bürgerlich: Robert Szecówka, der seit 1986 in Hamburg lebt und die Karikaturen in beiden Jubiläumsfestschriften von 1997 und 2012 gezeichnet hat.

Obwohl der Vorstand schon zu Beginn seiner Tätigkeit versuchte, Kontakte zu gesellschaftlichen Gesprächspartnern in Polen aufzubauen, konnte dieses Anliegen erst nach der Wende, Ende der 80-er Jahre gelingen, auch wenn über die Jahre viele dauerhafte Kontakte zu vielen polnischen Persönlichkeiten hergestellt und damit unseren Mitgliedern viele Vorträge und Diskussionen zu deutsch-polnischen Themen mit Referenten aus unserem Nachbarland geboten werden konnten.

9.2 Konsolidierung und Änderungen in den 80er

Anfang der 80-er Jahre begann sich die Gesellschaft langsam zu wandeln. War er bis dahin beinahe ausschließlich von Deutschen bestimmt, die mehrheitlich wenige oder gar keine Beziehungen zum Land jenseits von Oder und Neiße hatten und sich aus politischer Überzeugung für den Frieden zwischen Polen und Deutschen einsetzten, so traten jetzt mehr und mehr Menschen in den Vordergrund, die mit ihrer Person für einen Brückenschlag standen, meistens Polinnen, die einen Deutschen geheiratet hatten. Der Wandel wurde besonders bei den Vorstandswahlen 1983 und 1985 deutlich, als zwei Frauen aus dieser Gruppe in den Vorstand gewählt wurden. Es waren Aleksandra Jeszke-Zillmer und Teresa Lemke. Sie brachten ihre Beziehungen zu Polen und ihren Erfahrungsschatz in die Arbeit der Gesellschaft ein, so dass trotz der widrigen Großwetterlage immer wieder kleine Fortschritte möglich waren. „Obwohl uns manchmal der Mut verließ, ob wir denn schließlich einen Durchbruch schaffen würden, ermunterte uns dennoch das entstehende Netzwerk der Beziehungen“. (Gerd Hoffmann)

Als Senatorin a. D. Irma Keilhack in der Mitgliederversammlung 1984 mit gewissem Recht feststellte, dass „(…) es angesichts der allgemeinen politischen Lage von der Gesellschaft doch gar nicht zu schaffen sei, beständige Verbindungen zu knüpfen, sprach sie mir mit ihrem Verständnis zwar aus dem Herzen und dennoch widersprach ich ihr, weil wir von unseren kleinen Schritten überzeugt waren“, berichtete Hanno Jochimsen. Die Arbeitsteilung im Vorstand begann sich immer deutlicher zu entwickeln, nachdem die medizinische und andere humanitäre Hilfe mit der Zeit in den Hintergrund trat. Gerd Hoffmann engagierte sich verstärkt in Rzeszów. Jan Dolny versuchte eine Partnerschaft zwischen den Bezirken Warschau-Mitte und Hamburg-Mitte aufzubauen, ein Vorhaben, das von seiner Bezirksversammlung, in der er Mitglied war, durchaus akzeptiert, von der Senatskanzlei dagegen abgelehnt wurde. Aleksandra Jeszke-Zillmer kümmerte sich um die Beziehungen zu ihrer Heimatstadt Dirschau/Tczew und später mit ihrem Mann Hartwig Zillmer, um ökologische Fragen im Verhältnis beider Länder, während Teresa Lemke nach und nach das gesamte Stettiner Musikleben erfolgreich nach Hamburg holte.

9.3 Veränderungen nach 1990

Das Jahr 1990 brachte für Hartmut Reichardt, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Deutsch-Polnischen Gesellschaften und seinem Vertreter Hanno Jochimsen berufliche Veränderungen. Immer häufiger musste Hanno Jochimsen die Arbeitsgemeinschaft Deutsch-Polnische Verständigung ehrenamtlich vertreten und war zugleich im erhöhten Maße beruflich beansprucht. Bald nach dem Jahreswechsel 1990/91 klärte sich die Situation seiner Doppelbelastung. Er wurde zum Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft gewählt. Damit stand für ihn fest, dass er schon aus Gründen der bisherigen Erfahrungen mit der zeitlichen Beanspruchung nicht erneut für das Amt des Vorsitzenden der Hamburger Gesellschaft kandidieren würde. Gerd Hoffmann wurde zu seinem Nachfolger gewählt und übte das Amt von 1991 bis 2008 aus. Kurz danach wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt und ist als stellvertretender Vorsitzender im Bundesverband aktiv tätig. Seit 2008 steht Dr. Viola Krizak an der Spitze des Vorstands. Ihre Stellvertreterinnen sind Aleksandra Jeszke-Zillmer und Alicja Sklodowska-Schulze.

