Liebe Krysia,
liebe Alexandra und lieber Sven,
liebe Familie,
liebe Gemeinschaft in der Trauer um Jan,
ich beginne mit Worten unseres norddeutschen Dichters Theodor Storm, der die sensible Befindlichkeit von trauernden Menschen in ein besonders gelungenes Wortspiel gefasst hat:
Es kommt der Tod – es kommt das Leid. Es geht der Tod – es geht das Leid.
Die Tage sind nimmermehr dieselben !
Jan Dolny war einer der langjährigen Wegbereiter von Versöhnung, Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen den Menschen Polens und Deutschland. Als Oberschlesier, der in beiden Sprachen zuhause war, war er ein stets verlässlicher Partner, der sich über fünf Jahrzehnte mit uns für eine gute Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und Polen eingesetzt hat.
Jan hatte schon bei unserem ersten Treffen im Frühjahr 1973 – wenige Monate nach Gründung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg – mit unserem damaligen Vorsitzenden Dr. Hanno Jochimsen und mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Wir spürten schon damals sein großes Herz für unsere deutsch-polnischen Verständigungsarbeit. Und so war es nur folgerichtig, dass er sich schon in den Anfängen unserer Arbeit in unseren damaligen Großprojekten, den „Polnischen Tagen‘75 in Hamburg“ und den „Hamburger Tagen ‘77 in Danzig/Gdansk“, stark beteiligte. Jan war beispielsweise damals in Danzig die temperamentvolle Seele unseres, stets stark umlagerten Informationsstandes in der Ausstellungshalle von Oliwa, wo sich die Freie und Hansestadt Hamburg mit verschiedenen Firmenständen präsentierte und Jan als Ouizmaster für ein Deutschland-Ouiz viele Menschen motivierte.
Mit seiner ausgesprochen großen Hilfsbereitschaft hat er uns als Gesellschaft und dabei auch allen Vorsitzenden Dr. Hanno Jochimsen, Viola Krizak und mir in vielen Fällen im wahrsten Sinne des Wortes „aus der Patsche geholfen“. Wenn es ihm möglich war, stand Jan bei welchen Problemen auch immer innerhalb kürzester Zeit – ob als Dolmetscher, Betreuer oder gar als „Hotelmanager“ – bereit um zu helfen, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes – Tag und Nacht ! Viele Menschen Polens haben diese außerordentliche Hilfsbereitschaft erleben können, was Krisia und beide Kinder Alexandra ebenso wie Sven sicherlich bestätigen können.
Liebe Krysia, liebe Alexandra und lieber Sven,
wir erlauben uns daher an dieser Stelle, den Kondolenzbrief der Polnisch-Deutschen Gesellschaft Rzeszów, unseren langjährigen Freunden und Partnern in der bilateralen Zusammenarbeit, zu verlesen, den sie uns vorgestern zugeleitet haben:
Die Vorsitzende der DPG Hamburg, Dr. Viola Krizak, verliest den Brief, der mit dem Sinnspruch beginnt:
Wenn ein Mensch stirbt, dann ….
Der Jan 2001 verliehene Orden des damaligen polnischen Staats-präsidenten Aleksander Kwasniewski, nämlich das
Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen,
war eine mehr als verdiente Auszeichnung für seinen engagierten Einsatz im gegenseitigen Interesse beider Nationen. Tragische Anmerkung am Rande: Dieser Orden wie auch der meinige wurde uns durch den damaligen Generalkonsul Andrzej Kremer überreicht, der in Hamburg weit über seine Amtszeit hinaus großes Ansehen genoss und im April 2011 als Vizeaußenminister unter den Opfern der tragischen Flugzeugkatastrophe von Smolensk gewesen ist.
Jan war stets eine eigenständige Persönlichkeit und besass seinen eigenen Kopf, was auch in manchen Vorstandssitzungen und bei anderen Gelegenheiten mit polnischen Schwerpunkten deutlich wurde ! Diese gewisse Sturheit hat sicher auch seine Familie immer wieder spüren müssen, was sicher so manches Mal nicht einfach gewesen sein muss. Wenn er und ich unterschiedlicher Meinung waren, konnte ich ihn in unseren Gesprächen häufig mit sachlichen Argumenten überzeugen, manches Mal aber, wenn die Logik des Einzelfalles seine Wirkung versagte, habe ich Jan dann auch überreden müssen und können. Aber ich muss doch gestehen, es gab ab und an Momente, wo er und ich an unsere Grenzen kamen.