Am 15. Juni 2002 starb unser Ehrenvorsitzende Dr. Hanno Jochimsen. Es war ein großer Verlust für die Gesellschaft, weil seine beratende Funktion in der Vorstandsarbeit bei allen Mitgliedern sehr geschätzt wurde. In seinem Nachruf hieß es: „(…) Hanno Jochimsen war einer der Wegbereiter der deutsch-polnischen Verständigung. Er hat als Hamburger Vorsitzender (1973-91), als unser Ehrenvorsitzender (ab 1991), als Bundesvorsitzender (1990-95) und Kuratoriumsmitglied (1997) maßgeblich die Arbeit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft auf Landes- und Bundesebene bestimmt. Die Herausgabe des in Deutschland und Polen hoch angesehenen, zweisprachigen Magazins DIALOG und die jährlich im Wechsel in beiden Ländern veranstalteten Kongresse „Polen und Deutsche gemeinsam in Europa“ sind herausragende Beispiele für seine erfolgreiche ehrenamtliche Arbeit. (…) Hanno Jochimsen hat in kluger Voraussicht viel Entwicklungen im deutsch-polnischen Verhältnis schon in den Ansätzen erkannt und frühzeitig entscheidende Weichenstellungen für die deutsch-polnische Verständigungsarbeit vorgenommen. Sein außergewöhnliches Engagement für den Dialog zwischen beiden Völkern in seiner europäischen Dimension wird uns unvergessen bleiben. Wir haben einen großen Freund und engagieren Weggefährten in der deutsch-polnischen Zusammenarbeit verloren.“

Der in Hamburg lebende polnische Journalist Tadeusz Knade, schrieb am 26. Juni 2002 in der polnischen Zeitschrift „Kurier“: „Heute, in den für uns alle so schweren Zeiten, verneigen wir uns vor Dr. Hanno Jochimsen, dem herausragenden Kenner der polnischen Nachkriegsgeschichte (…) für alle seine Initiativen und die guten Taten, die er in sich vereinigte und mit den er Polen und Deutsche einigte, in Zeiten als über die Einigung unserer Staaten im Rahmen der EU noch niemand dachte. Im Gegenteil, den Menschen, die sich für die deutsch-polnische Verständigung engagiert haben – sei es auf polnischer oder deutscher Seite – hat man keine Rosen auf diesem Weg gestreut. Im Gedächtnis der Polinnen und Polen haben Sie einen festen Platz als ein großer Freund Polens. (…) Wir verabschieden Dich teurer Dr. Hanno Jochimsen, Freund, des um seinen Platz auf der Karte eines vereinigten Europas kämpfenden Polens, und aller in Deutschland lebenden Polen.“

Die Mitgliedschaft der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg spiegelt von Anfang an die gesellschaftliche Struktur der Freien und Hansestadt Hamburg wider. Ihr gehören geborene Hamburger/innen ebenso wie Menschen aus den ehemals deutschen Ostgebieten und aus Polen an. Die Werbung neuer Mitglieder erfolgt in erster Linie bei den Veranstaltungen im Rahmen des Arbeitsprogramms der Gesellschaft. Besonders erfolgreich ist die Werbung über die Studienfahrten, die die Gesellschaft regelmäßig organisiert. Als Werbematerial dient ein Flyer mit kurzer Darstellung der Arbeit der Gesellschaft.

Die DPG informiert ihre Mitglieder und einen Kreis von Interessenten/innen regelmäßig in Form von „Mitteilungen“ über die eigenen Veranstaltungen und über Veranstaltungen anderer Träger zu den deutsch-polnischen Themen. Diese Mitteilungen erschienen viele Jahre etwa alle vier bis sechs Wochen. Da seit einigen Jahren andere Kommunikationsmöglichkeiten z. B. über das Internet vorhanden sind, werden die Mitteilungen alle zwei Monate versandt. Die DPG ist mit einer eigenen Homepage unter www.info@dpg-hamburg.de im Internet vertreten. Unser Mitglied Małgorzata Bryska richtete 2011 ein Facebook ein, das sie bis heute regelmäßig betreut. Auf diese Weise haben wir auch Zugang zur jungen Generation unserer Bürger, die wie wir die Notwendigkeit sieht, sich für das Nachbarland zu interessieren und ggfs. auch zu engagieren.

Seit der Gründung unserer Gesellschaft genossen wir ein großzügiges Gastrecht in den Räumen der Neuen Gesellschaft Hamburg in der Rothenbaumchaussee 19. Am 19. Juni 1993 konnten wir endlich eigene Räume im Saling 9 beziehen. Als Ehrengäste der Eröffnungsfeier begrüßten wir den Generalkonsul der Republik Polen in Hamburg Marek Rzeszotarski sowie den SPD-Bundestagsabgeordneten Freimut Duve und die stellvertretende Landesvorsitzende der CDU, Antje Blumenthal. Die guten Wünsche der zahlreich erschienenen Mitglieder und Vertreter vieler, mit uns befreundeten Hamburger Organisationen, begleiteten uns von diesem Tag an über 13 Jahre bis in das Jahr 2006. Diese bescheidenen Räumlichkeiten waren eine wahre Deutsch-Polnische Begegnungsstätte. In Hamburg lebende polnische Künstler gestalteten mit großem Engagement unsere Eröffnungsfeier und in den folgenden Jahren fanden viele polnische Gäste den Weg zu uns. Ihre freundlichen Sätze in unserem Gästebuch zeigen, besonders heute, da wir unser 40 jähriges Jubiläum begehen, dass unsere Arbeit für die Versöhnung und Freundschaft mit Polen wichtig und erfolgreich war und immer noch ist. Viele interessante Vorträge und gute Gespräche fanden im Stadtteil Hamm statt. Doch auch für die praktische Arbeit unserer Gesellschaft eigneten sich die 60 qm hervorragend. Nicht nur als „Verpflegungsbasis“ für hungrige Sportler, die in der benachbarten Sporthalle um den Handballpokal unserer Gesellschaft kämpften, sondern auch als Vorbereitungsräume für die Zusammenstellung der so erfolgreichen Kunstausstellung des polnischen Karikaturisten Zygmunt Januszewski und als eine der Stationen im Rahmen der Rundfahrt zu Stätten polnischer Geschichte und Kultur in Hamburg. Die „Feuerprobe“ des Büros in Rahmen unserer gesellschaftlichen Arbeit war die Lagerung unzähliger Personal Computer, die wir als Spende einer Hamburger Krankenversicherung nach der „Jahrhundertflut“ in Polen an viele polnische Schulen in den Hochwassergebieten weiterleiteten. Die Trennung von den uns so vertrauten Räumen erfolgte 2006.

Seit sechs Jahren haben wir im Souterrain in der Volkshochschule (VHS) Hamburg-Ost ein Büro, in dem u.a. die monatlichen Vorstandssitzungen stattfinden. Die Zusammenarbeit mit unseren Gastgebern verläuft sehr harmonisch und die gegenseitige Unterstützung erweitert unsere Handlungsmöglichkeiten. Im Juni 2012 organisierten wir gemeinsam die Veranstaltungsreihe „Sommer in…Polen“ und haben auf diesem Weg vielen Hamburgern Polen näher gebracht.

9.4 Der Vorstand heute

v.l.n.r. G. Hoffmann, W. Madlung, H. Stelter, H. Zillmer, Dr. V. Krizak, B. Ratajczak, B. Bornemann, M. Salwa,
A. Skłodowska-Schulze, A. Jeszke-Zillmer