In vielen Fällen waren Jan und ich aber über Jahrzehnte „ein Herz und eine Seele“. Ich denke dabei an unseren gemeinsamen Transport eines Zahnbehandlungsstuhles. Ein persönlicher Freund unserer Familie und Zahnarzt stellte uns diesen bei der Modernisierung seiner Praxis kostenlos zur Verfügung. Beim Abtransport aus der Praxis ergoss sich das ganze, noch im Stuhl befindliche Hydrauliköl über uns; nach der schwierigen Beladung meines relativ kleinen Toyotas haben wir das Gerät per Fähre von Travemünde nach Swinouscie/Swinemünde und weiter nach Polen gebracht, wo es mit vielen Medikamenten und ärztlichen Hilfsmitteln von unseren Freunden von RESOVIA SALTANS, dem Tanz- und Gesangsensemble der Pädagogischen Hochschule, übernommen und weiter nach Rzeszów im SO Polens gebracht wurde.
Ein besonderes Kapitel vorbildlichen Engagements war 1997/1998 der Einsatz unserer Gesellschaft durch unsere damaligen Vorstandsmitglieder Peter Krup und Jan Dolny in Niederschlesien. Nach der verheerenden Oder-Flut-Katastrophe gab es bei uns ein sehr große Hilfsbereitschaft, nicht nur bei unseren Mitgliedern sondern auch in unserer Bevölkerung insgesamt. Mit den Spenden unserer Mitglieder und insbesondere aus dem großen Spendenaufkommen beim NDR wurden uns über 500.000 DM zur Verfügung gestellt, die als Hilfe beim Wiederaufbau von Schulen eingesetzt werden konnte, die Jan und Peter Krup gemeinsam mit den Schulkuratoren vor Ort ausgewählt hatten. Die ganz konkrete Hilfe für sieben Schulen in Breslau, Opole und Prudnik, der Geburtsstadt von Jan, war eine der herausragendsten Leistungen in unserer nun bald 50-jährigen Geschichte der DPG Hamburg !
Das vielseitige und auch sehr starke soziale Engagement unseres Ehrenmitglieds Jan Dolny lässt sich über die Jahrzehnte seines Handelns an den Namen unserer polnischen Partner erkennen; eine kleine Auswahl soll das verdeutlichen:
– die Universität Rzeszów mit dem Tanz- und Gesangsensemble RESOVIA SALTANS,
– der Mädchenchor WIWAT Warschau
– der Austausch im Handballsport zwischen Hamburg und Krakau über drei Jahrzehnte
– die Betreuung von mehreren hundert Studierenden des Fachbereichs Germanistik der Fachhochschule Krosno
– die Betreuung der Tanz- und Gesangsensemble KATOWICE und LUBLIN
– versch. Aktivitäten für die Stadt Prudnik/Neustadt OS Jans Geburtsort und Heimat seiner Kindheit
– versch. Aktivitäten mit dem Bezirk Warschau-Mitte, mit dem uns fast eine Partnerschaftsverbindung mit dem Bezirk Hamburg-Mitte gelang, wenn nicht Hamburgs Erster Bürgermeister Henning Voscherau sein Veto eingelegt hätte.
Aus der erfolgreichen Geschichte der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hamburg könnte ich noch viele weitere Aktivitäten erwähnen, an denen Jan maßgeblich beteiligt gewesen ist. Wir sind ihm aber nicht nur für seine großen Verdienste um unsere Hamburger Gesellschaft sondern auch für sein Wirken als Schatzmeister im Bundesverband in den 90er-Jahren ausgesprochen dankbar.
Jan war auch das „Gedächtnis“ der DPG Hamburg; sein seit vielen Jahrzehnten geführtes „Goldenes Buch“, in das sich viele Polinnen und Polen eingetragen haben, ist ein Beweis dafür. Wie sagte Jan immer wieder: Alle, die sich darin verewigt haben, haben erfolgreich ihr weiteres Leben gestaltet.
Bevor ich schließe, möchte ich Dir, liebe Krysia, und Euch, liebe Alexandra und Sven, Euren weiteren Trauerweg mit dem Aphorismus von Stanislaw Jerzy Lec begleiten lassen; es ist im übrigen dessen eigener Nachruf:
On nie umarl. On tylko zmienil swój stan istnienia !
Er ist nicht tot. Er hat nur seine Lebensweise geändert.
Jan war sein Leben lang ein Mensch, der sich als gläubiger Christ stets für seine Kirche eingesetzt hat. Herr Pater Dariusz hat das in seiner Ansprache mehr als deutlich gemacht.
Als Mensch, Freund und Christ gehe ich davon aus, dass Jan und ich uns irgendwann – wie auch viele hier in diesem Gotteshaus – im Jenseits wiedersehen werden. Daher rufe ich ihm als letzten Gruß zu:
Alles Gute auf Deinem Weg in die Ewigkeit ! Danke für Alles, lieber Jan ! Du bist und bleibst in unserer guten Erinnerung !
Do Zobaczenia w Niebiosach Królewskich /
Auf Wiedersehen im Himmelreich !