Der Vorstand besteht aus neun Mitgliedern. Vorsitzende der Gesellschaft ist seit 2008 Dr. Viola Krizak, die von ihren beiden Stellvertreterinnen Aleksandra Jeszke-Zillmer und Alicja Sklodowska-Schulze unterstützt wird. Eine weitgehende Arbeitsteilung erlaubt die Organisation des umfangreichen Programms, das seit vielen Jahren realisiert wird und bundesweite Anerkennung findet. Aleksandra Jeszke-Zillmer unterrichtet seit Jahren polnisch an der VHS und motiviert immer wieder ihre Schüler, Mitglied in unserer Gesellschaft zu werden. Marian Salwa dient als „Finanzminister“ und verwaltet die Vereinskasse. Hartwig Zillmer, seit einem Jahr Lehrer im Ruhestand, kümmert sich seit vielen Jahren um Jugend- und Schulangelegenheiten. Beata Ratajczak, Lehrerin an der Irena-Sendler-Schule in Wellingsbüttel, arbeitet mit ihm zusammen. Hartwig Zillmer, der 1990 die „Arbeitsgemeinschaft Umwelt und Ökologie“ gegründet hat, ist außerdem auch für diesen Bereich

zuständig. Herbert Stelter organisiert die Konzertveranstaltungen, sorgt für Pressemitteilungen und die graphische Gestaltung der Vereinsberichte. Dr. Corinna Makowski protokolliert unsere Vorstandssitzungen. Wolfgang Madlung organisiert u.a. seit vielen Jahren den Aufenthalt der Germanistikstudenten aus Jasło/Krosno. Barbara Bornemann unterstützt uns bei der Gästebetreuung und bei Empfängen. Alicja Sklodowska-Schulze gestaltet und betreut zusätzlich die Webseite der Gesellschaft. Bei allen Aktivitäten können wir auf die Unterstützung unseres Ehrenvorsitzenden Gerd Hoffmann rechnen.

10. Lohnte sich die Arbeit?

Mit dieser Frage endete auch der Beitrag von Hanno Jochimsen in der Festschrift aus Anlass des 25. Jubiläums des DPG. Haben sich die jahrzehntelangen Bemühungen um die Verständigung zwischen Deutschland und Polen trotz der mancher Enttäuschungen, Rückschläge und Frustrationen in den 70-er und 80-er Jahren gelohnt? Aus unserer subjektiven Sicht bejahen wir auch heute diese Frage ohne Einschränkungen.

Wir brauchten für die Arbeit unserer Gesellschaften auf der gesellschaftlichen Ebene zur Entwicklung einer deutsch-polnischen Nachbarschaft und damit für die große Aufgabe der Völkerverständigung einen langen Atem – und Gott sei Dank – wir hatten diesen langen Atem. Mit großer Geduld und der steten Hoffnung, dass unsere Arbeit sich letztendlich lohnen und die Menschen in Polen und Deutschland näher zusammenbringen würde, haben wir gemeinsam über vier Jahrzehnte gewirkt. Die Geschichte der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg und all unserer Partnergesellschaften im Bund ist daher ohne jeden Zweifel eine Erfolgsgeschichte. Wir sind der festen Überzeugung, dass unsere Arbeit wesentlich dazu beigetragen hat, dass das deutsch-polnische Verhältnis nach der Wende eine so eindeutig positive Entwicklung nehmen konnte, wie sie gerade in den letzten Wochen durch die gegenseitigen Besuche führender Repräsentanten Deutschlands und Polens erneut deutlich geworden ist.

Alle Deutsch-Polnischen Gesellschaften in Deutschland und unter ihnen auch die Hamburger, finden bei den öffentlichen Medien trotz gezielter Pressearbeit leider nur viel zu selten die notwendige Beachtung. Presse und die übrigen Medien berichten über ihre vielseitigen, Völker verbindenden Aktivitäten nur sporadisch. Trotzdem erzielten sie mit ihrer „Kleinarbeit“ einen allmählichen Wandel im Bewusstsein beider Völker. Will man in Frieden mit seinen Nachbarn leben, kann man sich auf den Schlagzeilen produzierenden Dialog der Regierungen, Diplomaten und Eliten alleine nicht verlassen. Wir müssen noch mehr Menschen motivieren, sich ohne Opportunismus für den Frieden zwischen den Völkern zu engagieren, insofern hat unser Aufruf „Friede mit Polen“ aus unserem Gründungsjahr für uns nach wie vor einen hohen Stellenwert.

Die deutsch-polnischen Beziehungen brauchen unsere politische Aufmerksamkeit, unser bürgerschaftliches Engagement und vor dem Hintergrund unserer gemeinsamen Geschichte immer auch ein gehöriges Maß deutscher Sensibilität im Umgang mit Polen. Dabei müssen sich eine gute Zusammenarbeit und die Pflege freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Menschen unserer beiden Länder im täglichen Leben immer wieder aufs Neue bewähren. Die Arbeit unserer Gesellschaft mit ihrer vielfältigen Bandbreite von Informationsveranstaltungen über Studienfahrten bis zu verstärktem Austausch von Hamburger und polnischen Schulen sowie Arbeitsprogrammen für polnische Studentinnen und Studenten in Hamburg werden wir daher mit gleicher Intensität fortsetzen wie bisher.

Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape wies in ihrer Rede zum 25. Jubiläum der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg 1997 auf das besondere Verhältnis zwischen Polen und Deutschen hin, dass sich trotz schwerer Belastung durch eine grausame Vergangenheit in den letzten Jahren und Jahrzehnten doch gut nachbarschaftlich, häufig auch freundschaftlich entwickelte. Sie unterstrich die Bedeutung der Arbeit unserer Gesellschaft mit den Worten „Wir werden die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg weiterhin brauchen, denn mit 25 Jahren ist sie stark und erfahren genug, um die deutsch-polnische Freundschaft weiter zu fördern und auszubauen!“ Wir sind noch stärker und erfahrener geworden! In 40 Jahren unserer Arbeit hat sich viel geändert. Wir werden in die deutsch-polnische Freundschaft weiterhin viel Kraft investieren und unsere Arbeit fortsetzen. Aber das geht nicht ohne Hilfe oder wie Helmut Schmidt es in seinem Grußwort ausdrückt:

„ Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. verdient unsere Unterstützung!“

GEDENKEN

Wir gedenken der engagierten Hamburgerinnen und Hamburger, die sich in vier Jahrzehnten durch ihre Mitgliedschaft für die deutsch-polnische Versöhnung, Verständigung und Zusammenarbeit in der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg engagiert und unsere Arbeit unterstützt haben. Stellvertretend für alle, die nicht mehr unter uns sind, nennen wir:

– Oswald Beck, langjähriger stellvertretender Vorsitzender
– Herbert Dau, Bürgerschaftspräsident
– Dr. Heinrich von der Goltz
– Dr. Hanno Jochimsen, langjähriger Vorsitzender und Ehrenvorsitzender
– Irma Keilhack, Senatorin
– Oskar Jan Langner
– Walter Lohmann, Gründungsmitglied
– Pastor Hans Mohn, Gründungsvorsitzender
– Elisabeth Ostermeier, Gründungsmitglied
– Arno Rattay
– Zygmunt Ratka
– Friedrich Riethmüller, Gründungsmitglied und lange Jahre stellvertretender Vorsitzender
– Hartwig Schröder, Gründungsmitglied und langjähriger Revisor
– Helga Sturm, Vorstandsmitglied, Schatzmeisterin
– Lisi und Adolf Vogel, Vorstandsmitglied bzw. Referent über polnische Geschichte
– Dorothea Wick, Gründungsmitglied, Schatzmeisterin
– Prof. Wolfgang Ziółkowski

AUTOREN
Grasela, Maria, Leiterin der Abteilung für Germanistik an der Fachhochschule Krosno
Dolny, Jan, Ehrenmitglied der DPG Hamburg
Furman, Wojciech, Prof. Dr., Vorsitzender der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Rzeszów
Halcewicz-Pleskaczewski, Jakub, Journalist, Warschau, Teilnehmer der Studienreise
von Heidi und Wilhelm Holzapfel im 2010
Hoffmann, Gerd, Ehrenvorsitzender der DPG Hamburg
Holzapfel, Heidi und Wilhelm, Mitglieder der DPG Hamburg
Jakubowicz-Pisarek, Marta, Universitätsdozentin, Vorstandsmitglied der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Rzeszów
Jochimsen, Hanno, Dr., ehemaliger Vorsitzender der DPG Hamburg
Krizak, Viola, Dr., Vorsitzende der DPG Hamburg
Krup, Peter, langjähriges Vorstandsmitglied der DPG Hamburg
Leidner, Christof, Mitglied der DPG Hamburg
Madlung, Wolfgang, Vorstandsmitglied der DPG Hamburg
Pomianowski, Wojciech, Auswärtiges Amt, Berater für deutsch-polnische Angelegenheiten im Büro der Staatsministerin Cornelia Pieper
Szayna-Dec, Krystyna, Dr., Germanistik-Dozentin an der Fachhochschule Krosno
Tumidajewicz, Katarzyna, Krosno, Studentin der Studienreise 2010, 4. Semester
Więcko, Maria, Leiterin der Fremdsprachenfakultät an der Universität Rzeszów
Wöllert, Sascha, Teilnehmer der Studienreise von Heidi und Wilhelm Holzapfel
Zillmer, Hartwig, Vorstandsmitglied der DPG Hamburg

LITERATURLISTE
Broschüre zum Deutsch-Polnischen Jahr 2005
Burkamp, Dieter, Zehn „Neue“ für Europa, Bielefeld 2004
Dialog der Bürger, Berlin 2005
Joho, Michael, Polnisches Leben in Hamburg, Hamburg 2011
Keim, Walter; Burkamp, Dieter, Nachbarn, Polnische Karikaturisten sehen Deutschland, Bielefeld 2001
Kerski, Basil, in: „DIALOG“ als Spiegel der Nachbarschaft zwischen Deutschen und Polen, Berlin 2007
Polen, Landeszentrale für die politische Bildung, Nr.311
Rabe, Stefan, Polen Nachbar, Partner, Freund im Osten, Rapporte der Konrad-Adenauer-Stiftung, Nr. 17, 2010
Wir riefen auf zum Frieden mit Polen, Herausgeber DPG Hamburg, Hamburg 1997

ANHANG 1

AUFRUF ZUM FRIEDEN MIT POLEN

Die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. wendet sich mit folgendem Aufruf an die Hamburger Bevölkerung und lädt diese zum Beitritt ein:

Den Weg zu einem neuen Verhältnis zu Polen hat der Warschauer Vertrag geebnet; sein diplomatisches Gerüst aber muss von den Menschen in beiden Ländern noch mit Leben erfüllt werden. Dreiunddreißig Jahre nach Beginn des blutigen Krieges ist es an der Zeit, den Frieden mit den Nachbarn zu suchen. Diesen Frieden zu finden wird schwer sein, denn die Wunden sind tief. Gerade angesichts der von uns begangenen Gewalt sollten wir Deutschen aber die moralische Kraft aufbringen, den Weg zur Aussöhnung zu gehen. Wir brauchen den Frieden mit den Polen unseres eigenen moralischen Selbstverständnisses wegen:

• Wir müssen uns lossagen von der in vielen Jahrzehnten gegenüber dem polnischen Volk geübten Überheblichkeit, die schon auf eine Zeit vor dem Nationalsozialismus zurückgeht.
• Wir müssen uns lossagen von der fadenscheinigen Selbstgerechtigkeit des Aufrechnens.
• Wir müssen uns lossagen von der Bequemlichkeit, den polnischen Nachbarn wegen seines anderen Gesellschaftssystems überhaupt nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Der zweite Weltkrieg begann in Polen; der Frieden in Europa wird schließlich nur Wirklichkeit werden, wenn er mit Polen gewonnen wird.

WIR RUFEN AUF ZUM FRIEDEN MIT POLEN!

ANHANG 2

Aufruf zur Arbeit der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

Angesichts der streitigen öffentlichen Diskussion über die Besetzung des Beirates der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ sieht sich die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg e.V. veranlasst, mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit zu treten.

Vor dem Hintergrund des Unrechts, dem das polnische Volk seit den polnischen Teilungen durch Preußen, Russland und Österreich Ende des 18. Jahrhunderts und insbesondere während der nationalsozialistischen Besetzung von 1939 bis 1945 von deutscher Seite ausgesetzt war, setzt sich die Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg seit Jahrzehnten für die Versöhnung, Verständigung, Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen den Menschen in Deutschland und Polen ein.

Trotz vieler Widerstände während der kommunistischen Zeit in Polen, aber leider auch im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um den Warschauer Vertrag von deutscher Seite haben die in den Deutsch-Polnischen Gesellschaften tätigen Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Arbeit dazu beigetragen, dass zwischen Deutschen und Polen, insbesondere nach der Wende eine freundschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage eines gleichberechtigten und respektvollen Miteinanders möglich wurde. Zahlreiche Partnerschaften auf kommunaler und regionaler Ebene sind ebenso entstanden wie polnisch-deutsche Gesellschaften in unserem Nachbarland und viele weitere partnerschaftliche Zusammenschlüsse auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens.

Auf diesem fruchtbaren Boden haben Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Mazowiecki Anfang der 90-er Jahre aufbauen und mit den deutsch-polnischen Verträgen vom 14. November 1990 (Grenzvertrag) und 17. Juni 1991 (Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit) die Voraussetzungen für ein zukunftsorientiertes Miteinander in Frieden und Freundschaft in Mitteleuropa schaffen können, das bis heute trotz mancher Angriffe erfolgreich andauert.

Eine solche positive Entwicklung war in Folge unserer jüngeren gemeinsamen Geschichte, die durch millionenfaches nationalsozialistisches Unrecht geprägt war, nicht zu erwarten. Kaum eine polnische Familie ist von diesen Unrechtshandlungen und Verbrechen im deutschen Namen verschont geblieben. Viele ältere Polen, die als Häftlinge in Konzentrationslagern unter unmenschlichen Umständen lebten oder als Zwangsarbeiter Sklavenarbeit leisten mussten, haben noch heute unter den Folgen dieser verbrecherischen Unrechtshandlungen zu leiden.

Somit ist es mehr als verständlich, dass viele Polen Tendenzen bei jenen Deutschen mit Miss-trauen und massiver Kritik begegnen,

• die weiterhin in ihren Handlungen durch Wort und Tat diese belastende Geschichte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigen,
• die sich in der Vergangenheit permanent gegen die Verständigung mit Polen gewandt haben, z. B. durch Ablehnung des Warschauer Vertrages von 1970, des Grenzvertrages von 1990 und des Vertrages über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit von 1991,
• die sich damit gegen die Anerkennung der durch den 2. Weltkrieg entstandenen Folgen ausgesprochen und
• die darüber hinaus Polens Reife für den Beitritt zur Europäischen Union bezweifelt haben.

Die Arbeit der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ hat zum Ziel, auch an das Leid deutscher Vertriebener zu erinnern und ihrer zu gedenken. Dabei gilt es, allen Versuchen zu widerstehen, die eigene Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen zu relativieren.

Wir bitten um große Sensibilität bei der Gestaltung und Pflege der deutsch-polnischen Beziehungen. Gerade sie brauchen gegenseitiges Vertrauen und die Verlässlichkeit, dass verantwortungsbewusstes und politisches Handeln die Befindlichkeit und die Interessen der Nachbarn im Blick hat, was vor dem Hintergrund unserer Geschichte im Übrigen für alle Nachbarn Deutschlands gilt. Eine solche Rücksichtnahme auf die Befindlichkeit der Nachbarn bedeutet keine Einschränkung der eigenen Entscheidungsfreiheit!

Wir fordern daher, dass die Arbeit der Stiftung und das beabsichtigte „sichtbare Zeichen“ stark von der Kenntnis der polnischen Geschichte und Kultur geleitet werden. Deutschland ist dabei klug beraten, wenn es beim Gedenken an die eigenen Kriegsopfer den offenen und ehrlichen Dialog mit Polen sucht. Die Diskussion über Polens Einstellung hierzu darf keine Diskussion über Polen ohne polnische Beteiligung sein.

Wir erwarten, dass die Stiftung durch eigene Veranstaltungen junge Menschen aus Deutschland, Polen und anderen europäischen Ländern in den Gestaltungsprozess einbezieht, um auch so dem Verdacht einer nationalen Geschichtsinterpretation entgegen zu wirken und das Denken der „neuen“ Europäer in ihre Arbeit aufzunehmen.

Wir appellieren an alle verantwortlichen politischen Kräfte, die Arbeit der Stiftung aus parteipolitischen Auseinandersetzungen heraus zu halten und nicht als Wahlkampfthema zu missbrauchen. Unser Appell soll dazu beitragen, keine neuen Ressentiments zu schüren, um eine dauerhafte Beschädigung der deutsch-polnischen Beziehungen zu verhindern.

Deutsch-Polnische Gesellschaft Hamburg 6. April 2009

Schreibe einen Kommentar

Privacy Policy Settings

Translate »